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Schellen-Ursli - Trailer und Kritik zum Film

Herzige Kinder, gut dressierte Tiere, eine Postkartenlandschaft, ein Bilderbuchdorf, volkstümliche Nostalgie und mit Xavier Koller ("Reise der Hoffnung" ein Oscar-Preisträger als Regisseur: Bei der Kinderbuch-Verfilmung "Schellen-Ursli", die am Freitag ins Kino kommt, konnte eigentlich nichts schief gehen. Ist es auch nicht.

Wer die Geschichte vom Schellen-Ursli kennt, weiß, sie ist zu kurz für einen abendfüllenden Spielfilm. Im Film bildet sie gleichsam nur noch den Schlusspunkt. Mit seinem waghalsigen Aufstieg zum Maiensäß, um die große “Plumpa” zu holen, rächt sich der Bub für viel mehr Demütigungen als bloß die Zuteilung der kleinsten Schelle für den Brauch des Chalandamarz: Zuvor wurde ihm sein Zicklein weggenommen und die imposante Glocke, die ihm der Onkel zum Geburtstag geschmiedet hat.

Schellen-Ursli – Die Geschichte

Auch seinen Eltern wurde etwas gestohlen – der Ertrag eines ganzen Alpsommers. Von wem, erfährt der Zuschauer gleich zu Beginn. Aber selbst wenn es nicht so wäre, wären die Übeltäter schnell ausgemacht: Es sind der Gemeindepräsident Armon, der zugleich Dorfkrämer und Kredithai ist, und sein Sohn Roman, gleichsam sein Mini-Me. Wie im klassischen Disney-Trickfilm ist ihnen die Bösartigkeit ins Gesicht geschrieben.

Dem reichen, mächtigen und diabolischen Duo gegenübergestellt ist die herzensgute Familie von Uorsin und der mit ihr befreundeten Familie von Uorsins Freundin Seraina. Alle bettelarm, halten sie zusammen und helfen einander, wo sie können. Eigentlich ist Uorsin kein “Meitlischmöcker”, aber Seraina erobert seinen Respekt, indem sie sich im Fall des Käse-Raubs als Detektivin und auch ein bisschen als kleine Rachegöttin bewährt. Dennoch kommt es fast zur Katastrophe – verhindert nur durch Uorsins Gabe, mit den Tieren reden zu können und dank seinem Freund, dem Wolf.

Schellen-Ursli – Die Kritik

So fern die gekonnt ausgebaute Story von Xavier Koller und Stefan Jäger dem Bilderbuch auch scheint, sie bleibt ihm ganz nah: Jede einzelne Illustration, die Alois Carigiet zu Selina Chönz’ Text gemalt hat, ist im Film originalgetreu nachgestellt. Um ruhiger drehen zu können, wurde nicht im Schellenursli-Dorf Guarda gefilmt, sondern im Weiler Sur En, der mit zusätzlichen Häusern und Kulissen-Fassaden als Guarda “verkleidet” wurde. Über eine halbe Million Franken kostete laut Produzenten allein die Ausstattung.

Aber die detailverliebte Originaltreue hat sich gelohnt: Als Ursli über die morsche Brücke geht, stockte einem schon als Bilderbuch lesendes Kind der Atem – im Film verursacht einem die Szene beinahe einen Herzstillstand. Überhaupt gibt es einiges an Action – besonders in den Wolfsszenen, aber etwa auch bei Urslis Talfahrt auf der “Plumpa”.

Xavier Koller hat auch sprachlich auf Perfektion bestanden: Alle Darsteller sprechen Bündner Dialekt. Nicht nur die Bündner Tonia Maria Zindel (Urslis Mutter), Andrea Zogg (Pfarrer) und Peter Jecklin (Lehrer) – auch der Berner “Goalie” Marcus Signer (Uorsins Vater), der Zürcher Leonardo Nigro (Armon) und der Schaffhauser Martin Rapold (Freund von Uorsins Familie).

Die Kinderdarsteller sind eine Klasse für sich. Jonas Hartmann als Uorsin ist ein Herzensbrecher und er weiß es auch: Dank viel Selbstvertrauen spielt er den Draufgänger ganz natürlich. Julia Jeker gibt die altkluge Seraina, die sie offenbar auch im wahren Leben ist, hat sie doch eine Klasse übersprungen. Laurin Michael als Roman hatte nicht den schwersten Job – Bösewichte sind einfach – aber er macht ihn gut.

Mit seiner urchigen Märchenhaftigkeit könnte der Film durchaus ein Welterfolg werden – so versessen, wie die Amerikaner und Japaner auf Schweizer Alpenromantik sind. Sicher aber dürfte “A Bell for Ursli” – so der internationale Titel – dem Tourismus im Unterengadin einigen Schub verleihen. Dass der Film haarscharf an der Kitsch-Kante operiert, dürfte ihm eher nützen als schaden.

(APA)

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