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Schule: "Fehlerverbesserung verwirrt"

Das Markieren von Fehlern in Schulaufgaben und Tests ist nicht nur demotivierend. Es sorgt auch dafür, dass dieselben Fehler immer wieder gemacht werden, wie eine am Mittwoch präsentierte Langzeitstudie der Wiener Sigmund Freud Privatuniversität zeigt.

Beim “Projekt Fehlerkiller” wurden bei den Arbeiten von 250 Volksschulkindern nicht die Fehler, sondern das Richtige markiert. Bei Tests zeigten diesen Schüler höhere Motivation und bessere Leistungen als die 380 Kinder der Kontrollgruppe. “Die herkömmliche Art der Fehlerverbesserung verwirrt oft mehr als sie hilft, besonders bei vielen Fehlern”, begründet das Studienautorin Brigitte Sindelar.

“Aus Fehlern lernen wir nicht”, sagt die klinische Psychologin und Psychotherapeutin gegenüber der APA. Deshalb werden beim “Projekt Fehlerkiller” die Worte “Fehler” und “falsch” aus der Kommunikation mit den Kindern verbannt. Statt die Fehler der Kinder hervorzuheben, wird die richtige Version unter die Arbeit geschrieben.

Hintergrund: Durch das Markieren prägen sich die Fehler erst recht im visuellen Gedächtnis ein. Beim nächsten Mal erinnere sich der Schüler an das Wortbild und mache dadurch den Fehler erneut, erklärt Sindelar. Macht ein Kind viele Fehler, schreibt der Lehrer nur die korrekte Version von fünf bis maximal sieben Inhalten auf – egal wie viele Fehler insgesamt gemacht wurden. Mehr könne das Kind ohnehin nicht verarbeiten.

“Lehrer, die den Unterricht am Richtigen aufziehen statt auf den Fehlern, tun den Kindern etwas Gutes”, betont Sindelar und verweist auf die Ergebnisse der Tests zu Rechtschreibung, Rechnen und Leseleistung, die bei der Studie jeweils am Ende des Schuljahres durchgeführt wurden. Demnach haben bereits am Ende der zweiten Klasse die “Fehlerkiller”-Schüler nicht nur eine signifikant höhere Motivation, sondern auch signifikant bessere Leistungen gezeigt. Bei der Rechtschreibung zeigten 42 Prozent der Kinder aus “Fehlerkiller”-Klassen eine “weit überdurchschnittliche” Rechtschreibleistung, in der Kontrollgruppe waren es 19 Prozent. Die Rechenleistung war bei 13 Prozent der “Fehlerkiller”-Schüler “weit überdurchschnittlich”, aber nur bei 1,8 Prozent der Kinder aus der Kontrollgruppe.

Die Studie hat außerdem gezeigt, wie wichtig ein harmonisches Lernumfeld ist. Als an einer Schule die bei den Kindern einer “Fehlerkiller”-Klasse sehr beliebte Direktorin gehen musste, fielen die Schüler in ihrer Motivation noch hinter jene der Kontrollgruppe zurück. “Seelische Belastungen haben eine höhere Bedeutung für Lernmotivation und Leistung als Didaktik und Methodik”, so Sindelars Schluss. Dementsprechend sei auch eine gute Beziehung zwischen Lehrern und Schülern “das Fundament der Motivationsentwicklung”.

Sie plädierte dafür, die Idee des “Projekts Fehlerkiller” in das Schulsystem aufzunehmen. “Das wäre eine ganz einfache Maßnahme, durch die keine zusätzlichen Kosten entstehen würden”, so Sindelar. Derzeit sei wertschätzende Leistungsrückmeldung zwar als Schlagwort in aller Munde, in der Praxis sei es aber noch nicht angekommen.

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