Schengen-Veto - Rumänien ruft seinen Botschafter in Österreich zurück

Rumänien greift nach dem Veto Österreichs gegen den Schengen-Beitritt des Landes zu drastischen diplomatischen Mitteln, um die Eiszeit zwischen Bukarest und Wien zu signalisieren: Das rumänische Außenamt rief am Donnerstag seinen Botschafter in Österreich, Emil Hurezeanu, für Konsultationen in das Heimatland zurück.
Rumänien-Botschafter in Österreich wurde zurückgerufen
Der Beschluss stelle eine "politische Geste" dar, um Rumäniens Position gegenüber der Haltung Österreichs zu verdeutlichen, die man dezidiert missbillige, hieß es in einer Aussendung des Außenministeriums in Bukarest. Für wie lange Zeit Rumäniens Botschafter in Österreich seinem Posten fernbleiben werde, wurde nicht gesagt. Derzeit halte sich Hurezeanu noch in Österreich auf, hieß es am Freitagmittag.
Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) bedauerte den Schritt am Freitag vor Journalisten. Der Minister werde selbst das Gespräch suchen, kündigte er an und rief dazu auf, die Diskussionen "dort zu lassen, wo sie sind". Es gehe letztlich um die "politisch-technische Frage", wie man den Schengenraum so gestalte, dass er Sicherheit biete und das halte, wofür er geschaffen wurde: "Mobilität nach Innen und Sicherheit nach Außen", so Schallenberg.
Um ein Veto handle es sich nicht, betonte Schallenberg gegenüber mehreren Sendern. "Wir sind nicht ein Staat, der blockiert und Veto einlegt". Vielmehr handle es sich um einen "Hilferuf". Denn Österreich sei bei Migrationsthematiken "immer gleich ein Frontstaat".
Schallenberg unterstrich gute Beziehungen zu Rumänien
Er sehe keinen Anlass dazu, daraus ein "Zerwürfnis" zu machen, sagte Schallenberg und unterstrich die guten Beziehungen zu Rumänien und zum rumänischen Außenminister Bogdan Aurescu. Dass Österreich ein Top Investor in Rumänien sei, zeige "das große Vertrauen" in die Entwicklung des Landes, so der Minister.
In einer offiziellen Stellungnahme betonte das Außenministerium anschließend, dass die Haltung Österreichs keineswegs gegen Rumänien (oder Bulgarien) gerichtet sei, "sondern es uns um gemeinsame Anstrengungen für die europäische Sicherheit geht. So erkennen wir auch die umfassenden Bemühungen Rumäniens explizit an." Zudem handle es sich "dabei um kein definitives Nein Österreichs zur Schengenerweiterung", hieß es. Vielmehr wolle man mit Rumänien und Bulgarien "weiter zur Perspektive des Schengen-Beitritts - mit klarem Zeitfenster - im Gespräch bleiben". Der intensive Dialog - auch auf höchster Ebene - solle den nächsten Tagen und Wochen fortgesetzt werden. "Dies ist uns gerade auch in Anbetracht unserer traditionell ausgezeichneten bilateralen Beziehungen, die nicht zuletzt auch im Wirtschaftsbereich besonders eng sind, ein großes Anliegen."
Bundespräsident Van der Bellen bedauert Schengen-Veto
Bundespräsident Alexander Van der Bellen dagegen bedauerte das Veto Österreichs gegen die Aufnahme von Bulgarien und Rumänien"außerordentlich". Österreich befinde sich wegen des Zustroms von Flüchtlingen und Migranten zwar in einer äußerst schwierigen Situation. "Aber die Verbindung, die Verknüpfung dieses Problems mit dem Schengen-Beitritt Rumäniens und Bulgariens, muss ich leider gestehen, die sehe ich nicht", so Van der Bellen am Freitag.
FPÖ-Kritik an Bundespräsident Van der Bellen
FPÖ-Obmann Herbert Kickl kritisierte die Aussagen Van der Bellens und meinte, "bedauerlich" sei tatsächlich "nur die österreichfeindliche Haltung des Bundespräsidenten"."Seit Monaten kämpfen wir in Österreich mit einem noch nie dagewesenen Ansturm an illegalen Einwanderern, die unser Land überrollen." Van der Bellen "fällt unserem Land in den Rücken", erklärte Kickl in einer Aussendung.
Offener Brief von Holender an Bundeskanzler Nehammer nach Schengen-Veto
Der am längsten amtierende Direktor der Wiener Staatsoper, Ioan Holender, richtete angesichts des Vetos Österreichs gegen den Beitritt Rumäniens zum Schengenraum ein offenes Schreiben an Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP). Er sei konsterniert und schäme sich "für den Beschluss dieser Bundesregierung, zitierte die rumänische Tageszeitung "Libertatea" am Freitag aus Hollenders Schreiben. Der 87-jährige rumänisch-österreichische Ausnahmekünstler forderte ein "umgehendes Umdenken in puncto Blockade gegen Rumänien", es gebe faktisch nämlich keinerlei Grund dafür.
Kritik an Schengen-Veto aus Italien und Ungarn
Unverständnis über die Entscheidung Österreichs äußerten auch die in Migrationsfragen als Hardliner bekannten Rechtsregierungen in Italien und Ungarn. Der italienische Innenminister Matteo Piantedosi sprach am Donnerstagabend von einem "traurigen Tag für die EU" und einer "enttäuschenden Sitzung". Beim Treffen der EU-Innenminister sei er "Zeuge der unverständlichen und ungerechtfertigten Demütigung zweier Länder wie Bulgarien und Rumänien" geworden, erklärte Paintedosi. Der ungarische Außenminister Péter Szijjártó zeigte sich ebenfalls enttäuscht, dass der Beitritt Rumäniens und Bulgariens zum Schengenraum abgelehnt worden seien, "obwohl beide es verdient hätten".
(APA/Red)