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Sharon: Keine Verantwortung mehr für Gaza

Der israelische Ministerpräsident Ariel Sharon sieht nach dem Abzug aller Truppen und der Räumung aller Siedlungen keine israelische Verantwortung mehr für den Gaza-Streifen.

In einer Rede vor der UNO-Vollversammlung in New York am kommenden Donnerstag wolle er die Palästinenser auffordern, die Gelegenheit zu Fortschritten beim Nahost-Friedensprozess zu ergreifen, schrieb die israelische Tageszeitung „Haaretz“ am Dienstag.

Die radikale Palästinenser-Organisation „Islamischer Heiliger Krieg“ (Jihad Islami) hat die Fortsetzung des Widerstandskampfes gegen Israel angekündigt. Der Gaza-Streifen sei nicht befreit, „denn der zionistische Feind hat unser Land abgeriegelt und kontrolliert den Luftraum“, erklärte der Jihad-Führer Mohammed al-Hindi am Dienstag in der israelischen Ex-Siedlung Netzarim.

Israel kontrolliert weiter den Luftraum über dem Gaza-Streifen, die Grenzübergänge und die Küste; deshalb wolle man offiziell nicht das „Ende der Besatzung“, sondern nur das „Ende der Verantwortung“ erklären, schrieb „Haaretz“ hinsichtlich der bevorstehenden Kontakte Sharons am Rande der UNO-Generalversammlung. Die palästinensische Führung müsse als Bedingung für neue Friedensverhandlungen entschlossen gegen Extremistengruppen vorgehen. Präsident Mahmoud Abbas (Abu Mazen) lehnt eine Entwaffnung der radikalen Gruppen jedoch ab, weil er einen Bürgerkrieg befürchtet.

UNO-Generalsekretär Kofi Annan würdigte in einer Erklärung den „politischen Mut“ Sharons und die Verdienste von Abbas bei der friedlichen Koordinierung des israelischen Gaza-Abzugs. Die US-Regierung sprach von einem „historischen Moment“ und appellierte an Palästinenser und Israelis, auf der Grundlage dieses Erfolges weitere Schritte zur Beilegung ihres Konflikts einzuleiten.

Einen Tag nach dem Ende der israelischen Besatzung haben sich die palästinensischen Sicherheitskräfte im Gaza-Streifen ohne Erfolg um Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung bemüht. In zahlreichen ehemaligen jüdischen Siedlungen ließen sich Plünderer am Dienstag auch von der Anwesenheit der Polizei nicht davon abschrecken, alles Verwertbare mitzunehmen. Ministerpräsident Ahmed Korei rief sie auf, die von den Siedlern zurückgelassenen Gewächshäuser zu erhalten. „Die Gewächshäuser sind für die Palästinenser“, sagte Korei bei einem Besuch in Neve Dekalim. Niemand solle etwas beschädigen, „das für unser Volk brauchbar sein kann“. In der benachbarten Siedlung Gadid überwältigten Plünderer jedoch mehrere hundert Sicherheitskräfte und drangen in die Treibhäuser ein.

Nach Neve Dekalim durften am Dienstag keine Autos fahren, die Polizei sperrte die Synagoge ab, die am Montag in Brand gesetzt worden war. Dennoch tauschten Plünderer in einem regen Handel ihre erbeuteten Gegenstände untereinander aus. Zahlreiche Palästinenser überwanden wieder die Grenze nach Ägypten, ohne dass die entlang der Pufferzone stationierten Soldaten einschritten. Sharons Berater Salman Shoval, ehemaliger israelischer UNO-Botschafter, kritisierte die ägyptischen Soldaten wegen des Nichteinschreitens und warnte vor Waffenschmuggel in den Gaza-Streifen.

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