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Sharayet - Eine Liebe in Teheran - Kritik zum Film

Die Familie als heile Insel in einem repressiven Regime erweist sich als Illusion: In Maryam Keshavarz' Spielfilmdebüt "Sharayet. Eine Liebe im Iran" sieht sich eine westlich orientierte Mittelstandsfamilie mit der Realität ihres Landes konfrontiert, als sich der Sohn islamisch radikalisiert und die Tochter sich in eine Frau verliebt. Die Blase, sich als liberales Bürgertum mit Geld und Assimilation gewisse Freiheiten zu sichern, platzt. Ab Freitag (25. Mai) im Wiener Top-Kino. Alle Spielzeiten auf einen Blick

Nach außen hin passt sich die Schülerin Atafeh (Nikohl Boosheri) an die strengen Vorschriften des iranischen Alltags an. Heimlich experimentieren sie und ihre Freundin Shirin (Sarah Kazemy) jedoch auf Geheimpartys mit Sex, Drogen und Musik. Als Akt des Widerstandes beginnen sie, den US-Film “Milk” zu synchronisieren, was die Vertreter des Regimes bereits auf den Plan ruft, von Atafehs liberalem Vater jedoch noch geglättet werden kann. Dass ihr Bruder Mehran (Reza Sixo Safai) sich jedoch nach seinem Entzug den religiösen Dogmen zuwendet und sich radikalisiert der Moralpolizei andient, stellt das System der liberalen Familie auf den Kopf. Dann verlieben sich Atafeh und Shirin auch noch.

“Sharayet”: Berührendes Generationenporträt aus dem Iran

Die in den USA lebende Neoregisseurin Keshavarz verarbeitet in “Sharayet” ihre eigenen Erfahrungen als heranwachsendes Mädchen im Iran, bringt die Lebensrealität der Protagonisten der im Westen vergessenen grünen Revolution von 2009 vor die Kamera. Sie zeigt die Uniformität der Gesellschaft im öffentlichen Raum und konfrontiert das Freiheitsbestreben der Jugendlichen mit den Autoritäten. Diese haben selbst meist kein Gesicht, werden nur von hinten als entindividualisierte Machtvertreter gezeigt. Zwischengeschnittene Bilder von Überwachungskameras suggerieren zugleich den Zustand der steten Bedrohung.

Die Stärke des Werks liegt dabei in der detaillierten Schilderung des Alltags. Es verzettelt sich selten in politischen Phrasen und Befreiungsrhetorik, sondern bleibt stets nah an der Lebensrealität der Protagonisten. Auch wenn letztlich die möglichen Eskalationsstufen etwas geballt durchdekliniert werden, gelingt der Regisseurin ein stimmiges, vielschichtiges Porträt ihrer Generation im Iran. Nicht zuletzt hierfür wurde “Sharayet” 2010 bei seiner Weltpremiere am Sundance Film Festival mit dem Publikumspreis geehrt.

(APA)

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