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Schweiz: Bern will Unternehmen sensibilisieren

Die Schweiz will die Schweizer Unternehmen vermehrt über die Gefahr von Werkspionage aufklären. Nach der Zunahme der Aktivitäten der russischen Geheimdienste im vergangenen Jahr startet Bern ein Programm zur Sensibilisierung der Firmen.

„Wir stellen jeweils bei mehreren Dutzend Affären einen Zusammenhang mit Werkspionage fest“, sagt Jürg Bühler, stellvertretender Leiter des Dienstes für Analyse und Prävention (DAP) im Schweizer Bundesamt für Polizei (fedpol.ch). Konkrete Fälle gebe es jedoch weniger als zehn pro Jahr.

Im seinem Bericht 2003 über die innere Sicherheit in der Schweiz machte fedpol.ch eine Zunahme der Aktivitäten der russischen Geheimdienste aus. Die Spionageversuche betrafen vor allem die Wirtschaft, die Forschung und die Technologie. „Die Russen und andere osteuropäische Länder haben eine Erfindungs-Tradition und ein hohes Forschungs- und Bildungsniveau“, so Jacques Baud, Autor der „Enzyklopädie der Nachrichten- und Geheimdienste“. Aber sie müssen einen technologischen Rückstand aufholen, um ihre Vorteile ausnützen zu können.

Werkspionage in der Schweiz sei nichts Neues, meint Baud. Seit dem Fall der Berliner Mauer 1989 habe sich die Geheimdienstarbeit vom politisch-militärischen auf den Wirtschafts- und Finanzsektor verschoben. Laut Bühler ist das der Grund, warum in der Schweiz in Zukunft ein Risiko einer Zunahme solcher Aktivitäten besteht.

Um gegen diese Werkspionage vorzugehen, hat der DAP im vergangenen Jahr ein Programm zur Sensibilisierung von Firmen lanciert, das sich vor allem auf die Gefahr der Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen konzentriert. Dieses soll Unternehmen und öffentlichen Institutionen präsentiert werden. Spionageversuche würden von den betroffenen Firmen jedoch kaum gemeldet, sagt Bühler. Sie befürchteten den Verlust von Informationen und einen negativen Einfluss auf ihr Image und ihre Börsenkurse.

Laut Bühler versuchen die ausländischen Geheimdienste über Briefkastenfirmen oder öffentliche Institutionen wie Spitäler und Universitäten, die Schweizer Unternehmen zu infiltrieren. Auch der Austausch von Wissenschaftern oder Studenten erlaube ihnen, gewisse Informationen zu erlangen. Ein Beispiel dafür sei der Vater der pakistanischen Atombombe, Abdul Qadeer Khan, der in Europa ausgebildet worden sei.

Baud nennt weiter die Bestechung von Angestellten oder das Durchwühlen von Mistkübeln als gängige Spionage-Mittel. Auch das sogenannte „reverse engineering“, das Auseinandernehmen und wieder Zusammensetzen von Technologie-Produkten, um ihre Funktionsweise zu verstehen, werde angewendet. Der Experte sagte der Werkspionage eine „große“ Zukunft voraus. „Das Ineinandergreifen der internationalen Märkte und die industrielle Entwicklung in Asien wird diese Tendenzen noch verstärken“, ist Baud überzeugt.

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