Schweizer Objektkünstler Daniel Spoerri in Wien gestorben

Im Jahr 2021 widmete noch das Wiener Bank Austria Kunstforum dem Künstler eine große Retrospektive zu seinem reichen Schaffen seit der 20er-Haus-Ausstellung 1990, mit über 100 Schlüsselwerken Spoerris aus 43 öffentlichen und privaten internationalen Sammlungen. Die Vorbesichtigung nahm der Geehrte, der vor allem auch für seine "Fallenbildern", dem Transformieren von Überresten kulinarischer Zusammenkünfte in künstlerische Objekte, bekannt ist, damals noch höchstpersönlich vor.
Spoerri wurde am 27. März 1930 im rumänischen Galati geboren, hatte eine traumatische Kindheit als Sohn eines jüdischen Vaters in dem Land und wuchs nach der Flucht 1942 in der Schweiz auf. In Zürich und in Paris ließ sich Daniel Spoerri zum Balletttänzer und Pantomimen ausbilden, es folgten einige Jahre als Solist am Stadttheater Bern. Auf den Tanz folgte die Literatur, genauer die visuelle Poesie und verlegerisches Engagement, etwa mit der Gründung der Edition MAT (Multiplication d'art transformable) in den 1950er-Jahren in Paris. Er unterzeichnete das Manifest des "Nouveau Realisme" und stellte erste Fallenbilder aus. Zudem war er später auch als Lehrer und Museumsgründer tätig. In der Toskana realisierte er seinen eigenen Skulpturengarten, "Il Giardino di Daniel Spoerri". Spoerri gilt als einer der bedeutendsten Vertreter der Objektkunst, Mitbegründer der Künstlergruppierung Nouveau Réalisme und als Erfinder der Eat-Art.
"Ich wollte eigentlich nach Triest, es ist wunderschön, aber ich habe festgestellt, dass ich dort verloren wäre."
Seinen Wechsel in die österreichische Bundeshauptstadt kommentierte er laut sda einmal mit den Worten: "Ich wollte eigentlich nach Triest, es ist wunderschön, aber ich habe festgestellt, dass ich dort verloren wäre." 2009 hat Spoerri im niederösterreichischen Hadersdorf am Kamp zwei Liegenschaften in eine gemeinnützige Stiftung eingebracht. Mit seinem Ausstellungshaus Spoerri in Hadersdorf habe er einen Kristallisationspunkt im Waldviertel geschaffen, würdigte Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) den "großen Ausnahmekünstler". Er habe als Meister der Bildenden Kunst und Begründer der Eat-Art wahrlich Kunstgeschichte geschrieben. Zudem habe er die niederösterreichische Kunst-und Kulturszene in seinen letzten 16 Lebensjahren geprägt wie kaum ein anderer, betonte Mikl-Leitner.
"Ich bin kein Spezialist im Sinne von irgendetwas. Ich mache nur, was ich meine machen zu müssen von Tag zu Tag", sagte Spoerri 2019 im APA-Interview anlässlich der Präsentation eines Porträtfilms der Wiener Filmemacherin Anja Salomonowitz. "Dieser Film ist ein Geschenk", heißt er. Nun ist er auch ein Vermächtnis.
Kaup-Hasler und mumok würdigen Spoerri
Der Schweizer Objektkünstler Daniel Spoerri, der seit 2007 in Wien lebte, ist am Mittwoch mit 94 Jahren gestorben. Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) und mumok-Direktorin Karola Kraus würdigten am Donnerstag in Aussendungen den vielseitigen Künstler. Mit ihm "ist der letzte lebende Vertreter der Gruppe der Nouveaux Réalistes verstorben", schrieb Kaup-Hasler.
"Er war ein einzigartiger Jäger auf der Pirsch nach dem Absurden, ein ewig neugieriger Vermeider der Langeweile, selbsternannter 'Handlanger des Zufalls', der seine mit Sprachwitz garnierten Sammlungen und Installationen von Dingen dem Betrachter zum Schauen schenkte", so die Stadträtin. "Für all das wird der ebenso schalkhafte wie sinnliche Erneuerer der Kunst erinnert und vermisst werden."
Als einer der wichtigsten Vertreter der Objektkunst, Mitglied der Künstlergruppe Nouveau Réalisme und Erfinder der Eat-Art habe sich Spoerri in die internationale zeitgenössische Kunst eingeschrieben, schrieb Kraus und wies darauf hin, dass seine Fallenbilder wie "Hahns Abendmahl" (1964) oder "Der Kinderkäfig von Nathalie" (1969) zu den zentralen Objekten der mumok Sammlung zählen. "Leider kann Daniel Spoerri die Eröffnung des zweiten Teils der Ausstellung 'Mapping the 60s' nicht mehr erleben, in der sein Werk exemplarisch für den Nouveau Réalisme präsentiert wird."
(APA/Red)