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Sigi Maurer: Von der Rebellin zur grünen Klubchefin

Sigi Maurer wird als Klubchefin der Grünen im Parlament gehandelt.
Sigi Maurer wird als Klubchefin der Grünen im Parlament gehandelt. ©APA/HANS KLAUS TECHT
Ehemalige ÖH-Chefin Sigrid Maurer soll Werner Kogler an der Spitze des Grünen Klubs nachfolgen. Dabei sorgt sie besonders im Netz für polarisierte Meinungen.

Sigrid Maurer schafft etwas, was vor ihr wohl noch niemandem gelungen war: Eine Politikerin, die nach einer Flugzettel-Aktion sogar Parlamentsverbot hatte, wird Klubobfrau - und das sogar einer Koalitionsfraktion. Maurer hat angekündigt für diese Funktion zur Verfügung zu stehen und soll demnächst vom Grünen Klub zur Obfrau gewählt werden.

Es war aber nicht der Aktionismus aus ihrer Zeit als ÖH-Chefin, der die Lehrertochter aus der Tiroler Gemeinde Telfes zur Göttinseibeiuns konservativer Kreise machte, sondern ein erhobener Mittelfinger gegen ihre "Hater" im Internet. Den zeigte sie in die Kamera, kurz nachdem der Wähler die Grünen ins parlamentarische Out manövriert hatte. Der Boulevard schäumte und die Parteien rechts der Mitte inklusive ihrer Wählerschaft taten eifrig mit.

Maurer durch Zufall in der Politik

Wenn man Sigrid Maurer beobachtet, mutet es ein wenig seltsam an, dass gerade sie so starke Polarisierungskräfte auslöst. Denn in ihrem Auftreten ist die 34-Jährige sogar eher schüchtern, manchmal fast ungelenk. Pragmatismus ist ihr auch nicht fremd, wie sie nicht zuletzt seit der Wahl in ihrer neuen Funktion als geschäftsführende Parlamentarierin der Grünen und Regierungsverhandlerin beweist.

In die hohe Politik ist Maurer eher hineingestolpert, als sie sich in der Österreichischen Hochschülerschaft bei deren Grünen Zweig zu engagieren begann, weil dem von ihr belegten Institut für Musikwissenschaften in Innsbruck die Abschaffung drohte. Dass sie trotz eines davor enttäuschenden Wahlergebnisses als ÖH-Vorsitzende mehr öffentliches Gewicht als die meisten Vorgänger und Nachfolger hatte, war Zufall, ging doch gerade damals die "Uni brennt"-Aktion in Szene. Die Hochschülerschaft war da eher Beifahrerin, aber Maurer hatte das, was den meisten Studentenpolitikern fehlt, öffentliches Gehör.

Parlamentsverbot durch Protestaktion

Eine Protestaktion während einer Budgetdebatte kurz vor Weihnachten 2010 brachte Maurer ein 18-monatiges Parlamentsverbot ein, das vielleicht sogar ein Turbo für ihre Kandidatur in den Reihen der Grünen zwei Jahre später war. Der Parlamentseinzug gelang dann auch, Maurer widmete sich in erster Linie der Wissenschaftspolitik.

Nachdem die Grünen abdanken mussten, hatte Maurer, die Politik- ebenso wie Musikwissenschaften belegte und ihren Bachelor letztlich in Soziologie holte, mit der Politik schon mehr oder weniger abgeschlossen und sich eine neue Aufgabe im Institut für Höhere Studien gesucht. Doch ein höchst unangenehmer Zwischenfall brachte der deklarierten Feministin ungewollte Aufmerksamkeit. Als sie mit obszönen Nachrichten belästigt wurde, outete sie den Namen des Mannes, den sie verantwortlich machte. Der klagte, bekam im Zweifel recht, und Maurer wurde in der Erstinstanz wegen übler Nachrede verurteilt. Die Revision verlief freilich erfolgreich.

Kein Fan von Kurz

In ihrer neuen Funktion wird Maurer, die früher manchmal zu Fundi-Positionen neigte, eine für sie ganz andere Rolle einnehmen müssen. Statt wie bisher Angriff wird es im Parlament wohl des öfteren Verteidigung heißen. Dazu gibt es einen unerfahrenen, aber dennoch selbstbewussten Klub unter Kontrolle zu halten. Schließlich wird die Hobby-Jazzsängerin vielleicht auch ihre eigene Rhetorik zügeln, speziell gegenüber dem Koalitionspartner. Früher war sie dem und vor allem deren Chef Sebastian Kurz ja nicht allzu zugetan: "Ich kenn' den ja. Der Typ ist unpackbar. Kurz ist für mich Karriere-geil, sonst nichts", verlautbarte sie im "Kurier" anlässlich ihres Abgangs von der ÖH-Spitze. Die kommenden Jahre werden wohl endgültig klären, ob Maurer ihre Meinung revidiert.

Zur Person: Sigrid Maurer, geboren am 19. März 1985 in Rum, Bachelor-Abschluss in Soziologie, von 2009 bis 2011 Vorsitzende der österreichischen Hochschülerschaft. Nationalratsabgeordnete von 2013 bis 2017, seit Oktober 2019 geschäftsführende Parlamentarierin und Klubvize der Grünen.

(APA/red)

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