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Schröder muss um eigene Mehrheit zittern

Nach der Einigung mit der Opposition im Vermittlungsausschuss muss Bundeskanzler Schröder um die eigene Mehrheit für die Reformgesetze im Bundestag bangen.

Grünen-Fraktionsvize Christian Ströbele kündigte am Montag an, er werde die beschlossene Zumutbarkeitsregelung für Langzeitarbeitslose am Freitag im Bundestag ablehnen.

Auch die SPD-Linke meldete teils scharfe Kritik an. Die SPD-Abgeordneten Rüdiger Veit und Sigrid Skarpelis-Sperk ließen ihr Abstimmungsverhalten zunächst offen. Ihr Kollege Ottmar Schreiner erklärte, er werde notfalls mit Nein stimmen.

Der Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundesrat hatte sich in der Nacht zum Montag darauf verständigt, dass für Langzeitarbeitslose in Zukunft jede legale Arbeit zumutbar sein soll. Die von der SPD-Linken im Herbst durchgesetzte Regelung, wonach nur Stellen angenommen werden müssen, bei denen ein ortsüblicher Lohn bezahlt wird, wurde wieder gekippt.

„Das ist für mich nicht zustimmungsfähig”, sagte Ströbele der Berliner „tageszeitung” (Dienstagausgabe). Diese Zumutbarkeitsregelung bedeute „den Einstieg ins Lohndumping”. Zwar habe die Koalition im Vermittlungsverfahren in einigen Bereichen akzeptable Lösungen erreichen können. „Das kann aber nicht dazu führen, dass man Langzeitarbeitslosen alles zumuten kann”, sagte Ströbele.

Ströbeles Fraktionskollege Winfried Hermann sagte derselben Zeitung: „Es fällt mir sehr, sehr schwer, diese Zumutbarkeitsregelung zu akzeptieren.” Er müsse „noch drei Mal nachdenken”, ob er dieser Regelung am Freitag zustimmen könne.

Auch in der SPD-Linken formierte sich Widerstand. Schreiner kündigte an, er werde die Regelung zur Zumutbarkeit von Billigjobs für Langzeitarbeitslose im Bundestag ablehnen, falls sie dazu führe, „dass jede Arbeit unabhängig vom tariflichen oder ortsüblichen Lohn angenommen werden muss”. Dies sei für ihn „nicht zustimmungsfähig”, sagte Schreiner der „Frankfurter Rundschau”. Sie würde „den Niedriglohnsektor in Deutschland erheblich verbreitern und zudem massiv auf die unteren Tariflöhne drücken”.

Schreiner kritisierte auch die ausgehandelte Neuregelung des Kündigungsschutzes, der künftig erst in Betrieben mit mehr als zehn Mitarbeitern greifen soll. Dies bedeute eine Verschlechterung, da durch die Anhebung des Schwellenwerts „zukünftig über fünf Millionen Arbeitnehmer ohne Kündigungsschutz sind”, erklärte er.

Auch Veit und Skarpelis-Sperk wandten sich entschieden gegen die Verschärfung der Zumutbarkeitsregelungen und die Lockerung des Kündigungsschutzes. „Es kann doch nicht sein, dass ich einer arbeitslos gewordenen Teilzeitverkäuferin mit Kind zumute, von Hamburg nach München zu ziehen, um unter dort unter Tarif zu arbeiten”, sagte Veit auf Anfrage. Auch Skarpelis-Sperk nannte diese Regelung „eindeutig negativ”. Damit fielen die Schwächsten am Arbeitsmarkt „durch den Rost”, kritisierte sie.

Auf ihr Abstimmungsverhalten im Bundestag wollten sich Veit und Skarpelis-Sperk noch nicht festlegen. Zunächst wolle er die Fraktionssitzung am Donnerstag abwarten, sagte Veit. Er ließ durchblicken, dass es im Anschluss daran voraussichtlich ein Treffen der Kritiker geben soll. Skarpelis-Sperk erklärte, sie wolle zunächst abwarten, bis der konkrete Gesetzestext auf dem Tisch liege.

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