Auch Liberalen-Chef Tony Abbott, der ein Bündnis konservativer und liberaler Oppositionsparteien anführt, bemüht sich um die Unterstützung der Unabhängigen. Den Auftrag zur Regierungsbildung erteilt Generalgouverneur Quentin Bryce, dessen Schwiegersohn Bill Shorten eine Schlüsselrolle beim Labor-Putsch nachgesagt wird, durch den Gillard ihren Vorgänger Kevin Rudd stürzte.
Die drei umworbenen Parlamentarier Rob Oakeshott, Tony Windsor und Bob Katter wollen sich allerdings frühestens am (morgigen) Dienstag auf Verhandlungen einlassen, wie Oakeshotts Sprecher Garth Norris erklärte. Die Auszählung der Stimmen dauerte am Montag noch an, die Zahl der unabhängigen Abgeordneten könnte noch steigen. So gut wie sicher schien nur, dass weder Labor noch die Liberalen und deren Verbündete eine absolute Mehrheit von 76 Sitzen im neuen Repräsentantenhaus erreichen würden.
Die erst seit zwei Monaten amtierende Gillard hatte sich von der vorgezogenen Wahl ein klares Mandat erhofft, nachdem sie im Juni ihren Vorgänger Kevin Rudd in einer Parteirevolte gestürzt hatte. Rudd war politisch angeschlagen, nachdem er Ende April seine Pläne aufgegeben hatte, für den Klimaschutz ein Emissionshandelssystem in Australien einzuführen. Zudem machte die Bergbauindustrie gegen seine Pläne für eine Sondersteuer auf ihre Gewinne mobil.
Gillard hielt an diesem Projekt allerdings fest, was ihre Partei bei der Wahl am Samstag nach Ansicht von Beobachtern Stimmen in den Bergbau-Staaten Queensland und West-Australien kostete. Dessen ungeachtet bekräftigte die Labor-Chefin am Montag, wenn sie Regierungschefin bleibe, werde sie die Steuer einführen. Die angesichts des schlechten Labor-Ergebnisses zunächst gestiegenen Aktienkurse der großen australischen Bergbauunternehmen sackten daraufhin wieder leicht ab.
Das neue Parlament muss sich spätestens am 26. November konstituieren. Von diesem Zeitpunkt an haben die Fraktionen noch drei weitere Monate Zeit, um die Koalitionsverhandlungen abzuschließen.