Sebastian Kurz sieht Sanktionen gegen Russland kritisch und was er zum Rechtsruck sagt

Im Interview mit dem Schweizer "SonntagsBlick" äußerte sich der ehemalige österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz zu verschiedenen Themen, darunter die Russland-Sanktionen, den Rechtsruck in Europa und die Meinungsfreiheit.
Russland-Sanktionen: Kurz fordert Neuüberlegung
Sebastian Kurz kritisierte die bestehenden Sanktionen gegen Russland und stellte deren Wirksamkeit infrage. "Es war notwendig, dass die Europäische Union als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg Sanktionen verhängt hat. Ziel muss es aber sein, einen Waffenstillstand und ein Ende des Blutvergießens zu erreichen und dann auch Schritt für Schritt die Blockbildung wieder zu reduzieren – denn am Ende führt das einfach nur zu einer geteilten Welt und zu einer Verlagerung der Weltwirtschaft," sagte Kurz gegenüber dem "SonntagsBlick". Er betonte die Notwendigkeit, Verhandlungen aufzunehmen, da Russland trotz der Sanktionen weiterhin erhebliche wirtschaftliche Stärke zeige und internationale Isolation nicht vollständig erreicht worden sei.
Rechtsruck in Europa: Keine Revolution, sondern Korrektur
Kurz nahm auch Stellung zum vermeintlichen Rechtsruck in Europa, insbesondere im Kontext der jüngsten Europawahlen. "Ich verstand mich immer als Mitte-rechts-Politiker, daher wird es Sie nicht überraschen, dass ich es positiv sehe, dass viele Mitte-rechts-Parteien gestärkt wurden – es gewannen ja nicht nur die Parteien am ganz rechten Rand. Und man sollte bei den Relationen bleiben. Das Plus von 13 von insgesamt 720 Sitzen im Europaparlament ist für die Rechtsparteien nicht so groß, wie die Medien es jetzt darstellen. Von einer 'Revolution' nach rechts kann keine Rede sein." Kurz sieht den Erfolg rechter Parteien als Ausdruck einer wachsenden Unzufriedenheit mit der gegenwärtigen politischen Richtung und einer stärkeren Besorgnis über Themen wie Migration und Standortpolitik.
Meinungsverbote: Sorge um die Debattenkultur
Sebastian Kurz äußerte sich besorgt über die aktuelle Debattenkultur in Europa und sprach im "SonntagsBlick"-Interview von einer zunehmenden Einschränkung der Meinungsfreiheit. "Ich habe den Eindruck, dass mehr und mehr Menschen in Europa das Gefühl haben, dass sie ihre Meinung gar nicht mehr frei aussprechen dürfen, weil sie sonst sofort in eine rechtsradikale Ecke gedrängt werden. Wer die Energie- und Klimapolitik ablehnt, wird als Klimaleugner abgestempelt. Wer die Sanktionen gegen Russland infrage stellt, als Russlandfreund. Ich glaube, dass diese Art der Debattenkultur das wahre Problem unserer liberalen Demokratie in Europa ist," sagte Kurz. Er forderte eine weniger aufgeregte und moralische Debattenführung, um den politischen Diskurs zu verbessern und die Attraktivität etablierter Parteien wieder zu erhöhen.
Polit-Comeback von Sebastian Kurz: Das sagt der Ex-Kanzler
Im Interview mit dem SonntagsBlick äußerte sich Sebastian Kurz auch zu der Frage, ob er sich eine Rückkehr in die Politik vorstellen könnte. Der ehemalige österreichische Bundeskanzler erklärte, dass er sich in seiner aktuellen Rolle ohne Tagespolitik wohlfühle. "Ich habe meinen politischen Beitrag geleistet und fühle mich ohne die Tagespolitik sehr wohl. Was nichts daran ändert, dass ich mich nach wie vor dafür interessiere, wohin sich unsere Welt entwickelt, und auch eine Meinung dazu habe," wird Sebastian Kurz zitiert. Er betonte, dass er mit seinen neuen Aufgaben als Unternehmer und Berater zufrieden sei und vor allem im Mittleren Osten tätig ist. "Mit meinen neuen Aufgaben bin ich unternehmerisch auf der ganzen Welt unterwegs, vor allem im Mittleren Osten. Ich schätze sehr, Staaten wie Israel, die Vereinigten Arabischen Emirate und andere noch viel besser kennenzulernen, als mir das in einer politischen Rolle je möglich wäre."
(Red.)
Sebastian Kurz
Geburtsdatum: 27. August 1986
Geburtsort: Wien, Österreich
Politische Laufbahn:
- Bundeskanzler Österreichs: Dezember 2017 – Mai 2019, Januar 2020 – Oktober 2021
- Außen- und Integrationsminister: Dezember 2013 – Dezember 2017
- Parteiobmann der ÖVP: Mai 2017 – Dezember 2021
Karriere nach der Politik:
- Thiel Capital: seit 2022
- Abu Dhabi National Oil Company, Mubadala, Dream Security: seit 2022
- Gründer: SK Management GmbH, AS2K Beteiligungs GmbH
Familie:
- Partnerin: Susanne Thier
- Kinder: 1 Sohn (geb. 2021)
Rechtliche Probleme:
- Ermittlungen und Verurteilung: 2021 Rückzug aus der Politik aufgrund von Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft
- Verurteilung: Februar 2024 wegen Falschaussage vor dem Ibiza-Untersuchungsausschuss, nicht rechtskräftig