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Tsunami-Warnung und Massenevakuierungen nach schwerem Erdbeben in Chile

Schweres Beben in Chile - Küstenbewohner wurden aufgerufen, sich in Sicherheit zu bringen
Schweres Beben in Chile - Küstenbewohner wurden aufgerufen, sich in Sicherheit zu bringen ©AP
Vor der Nordküste Chiles bebte die Erde stark wie lange nicht mehr. Mindestens fünf Menschen starben, eine Million Einwohner wurden evakuiert. Es gab viele Schäden und mindestens 14 Nachbeben. Für den Pazifik wurden mehrere Tsunami-Warnungen ausgegeben. 

Das schwerste Erdbeben seit fünf Jahren hat die Küste Chiles erschüttert. Das nationale seismologische Institut gab die Stärke am Mittwochabend (Ortszeit) mit 8,4 an, zunächst wurden 7,9 gemeldet. Die US-Erdbebenwarte USGS berichtete von einer Stärke von 8,3. Das Pazifik-Zentrum für Tsunamiwarnungen sprach eine Tsunamiwarnung für die gesamte Pazifikregion aus, für Chile wurde vor Wellen von bis zu drei Metern gewarnt. Auch der nationale Wetterdienst der USA (NWS) gab mehrere Tsunami-Warnungen für den Pazifik aus. In Französisch-Polynesien könnten die Wellen bis zu drei Meter hoch werden, teilte der NWS mit Sitz in Hawaii am Donnerstag mit.

Kleinere Wellen mit bis zu einem Meter Höhe werden unter anderem an den Küsten von Mexiko, Ecuador, Peru, der Antarktis, Japan, Neuseeland, Russland und zahleichen Pazifik-Inselstaaten erwartet. Neuseeland gab eine Tsunami-Warnung für die gesamte Ostküste und die Chatham-Inseln heraus. Das Ministerium für Katastrophenschutz erwartet Wellen bis zu einem Meter Höhe. Die erste Welle müsse nicht notwendigerweise die höchste sein, warnte das Ministerium die Bevölkerung. Die Bewohner sollten nicht ins Wasser oder an die Strände gehen. In Australien gebe es keine Tsunami-Gefahr, erklärte die dortige Regierung.

In manchen Regionen sei die Tsunami-Warnung inzwischen jedoch wieder aufgehoben, wie der Katastrophenschutz Onemi meldete. 

Massenevakuierungen, erste Meldungen von Toten

Nach dem schweren Erdbeben mit einer Flutwelle in Chile ist die Zahl der Toten auf mindestens fünf gestiegen. Dutzende Menschen seien verletzt worden, meldeten örtliche Medien am Donnerstag unter Berufung auf Rettungsdienste. Rund eine Million Einwohner seien aus ihren Häusern in Sicherheit gebracht worden, teilte das Innenministerium mit. 

Das Pazifik-Zentrum für Tsunamiwarnungen warnte nach dem Beben vom Mittwoch vor Wellen von mehr als drei Metern Höhe. Die Bewohner der chilenischen Küstenregionen waren aufgerufen, sich in Sicherheit zu bringen.

Tsunami-Warnung auch für Hawaii

Zudem gab der Nationale Wetterdienst der USA auch für Hawaii eine Tsunami-Warnung heraus. “Möglicherweise wurde von diesem Beben ein Tsunami verursacht, der auch an Küsten zerstörerisch sein kann, die weit entfernt vom Epizentrum sind”, teile der NWS am Mittwochabend (Ortszeit) mit. Genaue Schätzungen über die Größe möglicher Auswirkungen gab es zunächst nicht. Wenn ein Tsunami ausgelöst wurde, könnten die ersten Wellen laut NWS um 03.06 Uhr Ortszeit (15.06 Uhr MESZ) auf Hawaii ankommen.

Sorgen vor Tsunami in Neuseeland

Auch Neuseeland befürchte einen Tsunami. Bewohner in einigen östlichen Regionen des südpazifischen Inselstaats sollten sich von Stränden und dem Ufer fernhalten, warnte das Ministerium für Zivilschutz am Donnerstag in Wellington. Zu den betroffenen Gebieten zählen demnach East Cape, die Chatham-Inseln, die Coromandel-Halbinsel und die Banks Peninsula. Falls es zu einem Tsunami kommen sollte, würde er vermutlich kurz nach Freitagmitternacht an Land treffen, berichtete die Nachrichtenagentur AP unter Bezugnahme auf Behörden.

4,5 Meter hohe Wellen trafen chilenische Küstenstadt

Bereits von bis zu 4,5 Meter hohen Flutwellen getroffen wurde die chilenische Küstenstadt Coquimbo. Der Bürgermeister sagte demnach, Wasser stehe in großen Teilen der Stadt. Kleinere Tsunami-Wellen wurden aus Valparaiso, Concon und anderen chilenischen Städten gemeldet.

Das Hauptbeben ereignete sich 55 Kilometer vor der Küste in Höhe der Stadt Illapel, die rund 280 Kilometer nördlich der Hauptstadt Santiago liegt. Es war das stärkste Beben seit über fünf Jahren, im Februar 2010 starben in Chile bei Erdstößen der Stärke 8,8 über 520 Menschen. Nach dem Hauptbeben gab es 14 weitere Beben in dem südamerikanischen Land, das stärkste erreichte eine Stärke von 7,6.

CHILE EARTHQUAKE
CHILE EARTHQUAKE

Umfangreiche Evakuierungsmaßnahmen

Innenminister Jorge Burgos sagte: “Es gibt Berichte über Schäden in Illapel.” Er ordnete umfangreiche Evakuierungsmaßnahmen in der ganzen Küstenregion an, bis hinauf zur Grenze mit Peru. “Die Bevölkerung an der Küstenlinie soll die Sicherheitszonen aufsuchen”, informierte der nationale Katastrophenschutz bei Twitter.

Der Bürgermeister von Illapel, Denis Cortés, sprach im TV-Sender “24 Horas” von mindestens einem Todesopfer. Außerdem seien rund ein Dutzend Verletzte ins Krankenhaus gebracht worden. Der Leiter des Katastrophenschutzes, Ricardo Toro, sagte hingegen, ihm lägen bislang keine Berichte über Todesopfer vor.

“Enormes Chaos”

Auf Bildern waren in Panik aus Gebäuden rennende Menschen zu sehen. “Bei vielen Häusern sind Mauern eingestürzt”, sagte der Chef der Feuerwehr von Illapel, Fabián Olivares Hidalgo, der Zeitung “La Tercera”. “Die Feuerwehrleute sind in einem Altersheim, und es ist ein enormes Chaos. Es gibt viele Schäden an Gebäuden und Stromausfälle.”

Wieder Normalbetrieb am Flughafen Santiago

Der Flughafen der Hauptstadt Santiago wurde teilweise evakuiert. Auf Twitter meldete der Flughafen aber nach wenigen Stunden, dass der Betrieb wieder normal laufe. In Santiago wackelten viele Gebäude.

Das Beben erschütterte vor allem die Regionen Atacama, Coquimbo, Valparaíso, den Hauptstadtbezirk, Maule, Biobío und La Araucanía. Den Behörden zufolge ereignete sich der Erdstoß in einer Tiefe von rund 11 Kilometern um 19.54 Uhr Ortszeit. Es war bis in die argentinische Hauptstadt Buenos Aires und in mehreren Provinzen des Landes zu spüren.

Chile: Erdbebengefährdetes Land am Pazifik

Erdbeben sind in Chile keine Seltenheit, zu einer Katastrophe war es 1939 gekommen. Nach einem Beben der Stärke 7,8 starben 28 000 Menschen. Auch das stärkste je gemessene Erdbeben geschah in Chile: 1960 registrierten Geologen die Stärke 9,5 – 1655 Menschen starben. Im Februar 2010 waren bei einem Beben der Stärke 8,8 mehr als 500 Menschen ums Leben gekommen. Aber zugleich hat das Land gelernt, damit zu leben, und verfügt über gute Frühwarnsysteme und Evakuierungspläne.

Die schwersten Erdbeben in Chile:

27. Februar 2010: Bío-Bío, Stärke 8,8, 547 Tote
22. Mai 1960: Valdivia, Stärke 9,5, 1655 Tote
6. April 1943: Illapel – Salamanca, Stärke 8,3, 25 Tote
25. Januar 1939: Chillán, Stärke 8,3, 28 000 Tote
1. Dezember 1928: Talca, Stärke 8,3, 225 Tote
11. November 1922: chilenisch-argentinische Grenze, Stärke 8,4, mehrere hundert Tote
16. August 1906: Valparaíso, Stärke 8,6, mehrere tausend Tote
9. Mai 1877: Iquique, Stärke 8,8, mehrere tausend Tote
20. Februar 1835: Concepción, Stärke 8,2, 500 Tote
8. Juli 1730: Valparaíso, Stärke 8,7, 5 Tote

Das langgestreckt am Pazifik liegende Chile ist eine der führenden Wirtschaftsnationen Lateinamerikas und der größte Kupferproduzent der Welt. Kein Land weltweit hat zudem mehr Freihandelsabkommen als Chile abgeschlossen, sie umfassen 61 Länder, auch die EU. Das Land grenzt an Peru, Bolivien und Argentinien. Mit etwa 760 000 Quadratkilometern ist der Staat mit der Hauptstadt Santiago fast so groß wie die Türkei. Der Großteil der 17,8 Millionen Einwohner lebt in Städten, rund 70 Prozent sind katholisch. Die Landessprache ist Spanisch.

Der Pazifische Feuerring

Um den Pazifischen Ozean herum liegt ein Gürtel aus etwa 450 aktiven Vulkanen, der als Pazifischer Feuerring bezeichnet wird. Er ist etwa 40 000 Kilometer lang und wie ein Hufeisen geformt. Hier treffen verschiedene Platten der Erdkruste aufeinander. Es kommt zu tektonischen Verschiebungen und Verwerfungen, die Vulkanausbrüche, Erdbeben und Tsunamis zur Folge haben.
Das Halbrund aus “Feuerbergen” reicht von den Küsten Süd- und Nordamerikas bis zu einer Reihe von Inselketten im asiatisch-pazifischen Raum. Er führt weiter über die Aleuten und Kurilen im Nord-Pazifik, Japan, die Philippinen, den Ostrand Indonesiens, verschiedene Südsee-Inselstaaten bis Neuseeland und zur Antarktis.

In dem Vulkan-Ring liegen unter anderem der Chaitén in Chile, der Popocatépetl in Mexiko, der Mount St. Helens in den USA, der Fuji in Japan und der Pinatubo auf den Philippinen. Auch der Merapi in Indonesien, einer der aktivsten und gefährlichsten Vulkane der Welt, zählt dazu.

Stichwort Tsunami: Riesenwellen mit zerstörerischer Wucht

Ein Tsunami (japanisch: Hafenwelle) wird meistens durch starke Erdbeben im Meer ausgelöst. Die Tsunami-Wellen breiten sich mit großer Geschwindigkeit aus. Ihre Höhe hängt von der Wassertiefe ab. Auf hoher See wird die Woge von Schiffen oft gar nicht bemerkt. In flachen Küstengewässern und engen Buchten können sich die Wassermassen zehn Meter und höher auftürmen. Die Wellen fließen in flachen Gebieten oft Hunderte Meter weit ins Hinterland, besonders hohe Wellen dringen sogar einige Kilometer vor. Sie können dann schwere Schäden anrichten. Tsunamis gibt es am häufigsten im Pazifik, sie kommen aber auch in anderen Ozeanen vor. (dpa/APA/red)
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