So erklärt Kickl das Aus für Blau-Schwarz – Neuwahl gefordert

Ein Scheitern der blau-schwarzen Regierungsverhandlungen hatte sich spätestens seit Wochenbeginn angekündigt. Die Stimmung zwischen den Verhandlungspartnern schien zuletzt vergiftet, über Medien und Soziale Netzwerke richteten sie sich Unfreundlichkeiten aus. Nachdem wegen des Konflikts um Regierungsressorts zunächst tagelang Funkstille geherrscht hatte, wurden auch die Verhandlungsinhalte zunehmend über öffentliche Kanäle bekannt. Ein letztes persönliches Treffen zwischen ÖVP-Chef Christian Stocker und FPÖ-Chef Kickl hatte am Mittwoch überhaupt nur auf Bitte Van der Bellens stattgefunden. Doch auch dieses dauerte weniger als eine Stunde und brachte keinen Durchbruch mehr. Kickl legte schließlich den Auftrag zur Regierungsbildung zurück, nachdem eine rechnerisch mögliche Koalition mit der SPÖ wegen inhaltlicher Differenzen ohnehin aussichtslos gewesen wäre.
Gegenseitige Schuldzuweisungen
Die Schuld am Scheitern der Verhandlungen sahen Freiheitliche und Volkspartei naturgemäß beim jeweils anderen. Kickl machte die ÖVP für das Scheitern verantwortlich, sei man dieser doch in vielen Punkten entgegengekommen. Die FPÖ habe ihre zentralen Wahlkampfpunkte in den Bereichen Sicherheit und Asyl umsetzen und deshalb das Finanz- und das Innenministerium führen wollen. "Das konnte für niemanden eine Überraschung sein."
"Sonst wäre ich Alfred Gusenbauer"
Die ÖVP habe dem gegenüber auf diese beiden Ressorts sowie das Wirtschafts-, Landwirtschafts- und das Außenministerium als "unverhandelbar" bestanden, so Kickl. Selbst hier habe man Kompromisse angeboten wie etwa einen unabhängigen Fachmann für die Nachrichtendienste. Im Endeffekt seien diese Differenzen unüberbrückbar gewesen. "Ich muss schauen, dass die FPÖ nicht den Markenkern, für den sie gewählt wurde, hergibt", meinte der FPÖ-Chef. "Das kann ich nicht machen, sonst wäre ich Alfred Gusenbauer oder Werner Faymann (Ex-SPÖ-Kanzler, Anm.).
Das Vorgehen, zunächst die Ressorts und dann die Inhalte zu verhandeln, sei von der ÖVP gekommen, betonte Kickl. Er selbst hätte dies umgekehrt bevorzugt oder zumindest parallel verhandeln wollen - auch hier sei man den Schwarzen entgegengekommen. Persönlich wollte er Stocker nichts vorwerfen: Die Gespräche seien anständig verlaufen, es seien auch keine Fetzen geflogen. Aber es gebe offensichtlich nicht eine ÖVP, sondern mehrere.
Stocker: Keine Einigung über ÖVP-Grundlinien
ÖVP-Bundesparteiobmann Stocker hat Kickl wiederum vorgeworfen, nicht aus der Rolle des Oppositionspolitikers in jene eines Regierungspolitikers gewechselt zu sein. Die ÖVP habe die Verhandlungen ehrlich und konstruktiv geführt und sei in vielen Bereichen über ihren eigenen Schatten gesprungen. Im Verlauf der Verhandlungen habe man aber mit der FPÖ keine Einigung über die von der ÖVP vor Beginn der Verhandlungen festgelegten Grundlinien finden können. Es sei zudem nicht infrage gekommen, "die Sicherheit des Landes auf Spiel zu setzen", sagte er in Bezug auf die Forderung der FPÖ nach dem Innenministerium.
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(APA)