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Schlagabtausch zwischen Flöttl und Elsner

Am Donnerstag ist der verbale Schlagabtausch zwischen dem Investmentbanker Wolfgang Flöttl und den beiden früheren BAWAG-Generaldirektoren Helmut Elsner und Johann Zwettler fortgesetzt worden.

Das Risiko für die Bank sei in Bezug auf Flöttls Merger-Arbitrage- und Zinsdifferenzgeschäfte „durchaus begrenzt“ gewesen, sagte Elsner. Zwettler verwies auf bankinterne Berechnungen, wonach dieses im schlimmsten Fall bei maximal 10 Prozent gelegen wäre. Tatsächlich erlitt die BAWAG aber zwischen 1998 und 2000 einen Totalverlust der eingesetzten 1,44 Mrd. Euro. Die BAWAG habe an den Geschäften mit ihm in den Jahren 1996 bis 1998 bei einem ausstehenden Durchschnittskapital von etwa 250 bis 300 Mio. Dollar über 90 Mio. Dollar (65,5 Mio. Euro) verdient, hielt dem Flöttl entgegen. Schon durch diese hohe Rendite von 30 Prozent über zweieinhalb Jahre habe der BAWAG klar sein müssen, dass auch das Risiko der Geschäfte hoch gewesen sei: „Wir haben sehr hohe Renditen erzielt. Die kommen nicht zu Stande, wenn Sie in Regierungsanleihen investieren.“ Staatsanleihen sei typischerweise ein geringes Risiko bei niedrigen Zinsen eigen. Richterin Claudia Bandion-Ortner wollte dann im Detail die Geldflüsse der BAWAG an Wolfgang Flöttl in den Jahren 1995 und 1996 beleuchten. Der damals frisch bestellte BAWAG-Generaldirektor Helmut Elsner zeigte sich dazu erstaunlich unwissend: Er befinde sich seit 2003 in Pension, habe sich auf den Prozess auf Grund seiner Herzerkrankung und Bypassoperation nicht vorbereiten können, sei teilweise außer Stande gewesen, Unterlagen zu sichten. Auf Vorhalt der Richterin, wonach die BAWAG in zwei ersten Tranchen insgesamt 400 Mio. Dollar (292 Mio. Euro) in die Karibik überwiesen habe, meinte Elsner: „Wenn Sie’s sagen, wird’s schon stimmen. Ich weiß das nicht. Ich kann das nicht wissen.“ Das Geld landete bei drei Arbitrage-Gesellschaften, die wirtschaftlich jeweils Wolfgang Flöttl zuzurechnen waren. Dennoch hielt die BAWAG ein Klumpenrisiko scheinbar für nicht gegeben. Als Elsner erklärte, die drei Gesellschaften wären nur auf Flöttls Wunsch gegründet worden, widersprach dieser heftig: „Das war die Idee der BAWAG!“ Er persönlich hätte das lieber über eine einzige Firma abgewickelt, weshalb dies nicht möglich war, „müssen Sie die BAWAG fragen“. Neben Elsner versicherten darauf hin sowohl Zwettler als auch der ehemalige BAWAG-Sprecher und Generalsekretär Peter Nakowitz, keineswegs auf den drei Gesellschaften bestanden zu haben. „Dann bleibt das wohl das große Geheimnis, wer die Idee gehabt hat“, meinte die Richterin resignierend. Elsner wiederum verließen nach diesem Wortgefecht die Kräfte. Er bedurfte einer längeren Pause und medizinischer Betreuung, ehe die Verhandlung wieder aufgenommen werden konnte.

Die BAWAG hatte sich während der Phase 1995 bis 1998 hinsichtlich der Kontrolle über die Flöttl’schen Investments – abgesehen von drei Berichten der Innenrevision – auf jährliche Berichte der Refco Capital Markets Ltd., damals Hauptbroker Flöttls, verlassen. Darin wurde das Vorhandensein von saldierten Werten bestätigt. Ein eigenes „Risiko-Monitoring“ der BAWAG hielt deren Chef Elsner für nicht mehr nötig.

Refco wäre Mitte der neunziger Jahre eine angesehene Adresse gewesen, betonte Elsner. Die BAWAG habe seit Mai 1996 Broker-Konten bei Refco gehabt: „Dass es Verbindungen gegeben hat und dass die Bank kein Sparverein war, ist evident.“ Auch die Bank of England, die Deutsche Bank und etliche andere seriöse Kunden hätten mit Refco Geschäfte gemacht.

Refco war im Oktober 2005 kurz nach dem Börsengang in New York in Folge mutmaßlich gefälschter Bilanzen zusammengebrochen. Banken, Anleihenbesitzer und Aktionäre verloren zusammen mehr als 1 Mrd. Dollar (728 Mio. Euro). Erst in Folge dieser Pleite waren die spekulativen Geschäfte der BAWAG in der Karibik aufgeflogen, die nun Prozessgegenstand sind. Die Geschäftsbeziehung zu Refco riss die BAWAG um ein Haar endgültig in den wirtschaftlichen Abgrund, wie der Anklageschrift zu entnehmen ist: “1998 betrug der Verlust (der BAWAG, Anm.) 639 Millionen Dollar, 2006 rund 2,5 Milliarden Euro – einschließlich ’Refco-Blitzkredit’ und Verpflichtungen aus dem Vergleich mit den Refco-Gläubigern.“

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