Schweden und Finnland: NATO-Anträge eingereicht

Die beiden nordischen Länder reichten ihre Mitgliedsanträge gemeinsam im Brüsseler Hauptquartier der westlichen Militärallianz ein. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg sprach von einem "historischen Moment".
NATO-Generalsekretär: Schweden und Finnland "engste Partner"
"Dies ist ein guter Tag zu einem kritischen Zeitpunkt für unsere Sicherheit", sagte Stoltenberg, als er die Beitrittsanträge von den Botschaftern Schwedens und Finnlands entgegennahm. Die beiden Länder seien bereits die "engsten Partner" des Militärbündnisses, betonte er. "Ihre Mitgliedschaft in der NATO würde unsere gemeinsame Sicherheit erhöhen."
"Die USA begrüßen die Entscheidung der finnischen und schwedischen Bevölkerung", schrieb NATO-Botschafterin Julianne Smith im Kurzbotschaftendienst Twitter. Washington habe mit beiden Ländern "enge Bindungen und ein geteiltes Engagement für Demokratie, Frieden und Stabilität".
Finnlands Parlament stimmte mit Mehrheit pro NATO-Beitritt
In Berlin wollte sich im Tagesverlauf das Kabinett mit dem Beitrittsantrag befassen. Am Dienstag hatte das finnische Parlament mit überwältigender Mehrheit für den NATO-Beitritt des Landes gestimmt. Kurz zuvor hatte Schwedens Außenministerin Ann Linde den Aufnahmeantrag ihres Landes unterzeichnet.
Für die beiden nordischen Länder ist die NATO-Beitrittskandidatur nach jahrzehntelanger Bündnisneutralität eine Zäsur. Auch für die NATO beginnt eine neue Phase, denn damit wird sich die Grenze des Bündnisgebiets mit Russland in etwa doppelt so lang. Alleine Finnland hat eine rund 1300 Kilometer lange Grenze zu Russland.
NATO-Beitritt Finnlands und Schwedens braucht einstimmiges Votum
Die NATO hat Finnland und Schweden eine Aufnahme im Schnellverfahren in Aussicht gestellt. Für den Beitritt Finnlands und Schwedens ist ein einstimmiges Votum der Allianz sowie die Ratifizierung der Bündnis-Erweiterung durch die Parlamente der 30 bisherigen Mitgliedstaaten nötig.
Das NATO-Mitglied Türkei droht allerdings mit einem Veto gegen die Norderweiterung. Präsident Recep Tayyip Erdogan wirft Finnland und Schweden eine zu laxe Haltung gegenüber "Terrororganisationen" wie der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) zu haben.
Vermutung in Brüssel
In Brüssel wird vermutet, die Türkei wolle damit vor allem US-Präsident Joe Biden unter Druck setzen, um unter anderem eine schnelle Lieferung von F-16-Kampfjets zu erwirken. Sollten sich die Bedenken Erdogans durch Zugeständnisse schnell ausräumen lassen, könnten die NATO-Länder die förmliche Einladung an Schweden und Finnland bereits vor dem Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs am 29. und 30. Juni in Madrid aussprechen.
Stoltenberg sagte in Anspielung auf die Türkei, dass die Sicherheitsinteressen aller Mitgliedsstaaten berücksichtigt werden müssen. Wie die schwedische Nachrichtenagentur TT unter Berufung auf NATO-Quellen berichtete, sollte noch am Mittwoch ein Treffen der 30 NATO-Botschafter zu den beiden Anträgen stattfinden. Dabei dürfte höchstwahrscheinlich entschieden werden, den Aufnahmeprozess einzuleiten. Sollte alles nach Plan laufen, könnten die Antragsprotokolle innerhalb von zwei Wochen unterzeichnet werden. Schweden und Finnland hätten dann den Status eines "invitee" und könnten ohne Stimmrecht an allen NATO-Treffen teilnehmen.
Russland hatte mit Drohungen reagiert
Russland hatte in den vergangenen Wochen insbesondere mit Blick auf die NATO-Beitrittspläne seines Nachbarn Finnland mit Drohungen reagiert. Kreml-Chef Wladimir Putin sagte am Montag, die NATO-Norderweiterung sei zwar "keine direkte Bedrohung" für Russland. Sein Land werde aber auf eine "Ausweitung der militärischen Infrastruktur" der NATO auf die beiden Länder "zweifellos" reagieren.
Solange Finnland und Schweden den Beitrittsprozess nicht abgeschlossen haben, genießen sie keinen Schutz unter dem Beistandsartikel fünf der NATO. Großbritannien und andere Mitgliedsländer hatten deshalb Sicherheitsgarantien für die nordischen Staaten ausgesprochen. Auch der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat "Unterstützung zum gegenseitigen Schutz" zugesagt.
(APA/Red)