AA

Erleichterung und Kritik nach Freilassung von Rackete

Carola Rackete wurde freigelassen.
Carola Rackete wurde freigelassen. ©Glomex
Die Freilassung von Carola Rackete, der Kapitänin der Hilfsorganisation Sea Watch, hat für Erleichterung und Kritik gesorgt. Die italienischen Vize-Premierminister, Matteo Salvini und Luigi Di Maio, reagierten verärgert auf die Entscheidung des Ermittlungsrichters in Agrigent, den Hausarrest für die Deutsche aufzuheben. Hilfsorganisationen sahen eine Bestätigung der Arbeit der Seenotretter.
Rackete kommt frei und wird ausgewiesen
Verbrecherin oder Vorbild?

Rackete war am Samstag festgenommen worden, nachdem sie das Rettungsschiff "Sea-Watch 3" mit 40 Migranten an Bord nach mehr als zwei Wochen auf See unerlaubt in den Hafen von Lampedusa gesteuert hatte. Sie wurde unter Hausarrest gestellt. Nach ihrer Freilassung am Dienstag kündigte Innenminister Salvini ihre Ausweisung an, da sie eine Gefahr für die nationale Sicherheit darstelle. Wann das passieren könnte, ist allerdings unklar. Nach Angaben von Racketes Anwalts steht am 9. Juli noch eine Anhörung der Staatsanwaltschaft an. Gegen Rackete wird wegen Beihilfe zu illegaler Migration ermittelt. Zwei weitere Vorwürfe - Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Widerstand gegen ein Kriegsschiff - wurden nach Medienberichten fallen gelassen.

Jetzt auf VOL.AT lesen

Di Maio zeigt sich überrascht

"Mich überrascht die Haftentlassung von Carola Rackete", erklärte Di Maio auf Twitter. Innenminister Salvini wurde deutlicher: "Der Platz dieses Fräuleins wäre an diesem Abend das Gefängnis gewesen. Ein Richter hat entscheiden, dass es nicht so ist", sagte Salvini verärgert in einem Facebook-Video. "Wie dem auch sei, wir werden diese Justiz verändern. (...) Denn das ist kein Urteil, das Italien gut tut, es ist kein Urteil, das für Italien spricht."

In Wien gab es eine Kundgebung. Die Menschen forderten, Rackete freizulassen.
APA

Menschenleben zu retten sei keine Straftat, sondern ein humanitärer Akt, sagte indes der deutsche Außenminister Heiko Maas. "Ich hoffe, dass die Vorwürfe gegen Frau Rackete nun rasch in den dafür vorgesehenen Verfahren geklärt werden." Der Fall der "Sea-Watch 3" mache auf dramatische Weise deutlich, dass eine europäische Lösung für die Verteilung von Migranten innerhalb der EU gebraucht werde. Die stellvertretenden Vorsitzenden der AfD-Bundestagsfraktion, Beatrix von Storch, nannte Rackete eine "Komplizin der Schlepper".

"Entscheidung unterstreicht Rechtmäßigkeit"

Rackete sei festgenommen worden, weil sie Menschen aus Seenot gerettet und in den nächstgelegenen sicheren Hafen gebracht habe, erklärte der Generalsekretär von Amnesty International in Deutschland, Markus N. Beeko. Dass sie dazu durch das Seerecht verpflichtet sei, habe das Gericht bestätigt. "Die Entscheidung unterstreicht die Rechtmäßigkeit der Arbeit von Seenotrettern und die Bedeutung des Menschenrechtsschutzes", so Beeko.

Ärzte ohne Grenzen forderte eine sofortige Beendigung der Kriminalisierung und Blockade der zivilen Seenotrettung. "Es ist zynisch, dass die EU-Staaten mit Hilfe der libyschen Küstenwache und durch gezielte Maßnahmen gegen zivile Rettungsschiffe die Flucht aus diesem Konfliktgebiet (Libyen) nahezu unmöglich machen", erklärte die stellvertretende Geschäftsführerin der Organisation in Deutschland, Katja Carson.

Rackete selbst zeigt sich erleichtert

Rackete selbst äußerte sich erleichtert nach ihrer Freilassung. Wo sie sich derzeit aufhält, ist unklar. Ihre Festnahme hatte eine Welle der Solidarität, aber auch Feindseligkeit ausgelöst. "Mich hat die Solidarität, die mir so viele Menschen ausgedrückt haben, berührt", sagte die 31-Jährige am späten Dienstagabend.

Aus der Erklärung des Gerichts gehe hervor, "dass das Recht auf der Seite der Kommandantin war", erklärten Racketes Anwälte. Durch Bezugnahme auf internationale Normen habe der Richter gezeigt, dass die von Innenminister Salvini angeordnete Schließung der Häfen und das Anlegeverbot illegitim gewesen seien - Entscheidungen, die nach Ansicht der Rechtsbeistände aus "propagandistischen Gründen" getroffen wurden.

(APA/dpa)

  • VIENNA.AT
  • Politik
  • Erleichterung und Kritik nach Freilassung von Rackete