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Slowenien: EU soll Grenzstreit regeln

Slowenien hat seinen Grenzstreit mit Kroatien offiziell vor die EU gebracht. Außenminister Ivo Vajgl erhob am Montag beim EU-Ministerrat in Luxemburg schwere Vorwürfe gegen das Beitrittswerberland.

Kroatien vergesse mit seinen einseitigen Aktionen gegenüber den Nachbarstaaten „auf das Kriterium einer effektiven regionalen Zusammenarbeit“, sagte Vajgl. „Kroatien muss sich im Einklang mit Standards verhalten, die man von einem künftigen EU-Mitgliedsstaat erwartet“ sowie „Radikalismus, Zwischenfällen, hasserfüllter Sprache gegenüber Slowenien und einer nationalistischen Homogenisierung seiner Öffentlichkeit ausweichen“.

Nach der Festnahme eines slowenischen Oppositionspolitikers durch kroatische Polizisten in einem von beiden Staaten für sich beanspruchten Ort in Nordistrien hatte Laibach seine Unterstützung für die kroatischen EU-Beitrittsabsichten auf Eis gelegt. Vajgl betonte, dass sich Slowenien schon seit Jahren um eine Lösung der Grenzfrage bemühe, „im Dialog und auf europäische Art“. Er verwies auf das von den Regierungen beider Länder im Jahr 2001 paraphierte Grenzverlaufsabkommen, von dem Zagreb aber nach heftiger interner Kritik wieder Abstand genommen hatte.

„Kroatien hat sich für eine Politik der Schaffung vollendeter Tatsachen entschieden, die zu Zwischenfällen führt, um den Eindruck zu erwecken, dass der einzige Weg zur Lösung der Grenzfrage ein Schiedsspruch ist“, kritisierte Vajgl. Er wies darauf hin, dass der Weg zu einem Schiedsspruch ein langer sei und Kroatien auch in diesem Fall nicht umhin komme, „sich nach den Standards europäischer Politik zu verhalten“.

Zugleich erteilte er kroatischen Hoffnungen eine Absage, die slowenische Politik würde sich nach dem Amtsantritt der bei den Parlamentswahlen vom 3. Oktober siegreichen oppositionellen Rechtskoalition verändern. „Ich glaube nicht, dass sie sich für einen Schiedsspruch entscheiden werden“, betonte er. Kroatien warf er vor, nur deswegen so auf eine internationale Arbitrage zu drängen, weil es vor der eigenen Öffentlichkeit nicht die Verantwortung für eine Lösung im Grenzstreit übernehmen wolle.

Vajgl sagte gegenüber der Nachrichtenagentur STA, seine Wortmeldung sei von den EU-Außenministern positiv aufgenommen worden. Der amtierende Ratsvorsitzende, der niederländische Außenminister Bernard Bot habe ihm für den „konstruktiven“ Beitrag gedankt und sogar hinzugefügt, dass sich die EU in dieser Frage engagieren müsse. Kreise im Ratsvorsitz wollten dies allerdings nicht bestätigen.

Die kroatische Regierung hat bisher noch nicht auf die Vorwürfe Vajgls reagiert. Kroatiens Außenminister Miomir Zuzul wollte aber nach Medienberichten bei seinem Gespräch mit EU-Außenkommissar Chris Patten und dem künftigen Erweiterungskommissar Olli Rehn am Dienstag in Brüssel für einen internationalen Schiedsspruch im Grenzstreit werben. Ex-Außenminister Tonino Picula sagte der Marburger Tageszeitung „Vecer“ (Dienstagsausgabe), der Auftritt des Laibacher Chefdiplomaten „spiegelt die kroatisch-slowenischen Beziehungen ganz sicher nicht gut wider und ist jedenfalls nicht geeignet, ihnen eine bessere Perspektive zu geben“. Vajgl habe damit gezeigt, dass er der Vertreter einer „abtretenden Politik in Agonie“ sei. Er hoffe, dass der wahrscheinliche künftige slowenische Ministerpräsident Janez Jansa „nicht auf Einflüsterer wie Vajgl hören“ werde.

Kern des Streits ist die Grenzziehung in der Adriabucht von Piran, deren Teilung zur Hälfte Kroatien verlangt. Slowenien beharrt dagegen bis zu einer endgültigen Einigung auf der früheren jugoslawischen Verwaltungspraxis, wonach slowenische Polizisten mehr als zwei Drittel der Bucht kontrollierten. In den vergangenen Wochen waren kroatische Polizeiboote wiederholt in den umstrittenen Teil der Bucht eingefahren und hatten slowenische Fischer von dort zu vertreiben versucht. Auf Unmut in Slowenien und Italien war auch die einseitige Proklamierung einer Umwelt- und Fischereischutzzone in der östlichen Hälfte der Adria durch Kroatien gestoßen, die jedoch nun für EU-Mitgliedsstaaten nicht gelten soll.

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