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Schröder sagt Italien-Urlaub ab

Bundeskanzler Schröder hat nach abfälligen Äußerungen des italienischen Tourismus-Staatssekretärs Stefani über deutsche Feriengäste seinen geplanten Urlaub in Italien abgesagt.

Schröder wolle seiner Familie nicht länger Spekulationen über die „wenige gemeinsame Urlaubszeit“ zumuten, erklärte Regierungssprecher Bela Anda am Mittwoch in Berlin. „Die Familie werde daher ihren Urlaub zu Hause in Hannover verbringen. Lakonisch reagierte Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi auf die Absage Schröders: „Das tut mir leid für ihn“, sagte er in Positano südlich von Neapel.

Stefani hatte Deutsche in einem Zeitungsartikel unter anderem als „einförmige, supernationalistische Blonde“ beschrieben, die im Sommer „lärmend“ über Italiens Strände herfielen. Eine Entschuldigung sowie einen Rücktritt lehnte er ab. Außenminister Franco Frattini hatte die Angriffe missbilligt und die „traditionelle Freundschaft zwischen Italien und Deutschland“ betont. Die Entscheidung Schröders bedauerte er. Er sehe in dessen Urlaubs-Absage allerdings „keine politische Affäre“. Er werde seinerseits weiterhin nach Deutschland reisen.

Die italienische Zeitung „La Repubblica“ hatte berichtet, Schröder habe seinem langjährigen Freund, dem Maler Bruno Bruni, bereits am Dienstag gesagt, er werde seinen Urlaub dieses Jahr nicht in Italien verbringen. Schröder habe ihm gesagt, dass es für alles „eine Grenze“ gebe. In Brunis Haus in der Nähe der Adria-Küste hatte die Kanzlerfamilie ihre Ferien verbringen wollen. Mehrere Bundestagsabgeordnete hatten Schröder nach den Angriffen aus Rom Urlaub in Deutschland empfohlen. Der auch in Hamburg lebende Bruni nannte im Inforadio Berlin-Brandenburg die Äußerungen Stefanis „unglaublich“. Stefani gehöre eine Klasse von italienischen Politikern an, die „keine Ahnung“ hätten.

Auch die italienische Mitte-Links-Opposition forderte den Rücktritt von Stefani. Der Fraktionsvorsitzende der Linksdemokraten, Luciano Volante, warnte vor wirtschaftlichen Einbußen für Italien. Die Adria-Provinz Pesaro, in der Schröder seinen Urlaub verbringen wollte, kündigte eine Schadenersatzklage gegen Berlusconi an. Der Präsident von Pesaro, Palmiro Ucchielli, erklärte, Berlusconi hätte Stefani abberufen müssen. „Die Dummheit der Leute, die an der Regierungsspitze stehen, ist derart groß, dass sie dem Image unseres Tourismus einen gewaltigen wirtschaftlichen Schaden zufügen.“

Eine Sprecherin des Auswärtigem Amtes nannte die deutsch-italienischen Beziehungen „eng und gut“. Im Übrigen sei es „allgemeiner Konsens“, dass eine erfolgreiche italienische EU-Ratspräsidentschaft im Interesse aller sei. Anda betonte, die deutsche Regierung sei daran interessiert, dass der Vertrag zur EU-Verfassung zügig unterzeichnet werde. Ob dies noch in diesem Jahr geschehen könne, liege nicht in ihrer Hand. Möglich sei auch, dass der Vertrag erst unter der irischen Präsidentschaft, dann aber in Rom, unterzeichnet werde.

Auslöser der deutsch-italienischen Verstimmungen war ursprünglich der italienische Regierungschef Berlusconi selbst, der in der vergangenen Woche bei seiner Antrittsrede als EU-Ratsvorsitzender im Europaparlament den deutschen EU-Parlamentarier Martin Schulz als Idealbesetzung für den „Kapo“ (Aufseher) in einem KZ-Film bezeichnet hatte.

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