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Schwere Verluste für britische Labour-Partei

Die regierende Labour-Partei von Premierminister Tony Blair hat bei Kommunalwahlen in weiten Teilen Großbritanniens schwere Verluste erlitten.

Nach den Freitag früh vorliegenden Ergebnissen büßte Labour bei den Wahlen zu 340 Stadt- und Gemeinderäten in England und Schottland mehr als 600 Mandate ein. Die oppositionellen Konservativen und die Liberaldemokraten machten erhebliche Gewinne. Die Abstimmung zwei Jahre nach der letzten Unterhauswahl gilt als wichtiger Stimmungstest zur Halbzeit der zweiten Amtsperiode von Blair.

In zahlreichen größeren Städten, darunter Bristol, Birmingham, Coventry und Exeter, verlor Labour ganz die Macht in den Rathäusern. Den Stadtrat von Birmingham, den größten in ganz England, hatte Labour 19 Jahre lang geführt. In ersten Wahlanalysen wurde der „Denkzettel“ für Blair auf Wählerenttäuschung über die örtliche Politik ebenso zurückgeführt wie auf die „Verärgerung“ vieler Labour-Anhänger über die britische Beteiligung am Irak-Krieg.

Die Konservativen legten mit dem Zugewinn von fast 500 Sitzen unerwartet kräftig zu. Für sie waren die Kommunalwahlen zugleich auch ein Prüfstein dafür, ob der als farblos geltende Parteichef Iain Duncan Smith die Konservativen in den nächsten Unterhauswahlkampf führen soll. Mit dem Ergebnis dürfte die „Führungsdiskussion“ bei den Konservativen nach Einschätzung der BBC nun beendet sein. Noch am Wahlabend hatte der Unterhausabgeordnete Crispin Blunt einen Führungswechsel an der Spitze der Partei gefordert. Aus Protest gegen Duncan legte er zugleich sein Amt als Industriepolitischer Sprecher der Konservativen nieder. Wenn die Partei die nächste Parlamentswahl gewinnen wolle, müsse Duncan abgelöst werden, erklärte Blunt.

Bei den gleichzeitig stattfindenden Wahlen zu den weitgehend eigenständigen Regionalparlamenten von Schottland und Wales zeichnete sich Freitag früh ab, dass Labours Rolle als der größere Koalitionspartner in beiden Parlamenten unangefochten bleiben dürfte. In Schottland und auch in Wales wurde nationalistischen Parteien, die eine völlige Ablösung von England wollen, eine Abfuhr erteilt. Der Stimmenanteil der Scottish Nationalist Party SNP ging danach landesweit um sechs Prozent zurück. In Wales erlitt die nationalistische Partei Plaid Cymru erhebliche Einbußen.

Insgesamt waren bei den Wahlen am Donnerstag 38 Millionen der 60 Millionen Briten zur Wahl aufgerufen. Die Wahlbeteiligung bei den Kommunalwahlen lag nach ersten Schätzungen unter 30 Prozent. In Schottland und Wales, wo zum ersten Mal 1999 eigenständige Parlamente gewählt worden waren, gingen danach nur rund 45 Prozent der Wahlberechtigten an die Wahlurnen.

Obwohl die Wahlforscher Labour Einbußen prognostiziert hatten, wurden die Verluste in traditionellen Hochburgen wie Birmingham und Bristol von Analysten als „empfindlich“ eingestuft. In Birmingham, einer Stadt mit hohem Ausländeranteil, sei der Protest moslemischer Wähler gegen den Irak-Krieg deutlich geworden, hieß es in ersten Analysen. In der Kleinstadt Burnley bei Manchester konnte die rechtsradikale British National Party (BNP) die Zahl ihre Sitze auf sieben erhöhen und wurde damit zur zweitgrößten Partei im Stadtrat.

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