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Schließungsdebatte um Abdullah-Zentrum in Wien voll entbrannt

Das König-Abdullah-Zentrum für interreligiösen und interkulturellen Dialog (KAICIID)
Das König-Abdullah-Zentrum für interreligiösen und interkulturellen Dialog (KAICIID) ©APA
Ende des Jahres 2012 wurde das "König Abdullah Bin Abdulaziz Zentrum für Interreligiösen und Interkulturellen Dialog" (KAICIID) von Österreich, Spanien und Saudi-Arabien mit Unterstützung des Vatikan gegründet. Die Eröffnung fand in Anwesenheit der Außenminister mit einem pompösen Fest in der Hofburg statt. Nun steht es vor der Schließung.
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Kritik & Zweifel am Zentrum

25 Monate später ist die Schließungsdebatte rund um das Institut, das den Status einer internationalen Organisation genießt und daher auch Steuererleichterungen bekommt, voll entbrannt. Unter Kritik stand das KAICIID, das im Wiener Nobelpalais Sturany am Schottenring beheimatet ist, ohnehin schon von Beginn an. Kritiker sahen darin den Versuch des Geldgebers, Riad, sein ramponiertes Image in Bezug auf die Menschenrechte durch ein Dialogzentrum aufzupolieren.

Abdullah-Zentrum: Hommage an Monarchen

Der greise, schwerkranke König Abdullah (90) finanziert das Zentrum seit seiner Gründung mit 14 bis 16 Millionen Euro pro Jahr. Ursprünglich war geplant, dass Saudi-Arabien nur die ersten vier oder fünf Jahre diese Geldspritze zur Verfügung stellt.

Als Hommage an den Geldgeber trägt das Zentrum den Namen des Monarchen. Dementsprechend ist auch offensichtlich jede Kritik an Riad tabu. Denn während in Wien mittels Dialog Brücken gebaut werden sollen, droht in Saudi-Arabien jedem, der von der dortigen mittelalterlichen Ausrichtung des Islam abfällt, der Tod. Im Gegensatz dazu ist das KAICIID laut seiner Satzung der Verständigung der Religionen verschrieben.

Leitung des Zentrums

Geleitet wird es von einem Board of Directors, das aus Vertretern der großen Weltreligionen (Judentum, Christentum, Islam, Hinduismus und Buddhismus) und verschiedenen Kulturen besteht. Jeder der Gründerstaaten ist im sogenannten “Council of Parties” vertreten. Auch der Vatikan kooperiert eng mit dem Zentrum.

Schließung nicht ohne Zustimmung

Österreich kann das Zentrum aber nicht ohne Zustimmung der beiden anderen Gründerstaaten, Saudi-Arabien und Spanien, auflösen. Der Gründervertrag verlangt dafür die Einstimmigkeit aller Vertragsparteien. Die Republik kann allerdings die Neuwahl der Führung und den Beschluss eines Budgets blockieren.

Es gab Anzeigen, weil Saudi-Arabien beim Ankauf des Palais Sturany als Amtssitz für die internationale Organisation zu Unrecht von der Grunderwerbssteuer befreit worden sein soll. Das Außenministerium hat diesen Vorwurf mit der Begründung zurückgewiesen, der saudische König Abdullah, der das Palais gekauft habe, sei als ausländisches Staatsoberhaupt internationalen Gepflogenheiten entsprechend von der Steuer befreit.

Keine Verurteilung von Peitschenhieben

Die jüngste Bestrafung des kritischen Bloggers Raif Badawi, der bereits 50 seiner 1000 Peitschenhiebe ausgefasst hat und dessen zweite Auspeitschung (wieder 50 Hiebe) am vergangenen Freitag “aus medizinischen Gründen” und nach internationaler Kritik vorläufig ausgesetzt wurde, wird vom KAICIID nach wie vor nicht verurteilt.

Schickt es sich nicht, die sprichwörtliche Hand, die einen füttert, abzuhacken?, fragen sich Kritiker und werfen dem KAICIID einen heuchlerischen Dialog und Untätigkeit vor. Der Fall Badawi ist nur die Spitze des Eisberges. Immer wieder hat die APA in den vergangenen zwei Jahren das Zentrum mit gröbsten Menschenrechtsverletzungen in Saudi-Arabien konfrontiert:

Die Bestrafung eines Mannes, der eine Bibel auf einer Parkbank im Königreich gelesen hatte. Drakonische Strafen für junge Männer, die mit nacktem Oberkörper in der Steppe getanzt hatten. Strafen für Frauen, die es gewagt hatten, ein Auto zu lenken. Als Antwort kam immer nur: “Wir bilden Brücken und forcieren den Dialog, aber wir können nicht über Staaten richten und sind nicht Saudi-Arabien.” Geleitet wird das KAICIID vom ehemaligen saudi-arabischen Minister Faisal Abdulrahman bin Muaammar. Er verwies auf die Aufgabe seines Hauses, “alle an einen Tisch zu bringen”.

Rücktritt von Bandion-Ortner

Noch umstrittener sind nur noch die Aussagen der nun zurückgetretenen Vize-Generalsekretärin, Ex-Justizministerin Claudia Bandion-Ortner. Sie meinte zu den Menschenrechtsverletzungen, dass “dies ja nur Agenturmeldungen seien und sie als Richterin es gewohnt sei, sich in Akten einzulesen, und daher diese Meldungen nicht kommentieren könne”, so Bandion in den vergangenen Monaten zur APA. Außerdem werde in Riad “eh nicht jeden Freitag geköpft”, legte sie in einem “Profil”-Interview im Herbst nach.

Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) sieht für das KAICIID ohne grundlegende Neuaufstellung keine Zukunft. Gefordert wird demnach sowohl eine personelle Verbreiterung und das Eintreten nicht nur für Religionsdialog sondern auch für Religionsfreiheit, so Kurz zur APA.

KAICIID soll Religions-Dialogzentrum werden

Aus dem KAICIID soll demnach ein “echtes Wiener Dialogzentrum der Religionen” werden. Dazu müssten fünf Punkte erfüllt werden: Neben der personellen Verbreiterung und dem Eintreten für Religionsfreiheit müssten die Religionsvertreter im Mittelpunkt stehen und das Zentrum unabhängig von einzelnen Vertragspartnern wie Saudi-Arabien werden. Es brauche einen institutionalisierten, teilöffentlichen Dialog der Religionsgemeinschaften sowie mehr Öffentlichkeit und Transparenz.

Auch Spanien als dritter Kooperationspartner des Zentrums neben Saudi-Arabien und Österreich hat seine Bereitschaft zur Neuaufstellung des KAICIID bekundet.

(apa/red)

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