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"Schwein-Sager"-Prozess

Im sogenannten "Schwein-Sager"-Prozess am Innsbrucker Landesgericht ist am Freitag der Tiroler Publizist Markus Wilhelm wegen übler Nachrede schuldig gesprochen worden.

Er wurde zu einer bedingten Geldstrafe in Höhe von 980 Euro verurteilt. Richter Peter Friedrich begründete seinen Schuldspruch unter anderem damit, dass der Wahrheitsbeweis für die angebliche Beschimpfung des früheren deutschen Außenministers Joschka Fischer nicht gelungen sei. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Wilhelm hatte im September vergangen Jahres einen Tonbandmitschnitt von einer Rede des damaligen Landeshauptmannes Herwig Van Staa (V) vor Mitgliedern des Deutschen Alpenvereins veröffentlicht. Van Staa soll dort Fischer als “Schwein” beschimpft haben. Stimmt nicht, hatte der jetzige Landtagspräsident Van Staa stets beteuert. Er habe “Schweigen” gesagt.

Beim Prozess am Freitag wurden unter anderem der Vizepräsident des Deutschen Alpenvereins (DAV) und zwei Journalisten als Zeugen gehört. Der Vizepräsident war damals für Van Staa in die Bresche gesprungen und hatte erklärt, die beleidigende Äußerung sei nicht gefallen. Das bestätigte er auch im Zeugenstand. Er habe keinerlei Probleme gehabt, den Worten Van Staas zu folgen. “Schwein” habe er nicht vernommen. Auch von den über 100 anwesenden DAV-Mitgliedern habe es keine Reaktion gegeben.

Auch ein Journalist wurde zu der Causa befragt. Ihm wurde der Tonbandmitschnitt von Wilhelm zugespielt. Er habe daraufhin außer Van Staa noch drei oder vier andere auf der Breslauer Hütte Anwesende kontaktiert. Keiner von ihnen habe allerdings das Wort “Schwein” vernommen. Deshalb sei es aber nicht ausgeschlossen, dass es dennoch gefallen sei, meinte er. Er kenne das “cholerische Temperament” des Landeshauptmannes aus dem Landtag. “Ich traue ihm eine solche Äußerung jederzeit zu”, sagte er.

Wilhelms Verteidiger Thaddäus Schäfer übte Kritik an der Art und Weise, wie das Verfahren ins Rollen gebracht wurde. Dass der Oberstaatsanwalt von sich aus ein Verfahren anstrenge, ohne dass dem eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft vorangegangen sei, sei ein Skandal. Er bezeichnete den mittlerweile pensionierten Oberstaatsanwalt als “Marionette”. “Ich vermute, dass er von der ÖVP geschickt wurde”, sagte Schäfer in seinem Schlussplädoyer. Der Tonbandmitschnitt sei ein “objektiver Beweis” und Van Staa sage dort eindeutig “Schwein”.

Anderer Ansicht war Richter Peter Friedrich. Der Wahrheitsbeweis, dass Van Staa tatsächlich “Schwein” und nicht, wie der Alt-Landeshauptmann später erklärte, “Schweigen” gesagt habe, sei nicht gelungen. Er könne sich auch nicht vorstellen, dass Van Staa bei einer Rede vor beinahe ausschließlich aus Deutschland stammendem Publikum, eine solche Äußerung gemacht habe. Es sei nicht in seinem Interesse, wie es zu diesem Verfahren gekommen sei und es sei auch nicht in seinem Interesse, ob es um einen Landeshauptmann gehe oder nicht. Für ihn sei unbestritten, dass die Äußerungen Van Staas im Internet veröffentlicht worden seien und damit einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden. Außerdem sei unbestritten, dass der Tonbandmitschnitt von Markus Wilhelm veröffentlicht wurde. Friedrich sah den Straftatbestand der üblen Nachrede, der mit bis zu einem Jahr Gefängnis bestraft werden kann, erfüllt.

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