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Schweiz: Volkswillen umgesetzt

Mit der Wahl des rechspopulistischen Politikers Blocher in die Schweizer Regierung (Bundesrat) ist nach Meinung zahlreicher Zeitungskommentatoren der Volkswille umgesetzt worden.

Als positiver Effekt wird hervorgehoben, dass Blocher nun Verantwortung übernehmen müsse. Blocher war am Mittwoch als zweites Regierungsmitglied der Schweizerischen Volkspartei gewählt worden, womit die seit 1959 geltende „Zauberformel“ für die Verteilung der Regierungsposten an die vier größten Schweizer Parteien erstmals geändert wurde.

Der „Bund“-Kommentar stellt fest, dass die Wahl Blochers eine „richtige Wahl trotz mulmigen Gefühlen“ war. „Blocher als faktischer Leader der vereinigten Rechten soll jetzt  Regierungsverantwortung übernehmen. Spielt er im Bundesrat verrückt, ist er erledigt.“

Die politische Schweiz habe bekommen, was sie am 19. Oktober gewollt habe, schreibt der Kommentator des „St. Galler Tagblatts“:
„Eine Regierung, deren Zusammensetzung den veränderten Kräfteverhältnissen Rechnung trägt, ohne das Prinzip der Konkordanz  aufzugeben.“

Die „Neue Zürcher Zeitung“ weist darauf hin, dass die Öffentlichkeit beim „kritikfreudigen und oppositionsgewohnten Parteiführer Blocher den Rollenwechsel, seinen Willen und die Fähigkeit, als Mitglied einer Kollegialbehörde gemiensame Verantwortung zu übernehmen und auch gegen außen mitzutragen, besonders genau verfolgen wird“.

Auch der „Tagesanzeiger“-Kommentator findet, dass mit der Wahl eines zweiten Bundesrates der Schweizerischen Volkspartei (SVP), die bei der Nationalratswahl mandatsstärkste Kraft geworden war, der Volkswille umgesetzt wurde und Blocher nun Verantwortung übernehmen müsse. Die „Basler Zeitung“ gibt zu bedenken, dass mit dem Rechtsrutsch eine Konsenssuche noch  anspruchsvoller wird.

Unter dem Titel „Punktsieg für den Bürgerblock“ stellt die „Thurgauer Zeitung“ befriedigt fest, dass die SVP nun die Vertretung erhalten habe, die ihr zustehe. „Bei aller Freude über den Coup, nicht nur Christoph Blocher  sondern auch (den freisinnigen Minister) Hans-Rudolf Merz durchgebracht zu haben, sollten die Wahlsieger aber nicht übermütig werden. Der politische und soziale Friede in der Schweiz dürfe durch die Wahl vom Mittwoch nicht aufs Spiel gesetzt werden“, gibt die „Thurgauer Zeitung“ zu bedenken.

„Ein Kunststück in Problembewältigung“ sei die Wahl vom Mittwoch gewesen, heißt es im Kommentar der „Südostschweiz“. Der rechtsbürgerliche Block, der sich in den nationalen Wahlen herausgebildet habe, sei eingebunden und damit „domestiziert“ worden. Der „Rechtsdrall“ im neuen Bundesrat könnte aber Folgen haben. Proteste aller Art, eine  Verkrampfung der Linken und möglicherweise eine Tendenz zu härteren  und kompromissloseren Arbeitskämpfen könnte die Folge sein.

Der „Tagesanzeiger“ äußert die Befürchtung, dass für die Linke nun eine harte Zeit anbreche. Die Sozialdemokratische Partei (SP) habe falsch gepokert. Sie habe jahrzehntelang die Konkordanz arithmetisch ausgelegt und dann angesichts der Kandidatur Blochers ihre Haltung plötzlich geändert. Dadurch habe die SP an Glaubwürdigkeit verloren, stellt der  „Tagesanzeiger“-Kommentator fest.

In gleicher Richtung zielt das „Bündner Tagblatt“: „Die SP hat mit ihrem gescheiterten politischen Feldzug, Blocher zu verhindern, eine bittere Niederlage eingesteckt“, schreibt das „Bündner Tagblatt“.

Die Kommentare in der Westschweizer Presse schwanken zwischen „richtiger“ und „falscher“ Wahl. Am härtesten kritisierte „L’Hebdo“ die Wahl Blochers. Die Schweiz gehe schwierigen Zeiten entgegen, schrieb der Kommentator. Statt die Schweiz weiter zu bringen, habe die Wahl Blochers das Land für vier Jahre blockiert. Auf der Titelseite  prangte unter einem Bild Blochers der Riesentitel „Der Fehler“.

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