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Slowakischer Präsident Kiska bei Van der Bellen in Wien: Anpassung der Familienbeihilfe "unfair"

Der slowakische Präsident Kiska besuchte Alexander Van der Bellen in Wien
Der slowakische Präsident Kiska besuchte Alexander Van der Bellen in Wien ©APA
Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz am Montag haben Bundespräsident Alexander Van der Bellen und sein slowakischer Amtskollege Andrej Kiska Bedenken hinsichtlich der Plänen der Bundesregierung zur Indexierung der Familienbeihilfe ausgesprochen.
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Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat vor “europarechtlichen Schwierigkeiten” gewarnt, betonte zudem das es handle sich um eine “moralische Frage” handle. Für ihn stünden die “europarechtlichen Bedenken außer Frage”, betonte Van der Bellen. Die Begrüßung erfolgte auf dem Hauptbahnhof, die Anreise Kiskas wegen der Nähe der beiden Hauptstädte mit dem Zug.

Kiska bei Van der Bellen: Betonung persönlicher und geographischer Nähe

Kiska betonte auch die persönliche Nähe zwischen ihm und Van der Bellen. Van der Bellen sei jemand, mit dem er “alle Werte teilt”, sagte Kiska bei einer gemeinsamen Pressekonferenz und betonte auch, keine Angst vor einer gesundheitlichen Ansteckung zu haben. Der Bundespräsident sprach mit heiserer Stimme davon, dass es “jedes Mal ein Vergnügen” sei, mit Kiska Gedanken auszutauschen. Die Beziehungen zwischen den beiden Staaten seien “exzellent”. Kontroversielle Themen müsse man “beinahe verzweifelt” suchen. Eines sei jedenfalls die Atomenergie, bei der es unterschiedliche Meinung und den Wunsch nach Aufrechterhaltung der Informationsbereitschaft gebe. Auch die von der Bundesregierung geplante Indexierung der Familienbeihilfe wurde angesprochen.

Kiska bezeichnete die geplante Anpassung der Familienbeihilfe für Kinder, die im EU-Ausland leben, an die Lebenserhaltungskosten als “unfair”. Wenn jemand in Österreich arbeite und ins Sozialsystem einzahle, aber die Leistungen daraus nicht erhalte, “ist das meiner Meinung nach unfair”. Und es sei auch nichts, “dass die Beziehungen zwischen den Ländern verbessern würde”, so Kiska. Van der Bellen warnte vor “europarechtlichen Schwierigkeiten”. Man brauche nur die Urteile des Europäischen Gerichtshofs oder ein entsprechendes Gutachten des Deutschen Bundestags nachzulesen, “um zu sehen, welche europarechtlichen Schwierigkeiten hier auftauchen werden”. Es sei außerdem schwer abzusehen, wie es ohne die Hilfe slowakischer Pflegerinnen und Krankenschwestern im Pflegebereich aussehen würde.

Bedenken zur Anpassung der Familienbeihilfe

Laut einer Umfrage im Vorjahr gaben bis zu 40 Prozent der Pflegerinnen an, ihre Arbeit in Österreich ohne den Bezug der Familienbeihilfe aufzugeben, da sich diese dann nicht mehr lohnen würde. Schätzungen zufolge arbeiten bis zu 40.000 slowakische Pflegerinnen in Österreich. Sie bezogen für rund 30.000 Kinder Familienbeihilfe. Van der Bellen und Kiska sprachen auch über EU-Politik und die Visegrad-Gruppe. Beide Staatsoberhäupter hätten eine “proeuropäische Haltung”, sagte Van der Bellen. Beide betonten, dass die großen Herausforderungen der Zeit wie Migration oder Klimawandel nur gemeinsam gelöst werden könnten. “Europa ist nicht das Problem, Europa ist die Lösung”, sagte Kiska.

Kiska kritisierte, dass einige Politiker der Visegrad Vier diese Vereinigung zur Durchsetzung innenpolitischer Ziele missbrauchten und die EU infrage stellten. Ohne Namen zu nennen betonte er, dass sich die Slowakei eindeutig zu EU und NATO bekenne. Auf die Frage, ob Österreich eine Brücke zwischen West und Ost sein könnte, sagte Van der Bellen, dass er nicht glaube, dass die Visegrad-Länder “eine Brücke brauchen”.

Kunstprojekt am Hauptbahnhof besichtigt

Vor ihrem Gespräch in der Hofburg hatten die beiden Staatsoberhäupter das Kunstprojekt “T.R.A.M. – Zeitreise Wien-Pressburg” am Hauptbahnhof besichtigt. Dabei handelt es sich um von Künstlern gestaltete Zugwaggons und -verbindung in Anlehnung an die seinerzeitige Straßenbahn-Verbindung. Die 69 km lange Strecke zwischen Bratislava und Wien war 1914 eröffnet worden. Damals nahm die Fahrt über zwei Stunden in Anspruch, mit dem Ausbau der Bahnverbindung werde die Reise künftig nur mehr eine dreiviertel Stunde dauern.

Kiska betonte die geografische Nähe der beiden einander am nächsten gelegenen Hauptstädte in Europa. Für ihn sei die Zugfahrt nach Wien auch von symbolischer Bedeutung, erzählte der Präsident. Seine erste Auslandsreise als Bürger sei nach dem Fall des Eisernen Vorhangs mit der Eisenbahn nach Wien gewesen. Eine am späten Nachmittag geplante Diskussion der beiden Staatsoberhäupter im Haus der Europäischen Union in Wien unter dem Titel “Dialog der Präsidenten zur Zukunft Europas” wurde wegen Van der Bellens Erkältung abgesagt. Sie werde aber nachgeholt, teilte sein Pressesprecher Reinhard Pickl-Herk mit. Kiska wird nach eigenen Angaben künftig “sehr wahrscheinlich öfter in Wien zu Gast sein”. Seine Tochter ziehe nämlich in die Bundeshauptstadt zu ihrem Freund.

(APA/Red.)

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