Schüssel war zuletzt parteiintern unter Druck geraten, da mit Ernst Strasser, Karl-Heinz Grasser (beide V), Hubert Gorbach (B) und Mathias Reichhold (F) mittlerweile vier Minister seiner Regierungszeit teils im Fokus von Ermittlungen der Justiz stehen, teils laut Medienberichten nach ihrer Amtszeit umstrittene Zahlungen aus dem staatsnahen Bereich kassiert haben sollen. Bis zur Pressekonferenz Montagvormittag, auf der er seine Mandatszurücklegung mit Ende der Woche bekanntgab, hatte sich Schüssel nicht zur Causa geäußert.
“Kein Druck von der ÖVP”
Druck seitens der Partei für diesen Schritt habe es “nie” gegeben. Stattdessen begründete Schüssel seinen Rücktritt damit, dass er dazu beitragen wolle, “eine objektive, eine von jeder politischen Beeinflussung oder medialen Vorverurteilung unabhängige Aufklärung durch die Justiz zu erleichtern”. Es sei aber “sachlich ungerecht”, die ÖVP als Ganzes mit den Vorwürfen in Zusammenhang zu bringen.
Der Ex-Kanzler fügte aber auch hinzu, dass niemand ausschließen könne, dass sein Vertrauen von Einzelnen getäuscht oder missbraucht worden sei: “Niemand würde dies mehr bedauern als ich selbst.” Darum gelte es, “umgehend und vollinhaltlich Klarheit zu schaffen”.
Schüssel will von Verfehlunge nichts wissen
Die Entscheidung sei ihm einerseits nicht leicht gefallen, weil er an der Partei hänge. Andererseits gehe er aber auch mit einem “leichten Herzen”, denn er habe sein Amt “mit bestem Wissen und Gewissen” ausgeführt. Dementsprechend wollte Schüssel von persönlichen Verfehlungen nichts wissen und zog lieber eine äußerst positive Bilanz über seine Regierungszeit.
Angesprochen auf Gorbach, Reichhold und die Telekom-Affäre, erklärte Schüssel, er lasse sich nicht dafür verantwortlich machen, was ein Minister nach seiner Amtszeit tue. Auch Grasser müsse Geschehnisse nach seiner Amtszeit selbst rechtfertigen. Strasser sei ein engagierter Minister gewesen, aber: “Die Dinge, die nachher geschehen sind, haben mir überhaupt nicht gefallen”, so Schüssel. Ob der Ex-Kanzler glaube, eine gute Menschenkenntnis zu haben? “In der Regel ja, ich glaube schon.”
Schüssel kennt Hochegger nicht persönlich
Den Lobbyisten Peter Hochegger kenne er nicht, auch zum Lobbyisten Alfons Mensdorff-Pouilly ließ sich Schüssel kein enges Verhältnis nachsagen. Im Zusammenhang mit der Buwog-Causa betonte Schüssel, soweit er es beurteilen könne, sei die Privatisierung der Bundeswohnungen eigentlich eine “saubere Geschichte” gewesen. Angesprochen auf die Causa Eurofighter erklärte Schüssel, es habe Rechnungshof-Berichte und Untersuchungsausschüsse gegeben, da sei “nichts” hängengeblieben. Auch seinen “Freund” Ex-Vizekanzler Wilhelm Molterer – der sich dafür eingesetzt habe, dass ein Fußballverein eine “kleine Spende” von der Telekom bekomme – verteidigte Schüssel: Der Begriff Korruption sei hier nicht angemessen, “das ist absurd”.
Der heutige ÖVP-Chef Vizekanzler Michael Spindelegger erklärte zu Schüssels Abgang, die Volkspartei und Österreich seien ihm zu großem Dank verpflichtet, hätten doch viele jener Reformen, die Schüssel – teils gegen heftige Widerstände – durchgesetzt habe, das Land nachhaltig modernisiert und wettbewerbsfähiger gemacht.
Anders sahen dies naturgemäß die jetzige Opposition und auch der Regierungspartner SPÖ. Für die Grünen ist der Rücktritt ein “längst überfälliger” Schritt, für die Freiheitlichen ein “indirektes Schuldeingeständnis”. Das BZÖ drängt auf einen Untersuchungsausschuss und mit Schüssel als Zeuge im U-Ausschuss rechnet dort auch die SPÖ mit einem Wiedersehen.
Schüssel bleibt übrigens u.a. Aufsichtsrat beim Energiekonzern RWE.