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Sigmar Gabriel tritt nicht als SPD-Kanzlerkandidat an

"Ich werde jetzt hier nicht mit Ihnen reden"
"Ich werde jetzt hier nicht mit Ihnen reden" ©APA
Der frühere EU-Parlamentspräsident Martin Schulz soll SPD-Kanzlerkandidat werden. SPD-Chef Sigmar Gabriel erklärte in Interviews mit der "Zeit" und dem "Stern" seinen Verzicht auf die Kandidatur.

Zudem kündigte er an, den SPD-Parteivorsitz niederzulegen. Auch dieses Amt solle Schulz übernehmen. Stattdessen will Gabriel das Amt des Außenministers von Frank-Walter Steinmeier übernehmen, dem designierten Bundespräsidenten.

“Wenn ich jetzt anträte, würde ich scheitern und mit mir die SPD”, sagte Gabriel dem Magazin “Stern” laut dem am Dienstag im Voraus veröffentlichten Interview. Schulz habe “die eindeutig besseren Wahlchancen”. Am Dienstagabend will das SPD-Präsidium in Berlin zusammenkommen, um über die personelle Neuaufstellung zu beraten.

Gabriel lehnte Stellungnahme ab

Gabriel selbst lehnte am Dienstag zunächst eine öffentliche Stellungnahme ab: “Ich werde jetzt hier nicht mit Ihnen reden”, sagte er am Rande einer Fraktionssitzung vor Journalisten in Berlin. In der Fraktion sagte Gabriel laut Teilnehmern, nach Umfragen wollten die Menschen keine Fortsetzung der Großen Koalition, für die er jedoch in den Köpfen der Bevölkerung stehe.

Der 61-jährige Schulz war seit 1994 im Europaparlament und zuletzt Präsident. Er schied Ende vergangenen Jahres aus diesem Amt aus. In der Bundespolitik ist er ein Neuling. Die Bundestagswahl findet am 24. September statt. In Umfragen liegt die SPD weit hinter Merkels deutschen Christdemokraten.

Kanzlerkandidaten gibt es offiziell gar nicht

In Deutschland verzichtet SPD-Chef Sigmar Gabriel zugunsten des früheren EU-Parlamentspräsidenten Martin Schulz auf die Kanzlerkandidatur seiner Partei. Gabriel überlässt Schulz damit einen Posten, den es offiziell gar nicht gibt: Eine Direktwahl des Regierungschefs findet wie in den meisten anderen westlichen Demokratien nämlich auch in Deutschland nicht statt.

Berlin. Denn nach dem deutschen Grundgesetz entscheiden nicht die Bürger über den Regierungschef, sondern die Mehrheit des Bundestags. “Der Bundeskanzler wird auf Vorschlag des Bundespräsidenten vom Bundestage ohne Aussprache gewählt”, heißt es in Artikel 63 der Verfassung.

Der üblicherweise von einem Parteitag nominierte Kanzlerkandidat ist somit nur ein personelles Angebot an die Wähler, mit dem signalisiert wird, wen die Partei im Parlament zum Regierungschef machen würde – wenn sie denn für ihren Kandidaten eine Mehrheit zusammenbekommt.

Einen vom Parteitag im Wahlkampf gekürten Kanzlerkandidaten gab es in der Bundesrepublik nicht von Anfang an: Es war 1960, als die SPD auf einem Parteitag in Hannover erstmals diese Funktion besetzte – und zwar mit Willy Brandt.

Der damalige Regierende Bürgermeister Berlins unterlag bei der Bundestagswahl von 1961 dann aber Amtsinhaber Konrad Adenauer von der CDU. Erst 1969 schaffte Brandt den Einzug ins Kanzleramt.

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