Schuldsprüche für Staatsverweigerer in Wien

Der ICCJV-Generaldirektor - ein 48-jähriger Installateur - erhielt elf Monate, der Leiter der IT-Abteilung - ein 52-jähriger Beschäftigungsloser - 14 Monate, ein gelernter Schmied und Kampfsport-Trainer bekam ebenfalls elf Monate. Die Urteile sind nicht rechtskräftig.
Staatsverweigerer teilweise bereits vorbestraft
Wie die Staatsanwältin ausführte, wurde der ICCVJ 2014 gegründet und setzte sich aus rund 400 Mitgliedern in Österreich, Deutschland, Italien, Tschechien und Polen zusammen. Das "Fantasiegericht" habe sich in puncto Gerichtsbarkeit als "das Maß aller Dinge" und für Rechtsangelegenheiten aller Art zuständig gesehen. Gegen vorgebliche Menschenrechtsverletzungen von Richterinnen und Richtern, Sachwalterinnen und Sachwaltern und Insolvenzverwalterinnen und- verwaltern habe man "Selbstjustiz" üben wollen, stellte die Staatsanwältin fest. So sei gegen eine Rechtsanwältin von 40 Mitgliedern ein "Volkstribunal" eröffnet und ein Haftbefehl erlassen worden, mit dem dann eine Polizeiinspektion aufgesucht wurde, um diesen vollstrecken zu lassen. Im Zusammenhang damit hätten der Erst- und der Zweitangeklagte in einem vorangegangen Prozess bereits teilbedingte Freiheitsstrafen ausgefasst: "Nach ihrer Entlassung im Sommer 2017 sind sie sofort wieder für den ICCJV tätig geworden."
Führende Mitglieder des Pseudo-Gerichts beantragten Diplomatenpässe
In der nunmehrigen Anklage wurde den drei Männern vorgeworfen, eine Vielzahl von Treffen des so genannten High Council des Pseudo-Gerichts geleitet bzw. daran teilgenommen zu haben. Mit einer sehr professionell gestalteten Website sei außerdem "mit viel Liebe zum Detail" der Anschein der Legitimität erweckt worden, sagte die Staatsanwältin. Es gab auch eigene Sheriffs - einer von ihnen war der Drittangeklagte -, die eine Uniform samt Abzeichen trugen. Der ICCJV ging sogar so weit, bei der damaligen, von der FPÖ nominierten Außenministerin Karin Kneissl schriftlich um die Ausstellung von Diplomatenpässen anzusuchen. Mit einem Fake-Dokument wurde weiters suggeriert, die Vereinten Nationen hätten den ICCJV anerkannt. Der Zweit- und der Drittangeklagte traten nach außen hin jeweils als Vizepräsidenten der "International Intelligence Agency" (IIA) auf, einer Teil-Organisation des ICCJV, der sich um Informationsbeschaffung und - verwaltung kümmerte.
Staatsverweigerer vor Wiener Gericht geständig
Die Angeklagten waren geständig. Der ICCJV-Generaldirektor erklärte in seiner Beschuldigteneinvernahme, es gebe den ICCJV inzwischen nicht mehr: "Ich habe mich gelöst von dem". Ursprünglich sei der ICCJV "wirklich als nichts Schlimmes" geplant gewesen: "Es war gedacht, dass man Menschen hilft, wenn Verstöße gemeldet werden." Das Ganze sei "ein Fehler, nicht durchdacht" und "Blödsinn" gewesen. "Es war nicht angedacht, dass Österreich ausgehebelt wird", versicherte der ICCJV-Generaldirektor. Er bekenne sich aber zur Anklage schuldig: "Ich möchte nicht mehr in Haft. Ich möchte mich mit meinen Kindern beschäftigen. Ich habe gesehen, dass Fehler passiert sind. Ich möchte damit abschließen, ich möchte wieder in Frieden leben." Auf die Frage, weshalb er nach seiner vorangegangenen Verurteilung weitergemacht habe, erwiderte der 48-Jährige: "Es war wahrscheinlich Frust." Das sei "hirnrissig" gewesen.
Der Zweitangeklagte, der sich als IT-Experte um den Server, den Mailverkehr und das elektronische Kommunizieren nach außen kümmerte, war ebenfalls umfassend geständig. Inzwischen habe er sich vom ICCJV "komplett abgekoppelt". Etliche Fragen des Gerichts beantwortete der 52-Jährige nicht: "Ich kann mich nicht mehr erinnern. Das beginnt langsam aus meinem Gedächtnis zu verschwinden." Als die Staatsanwältin ihm vorhielt, dass er gemeinsam mit dem Erstangeklagten in einem schwarzen Anzug aufgetreten sei und einen äußerst seriösen Eindruck erweckt hätte, meinte der 52-Jährige: "Was ist Schlechtes dran, sich ordentlich anzuziehen?" Zu seiner Hauptverhandlung war er in einer verwaschenen Hose und in einem blauen ärmellosen T-Shirt erschienen.
"Schuldig im Sinne der Täuschung, der ich aufgesessen bin" - so lautete die Verantwortung des Drittangeklagten, der zu Beginn seiner Befragung ein vorbereitetes Statement verlas, in dem unter anderem davon die Rede war, die Ausbildung beim Bundesheer sei "ein Meilenstein in meinem Leben" gewesen. Ihm sei der ICCJV als "schlüssiges Projekt" erschienen bzw. verkauft worden, er habe geglaubt, im Rahmen seiner Tätigkeit für die IIA Mitglieder in der Bewegungs- und Kampfkunst ausbilden zu können, "was ein gutes Geschäft für meine damalige Firma gewesen wäre. Ein gesunder Geist in einem gesunden Körper, das war die Idee". Er habe an Sitzungen des High Council teilgenommen - "als Stimmvieh", wie er betonte. Am Ende der seiner Befragung resümierte er: "Das ist offensichtlich alles ein Hirngespinst gewesen."
U-Haft wird Staatsverweigerern angerechnet
Bei der Strafbemessung wurde den drei Männern die überlange Verfahrensdauer mildernd angerechnet. Sie waren von Herbst 2018 bis weit ins Jahr 2019 hinein in U-Haft gesessen und hatten weitere drei Jahre bis zum Beginn ihrer Hauptverhandlung zuwarten müssen - ohne eigenes Verschulden oder Verschulden ihrer Verteidiger, wie der vorsitzende Richter in der Urteilsbegründung betonte. Bei einem Strafrahmen von sechs Monaten bis zu fünf Jahren habe man daher bei der Festsetzung der Strafen jeweils vier Monate in Abzug gebracht. Die in der U-Haft abgesessene Zeit wird den Männern auf ihre Strafen angerechnet.
Nach Rücksprache mit ihren Verteidigern erbaten die drei Bedenkzeit. Die Staatsanwältin gab keine Erklärung ab.
(APA/Red)