AA

Sharon auf der Suche nach Regierungspartnern

Mitzna, Vorsitzender der Arbeiterpartei, ist für große Koalition nicht verfügbar - Likud wirft Arbeiterpartei mangelnden „Patriotismus“ vor.


Knapp zwei Wochen nach der vorgezogenen Parlamentswahl ist in Israel keine neue Regierung in Sicht. Am Montag lehnte der Vorsitzende der Arbeiterpartei, Amram Mitzna, die Einladung von Ministerpräsident Ariel Sharon zu formellen Koalitionsverhandlungen neuerlich ab. Sharon, dessen rechtsgerichteter Likud-Block die Knesset-Wahlen gewonnen hat, hat am Montag Gespräche mit mehreren Parteien aufgenommen, insbesondere mit der ultrareligiösen Shas-Partei und der streng laizistischen Shinui.

Für das größte Aufsehen sorgte allerdings, dass keine Gespräche mit der Arbeiterpartei geführt wurden. Mitzna schloss zwar eine Regierungsbeteiligung nicht grundsätzlich aus, knüpfte sie aber an vier Bedingungen: Zusätzlich zu Friedensgesprächen mit den Palästinensern forderte er den Rückzug der Streitkräfte aus dem Gaza-Streifen, den Abbau jüdischer Siedlungen in besetzten Gebieten und einen Sicherheitszaun zwischen Israel und dem Westjordanland. Selbst wenn Sharon den Forderungen der Arbeiterpartei nachkäme, wäre ihm die Rebellion weiter Teile seiner eigenen Partei sicher.

Staatspräsident Moshe Katzav hatte den Likud-Chef am Sonntag formell mit der Regierungsbildung beauftragt. Nach dem Beitritt der beiden Abgeordneten der russischen Einwandererpartei „Israel Be’Alya“ von Ex-Minister Nathan Sharansky verfügt der Likud-Block über 40 Mandate in der 120 Sitze zählenden Knesset. Mitzna sagte Sharon lediglich Unterstützung für den Fall eines „nationalen Notstands“ zu, der etwa bei einem Angriff des Irak eintreten könnte. Schon während des Wahlkampfes hatte Mitzna eine Neuauflage der im vergangenen Herbst zerbrochenen großen Koalition mit der Begründung ausgeschlossen, die Arbeiterpartei werde nicht noch einmal zum „Feigenblatt“ von Sharons Politik werden.

Der Likud-Block errang bei den Wahlen 38 Prozent der Stimmen, doppelt so viel wie die Arbeiterpartei. Wegen ihrer Weigerung, einer Koalition der „nationalen Einheit“ unter Sharons Führung beizutreten, wird der Arbeiterpartei vorgeworfen, sie sei „unpatriotisch“. Am Sonntag sagte Sharon: „Wer immer Frieden will, muss entweder der Regierung beitreten oder die Verantwortung für seine Weigerung übernehmen.“ Wer „Nein“ zu einer stabilen Regierung sage, missachte den Willen des israelischen Volkes. Eine für Sharon leicht zu erreichende Koalition mit ultrarechten und religiösen Parteien würde nach Ansicht politischer Beobachter den Konflikt mit den Palästinensern weiter anheizen und sein zuletzt gutes Verhältnis zu US-Präsident George W. Bush belasten.

  • VIENNA.AT
  • Chronik
  • Sharon auf der Suche nach Regierungspartnern
  • Kommentare
    Die Kommentarfunktion ist für diesen Artikel deaktiviert.