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Schweden: Reinfeldt warnt vor "Moralpanik"

Man wartet in Schweden auf weitere Rücktritte. Dennoch, der schwedische Ministerpräsident Fredrik Reinfeldt hat sich hinter Migrationsminister und Tobias Billström und Finanzminister Anders Borg gestellt.

Beiden wird vorgeworfen, schwarz ferngesehen, beziehungsweise eine Putzfrau schwarz angestellt zu haben. Wegen der selben Vergehen mussten in den vergangenen Tagen Handelsministerin Maria Borelius und Kulturministerin Cecilia Stegö Chilò nach etwas mehr als einer Woche im Amt das Handtuch werfen. Im Nachbarland Finnland legte Ministerpräsident Matti Vanhanen seinen Ministern nahe, ähnliche Anfragen der Medien einfach nicht zu beantworten.

Reinfeldt warnte am späten Dienstag vor durch die Medien verursachter „Moralpanik“. Die Verfehlungen Billström und Borgs seien so schlimm nicht gewesen. Er glaube nicht, dass es den „schneeweißen, fleckenfreien Menschen“ gebe und drückte beiden Ministern sein volles Vertrauen aus. Reinfeldt gerät in den schwedischen Medien unterdessen selbst immer mehr in die Kritik, da sowohl die beiden zurückgetretenen Ministerinnen als auch Borg und Billström seiner konservativen „Moderaterna“-Partei angehören und die Verantwortung für ihre Auswahl bei ihm selbst liegt.

In einer am Mittwoch von der Boulevardzeitung „Aftonbladet“ veröffentlichten Umfrage sagten 52 Prozent der Befragten, sie hätten weiter großes Vertrauen in Reinfeldt. Allerdings glaubten auch 60 Prozent, dass es zu Rücktritten weiterer Minister kommen werde. Billström und Borg haben ihre Vergehen entschuldigt. Billström mit jugendlichem Protest gegen das schlechte TV-Programm („Ich war jung und dumm“) beziehungsweise mit Blauäugigkeit: Borg glaubte, dass der Lohn für seine privat angestellte Putzhilfe unter der Bagatellgrenze lag. Beide Minister kündigten an, im Kabinett verbleiben zu wollen.

Unterdessen gab die zurückgetretene Kulturministerin Stegö Chilò bekannt, dass sie in ihrem Leben bisher überhaupt noch nie Fernsehgebühren bezahlt habe. Sie habe als Studentin aus Protest gegen das seinerzeitige TV-Monopol in Schweden keine Gebühren bezahlt, dann in Deutschland studiert und als sie anschließend beim schwedischen Radio gearbeitet habe, habe sie wohl aus „Schlendrian“ auf die Gebührenzahlung vergessen. Im Nachbarland Finnland war in den vergangenen Tagen indirekt auch Ministerpräsident Vanhanen durch die schwedischen Affären gefordert. Auf eine am Wochenende versendete Anfrage der finnischen Nachrichtenagentur STT an alle Regierungsmitglieder, ob sie wohl Fernsehgebühren bezahlten, legte er den Ministern in seinem Internet-Blog nahe, die Anfrage einfach nicht zu beantworten. Finnische Medien reagierten mit Befremden, der Journalistenverband bezeichnete Vanhanens vorgehen als „unbegreiflich“.

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