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Showdown in Pretoria: Urteil für Oscar Pistorius erwartet

Ex-Paralympics-Star Oscar Pistorius dürfte Haftstrafe kaum entgehen.
Ex-Paralympics-Star Oscar Pistorius dürfte Haftstrafe kaum entgehen. ©EPA
Nach gut fünf Monaten Verhandlung soll am kommenden Donnerstag einer der aufsehenerregendsten Prozesse auf dem afrikanischen Kontinent zu seinem Ende kommen. Richterin Thokozile Masipa wird dann verkünden, ob der einstige Paralympics-Star Oscar Pistorius schuldig oder unschuldig ist.
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Experten gehen davon aus, dass der einstige Prothesensprinter wohl kaum den Rest seines Lebens hinter Gittern verbringen muss, doch einer Strafe von mindestens acht Jahren wird er ihrer Ansicht nach kaum entgehen.

“Mord ohne Vorsatz oder Totschlag”

Wenn Richterin Masipa am 11. September ihr Urteil bekannt gibt, wird sie nach Meinung des Kapstädter Anwalts Keith Gess eher nicht der Staatsanwaltschaft folgen. Die wirft dem 27-Jährigen vor, seine Freundin Reeva Steenkamp vorsätzlich ermordet zu haben.

“Doch (Pistorius’ Anwalt Barry) Roux weiß, dass sein Mandant den Gerichtssaal nicht als freier Mann verlassen wird, so dass er versucht hat, den Fall in Richtung eines Totschlags zu drehen”, meint Gess. “Ich erwarte, dass das Urteil entweder auf Mord ohne Vorsatz oder Totschlag lauten wird”, sagt der Kapstädter Jurist. Auch wenn am 11. September entschieden werden soll, ob Pistorius schuldig ist oder nicht, bis zur Verkündung des genauen Strafmaßes dürften noch einige Wochen vergehen.

steenkamp
steenkamp © Reevas Mutter June Steenkamp im Gerichtssaal.

“Flurfunk”: Acht bis zwölf Jahre Haft

“Auf den Gängen hört man, dass Pistorius zwischen acht und zwölf Jahren sitzen wird”, sagt Stephen Tuson, Professor für Strafrecht und Strafverfahren an der Johannesburger Witwatersrand University.

Freundin durch Badezimmertür erschossen

Gut fünf Monate, von Anfang März bis Anfang August, hat der Prozess gegen den beidseitig amputierten Athleten gedauert. Der Vorwurf: Er soll seine 29-jährige Freundin vorsätzlich ermordet haben, als er im Februar 2013 durch die geschlossene Badezimmertür seines Hauses auf sie schoss. Pistorius selbst sagt, er habe einen Einbrecher im Badezimmer vermutet.

Ein Großteil des vor Gericht Gehörten lasse sich eher gegen den Sportler auslegen, obwohl alle Optionen offen blieben, sagt der Strafrechtsprofessor an der Witwatersrand University, James Grant.

Bei Vorsatz lebenslange Haft

Komme Richterin Masipa zu dem Schluss, dass Pistorius nach einem Streit mit Steenkamp den Entschluss fasste, sie zu töten – dann sei dies vorsätzlicher Mord und Pistorius blicke einer lebenslangen Freiheitsstrafe entgegen. Er müsste dann mindestens 25 Jahre ins Gefängnis, bevor er eine Aussetzung der Strafe beantragen könnte.

Mord ohne Planung: Bis zu 25 Jahre

Sollte die Vorsitzende aber entscheiden, dass der 27-jährige Pistorius Steenkamp zwar absichtlich, aber ohne vorherige Planung getötet hat, läuft das nach Einschätzung Grants auf einen nicht vorsätzlichen Mord hinaus. Hierbei drohe dem Angeklagten im ungünstigsten Fall eine langjährige Strafe von bis zu 25 Jahren.

Totschlag: Bis zu 15 Jahre

Und selbst wenn Pistorius seine Freundin in dem Glauben erschossen habe, sie wäre ein Einbrecher, ohne dass er sich der Konsequenzen seines Handelns bewusst war, könnten ihm noch immer bis zu 15 Jahren drohen. Wobei das Strafmaß im Falle eines Totschlags auch davon abhänge, als wie kaltschnäuzig oder fahrlässig sein Verhalten betrachtet werde, sagt Tuson.

Folgt die Richterin Pistorius’ Argumentation, dass dieser in Panik und voller Furcht auf einen Eindringling geschossen hat – der ihm nach dem Leben trachtete – wäre auch ein Freispruch denkbar.

Entscheidung könnte von Zeugen abhängen

Die Entscheidung könnte von den Zeugenaussagen der Nachbarn abhängen, meint Tuson. Die hatten ausgesagt, sie hätten Steenkamp schreien hören, bevor Pistorius den letzten und tödlichen Schuss abgegeben habe. Was wiederum darauf hinweist, dass er wusste, wer sich wirklich im Badezimmer aufhielt.

Der Strafrechtler Grant sieht ein Problem in der Verteidigung Pistorius’ darin, dass diese zwei Argumentationslinien präsentiert habe, die durchaus als einander widersprechend betrachtet werden könnten. So habe der Verteidiger argumentiert, ein verängstigter Pistorius habe instinktiv gehandelt, so dass sein Verstand keine Kontrolle über seinen Körper gehabt habe, als der Sportler den Abzug drückte. Doch der Verteidiger habe eben auch gesagt, dass Pistorius sein Leben in Gefahr geglaubt habe, was darauf hindeutet, dass er sehr wohl noch eines rationalen Gedankens fähig war.

(APA)

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