Die wirtschaftlichen Auswirkungen des Bootsunglücks in der Seegrotte von Hinterbrühl in Niederösterreich sind zwar im einzelnen schwer zu beziffern, dürften sich insgesamt aber in Grenzen halten. Ein Vergleich mit Kaprun ist weder von der Dimension noch von der Frequenz her zulässig, meinte ein heimischer Tourismusexperte, der nicht namentlich genannt werden will, am Dienstag.
Nicht in Existenz bedroht
Die Seegrotte Hinterbrühl Betriebsgesellschaft m.b.H. gibt zwar auf Anfrage am Dienstag keine Auskunft über Geschäftszahlen, es handle sich aber um ein gutes Unternehmen, erklärte Geschäftsführerin Eleonore Maurer. In seiner Existenz bedroht sieht sie den Betrieb durch das Unglück nicht. Allerdings ist derzeit noch völlig offen, wie lange die Grotte gesperrt bleiben wird. Den Umsatz des Betriebs allein aus Führungen schätzen Beobachter auf jährlich 1 bis 1,5 Mio. Euro. Dazu kommen noch Einnahmen aus dem Verkauf von Informationsmaterial, Souvenirs sowie aus dem hauseigenen Cafe Seegrotte.
Jährlich 250.000 Besucher
Jährlich besuchen rund 250.000 Gäste den größten unterirdischen See Europas in Hinterbrühl, in Summe haben bisher mehr als zehn Millionen Menschen aus aller Welt das ehemalige Bergwerk besichtigt. Bis zum Unglück fanden Führungen ganzjährig täglich in mehreren Sprachen statt, Höhepunkt ist die rund 45-minütige Motorbootfahrt auf dem See.
Gefahr für die Region?
Da die meisten Gäste der Grotte Pauschaltouristen sind, die per Autobus aus Wien anreisen, ist die wirtschaftliche Bedeutung der Grotte auf die Marktgemeinde Hinterbrühl beschränkt. Wir sehen kaum 30 Grottenbesucher im ganzen Jahr, hieß es aus einem der wenigen Hotels im Ort. Ernst Moser von der Höldrichsmühle mit der so genannten Schubertlinde macht sich dagegen Sorgen um die gesamte Region südlicher Wienerwald, die jetzt beschädigt sein könnte: Denn die Seegrotte ist die Attraktion mit dem größten Besucherandrang in der Region, zu denen auch das Stift Heiligenkreuz, Mayerling oder der Naturpark Sparbach gehören. Die Seegrotte ist auch ein beliebtes Ziel für Schulwandertage oder von Wochenendausflüglern aus dem Einzugsgebiet Wien.
“Werbeeffekt” feststellbar
Tourismusexperte Egon Smeral vom Wirtschaftsforschungsinstitut Wifo verweist auf eine relativ hohe Vergessenskurve derartiger Ereignisse, wie Lawinenabgänge oder Fährenunglücke zeigten. Zynischerweise lasse sich – bei aller Tragik – sogar ein gewisser Werbeeffekt solcher Zwischenfälle beobachten, manche haben dadurch erst erfahren, dass es hier den größten unterirdischen See Europas gibt. Auswirkungen erwartet er allenfalls auf der Kostenseite, da jetzt das Sicherheitsbedürfnis steigen wird.
Pragmatisch sehen auch Reiseveranstalter den Ausfall der Grotte:
Sobald die Sache vorbei ist, werden wir die Seegrotte wieder anbieten, heißt es. Bis dahin fahren werden die Pauschalbusse andere Ziele in der Gegend anfahren. Davon gibt es ja genug.
Link: www.seegrotte.at
Redaktion: Birgit Stadtthaler