Schengen-Beitritt Kroatiens: Karner will sich nicht festlegen

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) relativierte die österreichische Veto-Drohung für eine Erweiterung des Schengen-Raums zumindest in Bezug auf Kroatien. Innenminister Gerhard Karner deutete an, dass Kroatiens Grenzschutz nicht als Problem gesehen wird.
EU-Kommission empfahl Erweiterung des Schengen-Raums
Die EU-Kommission hatte am vergangenen Mittwoch die Erweiterung des grenzkontrollfreien Schengen-Raums auf Kroatien, Bulgarien und Rumänien empfohlen. Karner zeigte sich darob wenig begeistert: "Wenn das System nicht funktioniert, kann ich doch ein System, das nicht funktioniert, nicht noch größer machen, und daher gibt es hier von mir als Innenminister, verantwortlich für die Sicherheit, aus jetziger Sicht ein klares Nein", ließ er wissen. In Kroatien sorgte dies für Aufregung.
Genau dorthin führt am heutigen Mittwoch Kanzler Nehammer eine Dienstreise. Wohl um die Wogen im Vorfeld etwas zu glätten, relativierte der Kanzler Karners Veto-Drohung am Vorabend: "Aus Kroatien spüren wir kaum einen Migrationsdruck in den Norden. Da Kroatien den Grenzschutz vorbildlich erfüllt, sehe ich da kein Problem. Über die Länder wird ja einzeln abgestimmt."
Karner will sich bezüglich Schengen-Beitritt Kroatiens nicht festlegen
Karner wollte darin vor dem Ministerrat offenbar keinen Widerspruch erkennen: Der Vorschlag der EU-Kommission, der alle drei Länder umfasse, sei "überfallsartig" gekommen, meinte der Innenminister auf Journalistenfragen. Dieser Vorschlag mit allen drei Ländern komme "nicht infrage". Der Bundeskanzler und er hätten ein gemeinsames Ziel. Mit Verweis auf die Schlepperrouten deutete Karner durchaus an, dass Kroatien nicht das Problem wäre - eine klare Antwort auf die Frage nach einem Veto gegen Kroatien gab der Minister aber trotz mehrerer Versuche nicht: "Wir verhandeln derzeit intensivst", meinte er bloß, nun müsse er in den Ministerrat, entschuldigte er sich.
Karner reist Mittwochabend nach Prag
Mittwochabend reist der Innenminister nach Prag. Dort will er vor allem zwei Forderungen aufs Tapet bringen, wie Karner zuvor mitteilte: Die Kommission solle die Unterstützung des Grenzschutzes in betroffenen Ländern finanzieren. Zudem fordere er eine Art "Zurückweisungsrichtlinie". Demnach solle die Kommission prüfen, wie es rechtlich möglich wäre, sich Einzelfallprüfungen zu ersparen bei jenen, "die praktisch keine Chance auf Asyl haben". Umgekehrt habe man es ja auch für die Ukrainer geschafft, innerhalb weniger Tage die Vertriebenenrichtlinie in Kraft zu setzen, erinnerte Karner.
Karner will Kampf gegen illegale Migration fortsetzen
Der Innenminister versicherte jedenfalls, den "Kampf gegen die illegale Migration und die Schleppermafia mit aller Konsequenz" fortsetzen zu wollen. Erst vor wenigen Tagen habe er sich selbst ein Bild an der burgenländisch-ungarischen Grenze gemacht. Allein in diesem Jahr habe es hunderttausend Aufgriffe gegeben, 75.000 davon seien davor nicht registriert gewesen - Österreich sei ein Binnenland, "da läuft etwas falsch", bekräftigte Karner seine Kritik. Es sei notwendig, dass das System geändert werde.
Österreich hat derzeit am Westbalkan über 110 Beamte stationiert, die beim Grenzschutz unterstützen sollen. Die Zuschläge für Polizisten im Auslandseinsatz werden ab 1. Dezember angehoben, kündigte Karner an. Die Erhöhung beträgt 1.100 Euro brutto, was etwa 600 Euro netto ausmacht.
Krisper: ÖVP soll Widerstand gegen europäische Lösungen aufgeben
Die NEOS-Sprecherin für Inneres, Stephanie Krisper, unterstrich am Mittwoch, dass "die ÖVP endlich ihren Widerstand gegen europäische Lösungen aufgeben" sollte. "Denn von einer Verteilung der registrierten Asylwerber:innen auf alle EU-Staaten mit Residenzpflicht in diesen Ländern würde Österreich ganz besonders profitieren, Karners ewige Schuldzuweisungen bringen hingegen genau niemandem etwas", so Krisper in einem der APA übermittelten Statement.
Die FPÖ sprach von "Scheindebatten innerhalb der ÖVP", die "angesichts der Asylflut, mit der wir konfrontiert sind, eine Zumutung für Österreich" seien: "Nehammer, Karner und Co tragen ihre Streitigkeiten, ihre Widersprüchlichkeiten sowie ihr eigenes epochales Scheitern im Zusammenhang mit der gigantischen Völkerwanderungskrise auf peinlichste Weise auf offener Bühne aus", so FPÖ-Sicherheitssprecher Hannes Amesbauer in einer Aussendung. "Die Situation ist zu ernst für dieses unglaubwürdige Schmierentheater der ÖVP."
(APA/Red)