Dieser Wert hat zuletzt deutlich zugenommen, was laut AK unter anderem an den steigenden Preisen für professionelle Nachhilfe liegt. Gefordert wird nun eine Entlastung der Eltern – etwa durch ein flächendeckendes Angebot an Ganztagsschulen.
Nie mehr zu Hause mit den Kindern lernen müssen und nie mehr Nachhilfe zahlen. Laut der stellvertretenden Direktorin der Arbeiterkammer Wien, Johanna Ettl, kommt dieser Elternwunsch alljährlich zu Schulbeginn. Dass er sich erfüllt, dagegen sprechen die aktuellen Zahlen: Mehr als 80 Prozent der Eltern unterstützen ihre Kinder beim Lernen, 56 Prozent tun dies täglich, 17 Prozent zwei bis drei Mal die Woche und 8 Prozent zumindest einmal in der Woche.
Am höchsten liegt der Wert in der Volksschule: 69 Prozent aller Kinder gehen mit ihren Eltern täglich den Lernstoff durch, in der Hauptschule sind es 54 und in der AHS 32 Prozent. Insgesamt hat der Schulstress für Mütter und Väter zugenommen. Waren 2005 nur 48 Prozent der Eltern täglich im “Einsatz”, sind es nun 56 Prozent. Der Anstieg wird von der AK nicht zuletzt damit begründet, dass aufgrund der steigenden Inflation auch Nachhilfestunden empfindlich teurer geworden sind und nicht mehr ganz so oft in Anspruch genommen werden können.
Laut AK werden insgesamt 150 Mio. Stunden elterlicher Nachhilfe pro Jahr geleistet. Eltern würden dem Staat dadurch 540 Mio. Euro für Förderunterricht ersparen. Zusätzlich zahlen sie 130 Mio. Euro für Nachhilfe.
Generell stellt die Arbeiterkammer dem heimischen Schulsystem ein schlechtes Zeugnis aus. Dieses entspreche der österreichischen Realität längst nicht mehr, kritisierte Ettl: “Die Erwerbsquote der Frauen mit schulpflichtigen Kindern beträgt inzwischen 78 Prozent.” Viele würden unfreiwillig halbtags arbeiten, weil die Betreuung ihres Nachwuchses nicht sichergestellt sei. Dabei sei international gesehen die Halbtagsschule ein Auslaufmodell, versicherte Ettl.
In Österreich könnten Lehrer in den regulären Stunden oft nur den Lernstoff vortragen. Für eine Vertiefung sei keine Zeit, kritisiert die AK. Auch eine Nachmittagsbetreuung in einem Hort erfülle nicht diesen Zweck. Kinder würden oft danach, also am Abend, noch ihre Hausübungen machen müssen. Die Arbeiterkammer fordert ein “Recht auf Förderung in der Schule” sowie eine flächendeckende ganztägige Betreuung ebendort.
Massive Kritik wird auch an den Wiederholungsprüfungen und am Sitzenbleiben geübt. Dieses sei ein “absoluter Anachronismus”, versicherte Ettl. Nur in acht von 28 EU-Ländern (unter anderem in Deutschland, Tschechien, Slowakei und Ungarn, Anm.) gebe es dies noch, so Ettl. In den anderen Staaten sei es entweder abgeschafft oder nur in Ausnahmefällen vorgesehen. Das Grundprinzip heiße: Automatisches Aufsteigen und spezielle Förderung im neuen Schuljahr – und nicht lernen während des Sommers.