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Sie gibt Bart Simpson ihre Stimme

Sandra Schwittau arbeitet als Synchronsprecherin – und leiht dabei zahlreichen Stars ihre Stimme.
Seit 1991 sind Sie die deutsche Synchronsprecherin von BartSimpson. Wie kommt man zu so einem tollen Job?

Sandra Schwittau: Also bei mir ging das durch Zufall. Ich war als Kind, ich glaube damals war ich sieben Jahre alt, mit anderen Mädchen am Spielplatz und hab mich mit denen gestritten. Sie haben dann ihren Papa geholt, woraufhin ich ihm mein Leid geklagt habe. Gelispelt habe ich dabei auch noch. Er war jedenfalls total von meiner Stimme angetan – und zufällig ein Synchronregisseur, der gerade eine Kinderserie besetzen musste. Dann hat er mich spontan gefragt, ob ich gerne synchronisieren würde. Mit meinen sieben Jahren habe ich dann erst Mal mit ‚sinchro was?‘ und ‚Mit fremden Männern darf ich sowieso nicht sprechen‘ geantwortet. Seine Visitenkarte habe ich aber trotzdem entgegengenommen und meinen Eltern gegeben. Und ja, so hat sich das ergeben.

Wird so ein Job auch irgendwann mal Routine?

Schwittau: Nach über 30 Jahren ist der Job für mich natürlich absolut alltäglich. Und auch die Simpsons sind schauspielerisch gesehen keine Herausforderung mehr. Aber nichtsdestotrotz finde ich die Serie so toll, dass ich das nach wie vor sehr gerne mache. Ich bin ein Fan der Simpsons – es macht Spaß, Teil einer politischen, sozialkritischen Serie zu sein.

Ihr Sohn findet Ihren Job bestimmt cool.

Schwittau: Ja, der findet saucool, was ich mache. Er liebt es, wie Bart mit seinem Skateboard über Schluchten springt. BartSimpson hat bei ‚Jungs‘ zwischen sechs und 36 ja allgemein einen ganz hohen Stellenwert. Der Sohnemann sonnt sich sehr gerne im Ruhm der Mutter, obwohl ich ihm das eigentlich verboten habe. Ich sag dann immer ‚Damit brauchst du jetzt wirklich nicht anzugeben – mach lieber selber was Cooles‘. Aber er ist schon stolz wie Bolle.

Wie kann man sich Ihren Job konkret vorstellen?

Schwittau: Für die Simpsons bin ich im Jahr etwa fünf Tage im Einsatz. Es gibt ja jährlich nur 22 neue Folgen. Wir machen dann mehrere Folgen pro Tag. Ich stehe alleine im Studio, mache nur meine Parts. Das ist wohl für die Techniker einfacher, die Parts anschließend zusammenzuschneiden.

Wie schwierig ist es, die Simpsons zu übersetzen? Da fallen ja unglaublich viele Wortspiele. Sind Sie in diesen Prozess auch miteingebunden?

Schwittau: Nein, das macht unser Regisseur, der auch gleichzeitig Dialogbuchautor ist. Man muss ganz klar sagen, dass er sich viel Mühe gibt und das auch sehr gut macht. Aber man kann einfach nicht 100 Prozent der Pointen und Gags übertragen. Zudem werden oft amerikanische Politiker, Musiker oder Sportler aufs Korn genommen – und das kann man dann einfach nicht so gut transportieren.

Sehen Sie Filme lieber auf Deutsch oder Englisch?

Schwittau: Ich darf es nicht sagen, weil es ja eigentlich mein Broterwerb ist. Aber ich schaue, wenn es geht, Filme lieber im Original mit Untertiteln.

Sie haben schon Stars wie Hilary Swank, Eva Mendes, Renée Zellweger oder Beyoncé Knowles synchronisiert. Wie herausfordernd ist das? – da müssen Sie ja zu unzählig vielen verschiedenen Stimmen fähig sein.

Schwittau: Bei Bart verstelle ich meine Stimme zum Beispiel sehr. Hilary Swanks Stimme hingegen ist meiner eigenen sehr ähnlich – da muss ich mich nicht arg anstrengen. Ich orientiere mich prinzipiell immer am Originalton und versuche, den so gut wie möglich anzunehmen.

Welche Ihrer Rollen war bislang die herausforderndste?

Schwittau: Ich habe zum Beispiel Björk in ‚Dancer in the Dark‘ synchronisiert. Und wir haben wirklich sehr unterschiedliche Stimmen und auch die Rolle war sehr speziell. Schauspielerisch gesehen war das bestimmt eine der größten Herausforderungen.

Können SieIhreStimme noch hören, wenn Sie ins Kino gehen?

Schwittau: Ich tu mir immer schwer. Der Anrufbeantworter zu Hause ist etwa von meinem Mann besprochen. Irgendwann reicht es dann aber auch. Aber ins Kino gehe ich trotzdem – um zu überprüfen, ob das, was ich gemacht habe, auch gut rüberkommt.

Ist ein weiterer Simpsons-Film geplant?

Schwittau: Das frage ich mich auch oft. Wir wissen es noch nicht. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass ein weiterer folgen wird, zumal der erste Kinofilm ja ein wahnsinniger Erfolg war und jetzt auch schon drei, vier Jahre zurückliegt. Beantworten kann ich die Frage aber trotzdem nicht. Es gibt nicht einmal eine langfristige Planung, wie lange die Serie überhaupt noch läuft. Sie wird immer Jahr für Jahr verlängert. Aber so lange der Produktionsfirma was einfällt, wird es auch die Simpsons geben.

Inwieweit unterscheidet sich das Synchronisieren eines Simpsons-Charakters von dem einer ‚richtigen‘ Person?

Schwittau: Es ist eindeutig leichter, einer Zeichentrickfigur seine Stimme zu geben, da man da nicht auf die Lippen achten muss. Von der Technik her ist es also simpler – sie fangen einfach irgendwann an zu plappern und hören dann wieder auf. Bei der realen Figur muss man auf Atempausen, Lippenbewegungen und vieles mehr achten. Das ist technisch auf jeden Fall anspruchsvoller. Auch vom Schauspielerischen her. Wenn man einer Hilary Swank, die in ‚Boys Dont Cry‘ drei Mal vergewaltigt wird, die Stimme verleiht, muss man da natürlich schauspielerisch mehr geben.

Gibt es einen bestimmten Charakter, dem Sie gerne IhreStimme leihen würden?

Schwittau: Da fällt mir spontan nichts ein. Eigentlich macht alles Spaß, aber ich bevorzuge Dramen. Durch meine Stimme, die ja schon recht speziell ist, spreche ich aber ohnehin nie die liebe Blondine von nebenan, sondern vielmehr gebrochene Charaktere. Was ich aber auch sehr gerne mache, sind Hörbücher. Das ist eine ganz andere Art von Arbeit, weil man frei ist von Timing – es ist nicht so viel vorgegeben und man kann seinen eigenen Charakter mit einbringen und sich selbst inszenieren.

Woran arbeiten Sie zurzeit?

Schwittau: Das will ich gar nicht laut sagen. Im neuen ‚Prinzessin Lillifee‘-Film bin ich Pupsi, das Schwein. Kleine Mädchen finden das toll. Vor meiner Tochter konnte ich das noch fernhalten, aber lange wird das auch nicht mehr dauern (lacht). Davor hatte ich wieder ein Engagement für Hilary Swank. Der Film heißt ‚Betty Anne Waters‘ und wird demnächst im Kino zu sehen sein. Besonders in Erinnerung geblieben ist mir auch die Synchronisationsarbeit für die Stieg-Larsson-Trilogie. Da habe ich die Hackerin Lisbeth Salander synchronisiert. Das hat Spaß gemacht.

ZUR PERSON

Sandra Schwittau
ist eine erfolgreiche deutsche
Synchronsprecherin

Geboren: am 28. Juli 1969

Ausbildung: Ausbildung zur Schauspielerin in München und New York

Wohnort: München

Familie
: in einer Partnerschaft, zwei Kinder

Engagements
: Schwittau hat neben BartSimpson unter anderen Tyra Banks in „Coyote Ugly“ oder Milla Jovovich in „Johanna von Orleans“ ihreStimme geliehen. Weitere Engagements: Beyoncé Knowles in „Austin Powers Goldständer“, Eva Mendes in „Hitch – Der Datedoktor“, „Düstere Legenden“, „2 Fast 2 Furios“ und viele mehr, Hilary Swank in zahlreichen Kinofilmen sowie Reneé Zellweger in „Nurse Betty“ und „Unterwegs nach Cold Mountain“ sowie die Rolle der Neptunia in „Darkwing Duck“, Vitani in „König der Löwen“ uvm.

(VN/ Sabrina Stauber)

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