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Sechs Schuldsprüche bei Tierquäler-Prozess in NÖ

Vor dem Tierquäler-Prozess kam es zu Protesten.
Vor dem Tierquäler-Prozess kam es zu Protesten. ©APA/CHRISTOPHER ECKL
Mit sechs Schuldsprüchen und bedingten Haftstrafen ist ein Tierquäler-Prozess um mutmaßlich illegale Schächtungen in Korneuburg zu Ende gegangen. Die Urteile sind nicht rechtskräftig. Der VGT kritisierte die Urteile als zu mild.

Angeklagt waren bei dem Prozess in Korneuburg Männer im Alter von 23 bis 66 Jahren, unter ihnen der Geschäftsführer des auf Schafe und die Schlachtung nach muslimischem Ritual spezialisierten Betriebs. Der Tierarzt wurde in Rumänien geborgen, die übrigen Männer stammen aus der Türkei und aus Bulgarien. Die sechs Personen waren zu den Vorwürfen großteils geständig.

Bedingten Haftstrafen von mehreren Monaten in Prozess wegen Tierquälerei

Mit zehn Monaten bedingt fasst der Veterinärmediziner die höchste Strafe des Sextetts aus. Für den Geschäftsführer und dessen Bruder setzte es acht Monate bedingt, für zwei weitere involvierte Personen sechs Monate bedingt. Der 66-jährige Sechstangeklagte - "das letzte Glied in der Kette" laut dem vorsitzenden Richter - erhielt drei Monate bedingter Haft. Während die Angeklagten auf Rechtsmittel verzichteten, gab die Staatsanwältin keine Erklärung ab.

Hunderte Schafe sollen nicht vorschriftsgemäß geschächtet worden sein

Der Schöffenprozess drehte sich hauptsächlich um den 20. und 21. Juli 2021. In dem Schlachthof seien damals rund um das muslimische Kurbanfest Schächtungen von fast 480 Schafen erfolgt, ohne dass diese vorschriftsgemäß betäubt worden seien, lautete der Vorwurf der Staatsanwaltschaft.

Am 20. Juli 2021 wurden Schafe laut Anklagebehörde zunächst noch ordnungsgemäß nach dem Schächtschnitt mittels Bolzenschussapparat betäubt. Eine Bewilligung durch die Bezirkshauptmannschaft Korneuburg lag vor. Ab etwa 9.00 Uhr sei dann nicht mehr nach Vorschrift gehandelt worden. Ab da sei bei etwa 370 Tieren "überhaupt keine Betäubung mehr vorgenommen" worden, sagte die Staatsanwältin. Tags darauf war in der Früh und am Nachmittag eine Amtstierärztin anwesend. In dem Zeitraum sei "alles ordnungsgemäß abgelaufen", dazwischen seien weitere 109 Schafe ohne Betäubung geschächtet worden. Als Begründung nannte der Geschäftsführer des Betriebes, dass ein solches Vorgehen bei den Schlachtungen ein eindringlicher Kundenwunsch gewesen sei.

Tierarzt gesteht in Tierquälerei-Prozess Fehler

Der amtliche Tierarzt ist entgegen seiner Pflicht nicht bei jedem Schächtschnitt anwesend gewesen und hat seine Kontrollfunktion daher nicht ausreichend ausgeübt. "Ich habe einen Fehler gemacht, es tut mir wirklich leid", erklärte der 63-Jährige. Geld habe er im Gegenzug für das Wegschauen nicht erhalten.

Der Schlachthof wurde 2021 nach Bekanntwerden der Vorfälle für rund drei Monate geschlossen. Laut der Anwältin, Vertreterin der Zweit- bis Sechstangeklagten, hat es seither keine derartigen Vorkommnisse mehr in dem Betrieb gegeben.

Im Rahmen der Urteilsbegründung sagte der vorsitzende Richter, er habe den Eindruck, dass die Beschuldigten zumindest teilweise unter echter Reue zugestanden hätten, "dass das eine Riesensauerei ist": "Das kann so nicht sein, dass man im 21. Jahrhundert so mit Tieren umgeht." Eine Diversion wäre in generalpräventiver Hinsicht "nach außen mit völlig verkehrter Wirkung" aufgenommen worden. Berücksichtigt worden sei bei der Strafbemessung auch der bisher ordentliche Lebenswandel aller sechs Angeklagten.

Tierquäler-Prozess: Symbolische Geldstrafe gegen Betrieb

Gegen den Betrieb selbst wurde eine bedingte Verbandsgeldbuße von 1.000 Euro (20 Tagessätze zu 50 Euro) verhängt. Diese habe ohnehin eher symbolischen Charakter, da derzeit "nichts abzuschöpfen" sei, sagte der vorsitzende Richter.

Aufs Tapet gebracht wurden die Vorwürfe im September 2021 durch den Verein gegen Tierfabriken (VGT) und von RespekTiere. Es gibt Videomaterial, auf dem u. a. strampelnde und zappelnde Schafe auf dem Boden liegen. Vor dem Prozessbeginn am Dienstag demonstrierten mehrere Aktivisten vor dem Korneuburger Gerichtsgebäude. Moniert wurde mit einem Transparent ein "Totalversagen der Kontrollen".

VGT-Kritik an Urteile in Tierquäler-Prozess

Der VGT zeigte sich dann auch "entsetzt" über das "milde Urteil". Es sei "ein Schlag ins Gesicht des Tierschutzes. Hier wurden Hunderte Tiere völlig illegal gequält. Hätte es keine Kameras vom Tierschutz gegeben, wäre dieses unfassbare Leid weitergegangen", wurde in einer Aussendung betont. Dass der amtliche Tierarzt "nur zehn Monate bedingte Haft" bekommen habe, "ist ein Skandal und zeigt die geringe Wertigkeit unserer Mitgeschöpfe im Rechtssystem", so der VGT.

Erst Anfang Mai war am Landesgericht Wiener Neustadt ein Prozess um illegale Schächtungen zu Ende gegangen. Auch damals wurde der amtliche Tierarzt nicht rechtskräftig verurteilt, er erhielt elf Monate bedingt. Ein Mitarbeiter des betroffenen Schlachthofs im Bezirk Wiener Neustadt wurde zu sechs Monaten bedingter Haft, ein weiterer Helfer zu einer Geldstrafe verurteilt.

(APA/Red)

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