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Siemens-Gelder flossen über Österreich

Bei der deutschen Siemens AG sind nach Ermittlungen der Münchner Staatsanwaltschaft mindestens 200 Millionen Euro in schwarze Kassen geflossen.

Das Geld sei teilweise in bar nach Österreich gebracht und auf geheime Konten eingezahlt worden. Von dort aus soll es weltweit, auch als Schmiergeld, ausgezahlt worden sein. Das berichtet die „Süddeutsche Zeitung“.

Etwa 70 Mio. Euro sind nach Informationen der „Süddeutschen Zeitung“ über drei Konten bei der Raiffeisenlandesbank Tirol AG in Innsbruck in der zweiten Hälfte der neunziger Jahre geflossen und von dort in zahlreiche Länder weitergereicht worden. Fast fünf Mio. Euro seien laut sichergestellten Kontoauszügen für hochrangige Persönlichkeiten in Nigeria bestimmt gewesen, unter anderem für den ehemaligen Telekommunikationsminister, den vormaligen Direktor der dortigen Telekommunikationsgesellschaft und einen Direktor von Freedom Radio Nigeria. Der afrikanische Staat gilt als eines der weltweit korruptesten Länder. Eine kleinere Summe sei den Unterlagen zufolge nach Syrien gegangen. Eine der größten Einzahlungen aus Innsbruck in Höhe von fünf Mio. Euro war für die Investmentgesellschaft Goldman Sachs bestimmt.

Nach bisherigen Erkenntnissen der Ermittler könnte die Gesamtsumme des in die schwarzen Kassen geleiteten Geldes die offiziell genannten 200 Mio. Euro noch deutlich übertreffen. Allein über Konten in Salzburg, die bei einer Großrazzia vergangene Woche enttarnt worden waren, sollen nach bisherigen Aussagen von Beschuldigten weit über 100 Mio. Euro geflossen sein, heißt es im Bericht. Weitere 35 bis 40 Mio. Euro seien über Konten in der Schweiz verschoben.

Einen Teil des Geldes, das über Innsbruck geflossen ist, habe ein langjähriger Siemens-Angestellter laut eigener Aussage gegenüber den Ermittlern als Mittelsmann in bar von München über die Grenze gebracht und bei der Raiffeisenlandesbank eingezahlt. Der Geldbote sitzt seit vergangener Woche in München in Untersuchungshaft. Wegen der Konten in Innsbruck ermittelt die Staatsanwaltschaft in Bozen in Norditalien schon seit mehreren Jahren. Sie verdächtigt Siemens, sich in den neunziger Jahren den Einstieg in den italienischen Telekommunikationsmarkt mit einer Schmiergeldzahlung in Höhe von fünf Millionen Euro an einen einflussreichen Manager aus dieser Branche erkauft zu haben. Das Geld war von Innsbruck aus über diverse Umwege nach Italien geleitet worden.

Die Staatsanwaltschaft in Athen hat unterdessen Untersuchungen in Griechenland angeordnet. Das gab die Ermittlungsbehörde am Dienstag bekannt. Die Staatsanwaltschaft prüft den Verdacht von Unregelmäßigkeiten beim Auftrag für das Sicherheitssystem der Olympischen Sommerspiele 2004 in Athen, an dem Siemens beteiligt gewesen sein soll. Es geht dabei um ein Projekt in der Größenordnung von 250 Millionen Euro.

Bei der Siemens-Razzia am vergangenen Mittwoch, 15. November, wurden auch die Büroräumlichkeiten der Wiener Krhoma Handels GmbH in der Börsegasse durchforstet und brisante Akten beschlagnahmt, berichtet das „Format“ in seiner aktuellen Ausgabe. Hinter Krhoma stehe die Trans National Holdings Group Ltd. mit Sitz im karibischen Steuerparadies Virgin Islands. Deren Interessen nehme der Italiener Paolo Floriani von Lugano in der Schweiz aus wahr.

Die Münchner Staatsanwaltschaft teilte gestern mit, die bisher ermittelte Summe betrage 200 Mio. Euro. Außerdem seien zwei weitere Siemens-Angestellte aus der Sparte Telekommunikation (Com) festgenommen worden. Insgesamt sitzen nunmehr sechs derzeitige oder frühere Beschäftigte des Konzerns in Untersuchungshaft, darunter der ehemalige Finanzvorstand von Siemens-Com. Man gehe davon aus, dass sich die Beschuldigten „zu einer Bande zusammengeschlossen“ hätten, um schwarze Kassen einzurichten. Untersucht werde dabei auch Untreue zu Lasten von Siemens. Der Konzern erklärte am Mittwoch, man wolle sich zu den laufenden Untersuchungen der Staatsanwaltschaft nicht äußern.

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