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Schröder und Berlusconi bleiben hart

Die Chancen für eine Einigung auf eine umfassende europäische Verfassung beim Europäischen Rat am kommenden Wochenende in Brüssel sind offenbar nur noch gering.

Der amtierende EU-Ratspräsident, Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi, und der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder sagten am Sonntag nach einem eineinhalbstündigen Gespräch in Berlin übereinstimmend, es werde keine Einigung um jeden Preis geben. In der umstrittenen Frage der Stimmengewichtung der einzelnen EU-Staaten liege Deutschland auf einer Linie mit Italien und sei hier gegenüber dem Verfassungsentwurf des Konvents „nicht beweglich”, betonte Schröder.

Berlusconi sagte: „Wir wollen also nicht um jeden Preis abschließen, gleich was dabei herauskommt, sondern wir wollen einen guten Vertrag (…) und hoffen, das in Brüssel erzielen zu können”. Der Verfassungsvertrag solle ein entscheidungs- und handlungsfähiges Europa schaffen. Wenige Tage vor dem EU-Gipfel in Brüssel ist damit die zentrale Streitfrage der Stimmengewichtung ungelöst, in der sich vor allem Deutschland einerseits sowie Polen und Spanien andererseits unversöhnlich gegenüber stehen. Die beiden letztgenannten Länder fordern, von der Stimmenzahl her gegenüber den großen EU-Ländern aufgewertet zu werden. Zudem sieht der Entwurf des EU-Konvents das Prinzip der doppelten Mehrheit vor: Für einen Beschluss müsste eine Mehrheit der Staaten stimmen, die zugleich auch mindestens 60 Prozent der Bevölkerung vertreten. Diese Regelung würde den großen Staaten wie Deutschland mehr, Polen und Spanien weniger Gewicht geben.

Ein weitere wichtiger Punkt, an dem die EU-Länder noch arbeiten müssten, ist laut Schröder die Zusammensetzung der EU-Kommission. „Wir sind uns einig, dass die Kommission so zusammengesetzt sein muss, dass sie politisch führbar bleibt”, sagte der Kanzler zur Haltung von Deutschland und Italien.

 Schröder bescheinigte der italienischen Ratspräsidentschaft, was die Verfassung betreffe, in vielen Feldern große Fortschritte erzielt zu haben. Diese dürften nicht mehr in Frage gestellt werden, egal wie der Europäische Rat laufe. Der Kanzler nannte die Berufung eines europäischen Außenministers, die Frage des Vorsitzes im Europäischen Rat, eine bessere Kompetenzabgrenzung, eine Stärkung des Europäischen Parlaments mit der Wahl des Kommissionspräsidenten sowie die Fortschritte bei Europas Außen- und Sicherheitspolitik. „Das alles verdient wirklich festgehalten zu werden, unabhängig vom Ausgang des Europäischen Rates”, erklärte Schröder.

Berlusconi äußerte sich verhalten optimistisch zu den Einigungschancen in Brüssel. Seine Zuversicht sei nach dem Gespräch mit Schröder von 50 Prozent auf 55 Prozent gewachsen, erklärte er. „Ich bin eher optimistisch, was den Ausgang in Brüssel betrifft.” Italien sehe die aktuelle Situation um die Verfassung im Grundsatz „völlig gleich” wie Deutschland. Gelinge eine Einigung, so wäre das ein Quantensprung.

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