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Scharfe Kritik von Doskozil an Nehammer-Plänen zu Asylzentren

Doskozil (r) kritisierte Nehammer wegen seiner Aussagen zur Flüchtlingszentren scharf.
Doskozil (r) kritisierte Nehammer wegen seiner Aussagen zur Flüchtlingszentren scharf. ©APA
"So einen Blödsinn habe ich überhaupt noch nicht gehört": Hans Peter Doskozil zeigt sich von den Plänen von Innenminister Karl Nehammer bezüglich grenznaher Asylzentren alles andere als begeistert.

Mit scharfer Kritik hat der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) auf die Ankündigung von Innenminister Karl Nehammer (ÖVP), grenznahe Asylzentren einrichten zu wollen, reagiert. Er sei schon länger in der Politik, "aber so einen Blödsinn habe ich überhaupt noch nicht gehört", sagte Doskozil im Gespräch mit der APA am Dienstag. Er sah einen "Anschlag aufs Burgenland".

Landeshauptmann Doskozil kündigt Widerstand gegen Pläne an

Das Burgenland, in dem im Übrigen am Sonntag der Landtag neu gewählt wird, werde sich mit allen Mitteln gegen die Pläne von Türkis-Grün wehren. "Er braucht gar nicht zu Gesprächen ins Burgenland kommen", so Doskozil an die Adresse Nehammers. Der Auftritt des Innenministers sei für ihn enttäuschend und habe gezeigt, dass sich Nehammer offensichtlich in der Materie nicht auskenne. "Das ist nicht nur traurig für die Politik und das Innenministerium, sondern auch für die Menschen im Land." Diese würden nämlich darauf vertrauen, dass die Politik die Probleme löse und nicht PR mache und Schlagwörter produziere.

Ein Asylaufnahmezentrum an der ungarischen Grenze würde Traiskirchen ins Burgenland verlegen. Das sei "eine Farce und ein Anschlag aufs Burgenland". Das sei nicht ernst zu nehmen. Er erwarte sich von der burgenländischen ÖVP und den Grünen eine klare Positionierung dagegen, so Doskozil.

"Die wichtigste Herausforderung aktuell sind Rückführungen in Herkunftsländer. Denn derzeit sind die negativen Asylbescheide nicht umsetzbar. Das ist das größte Problem und das zieht an." Österreich brauche keine neuen Aufnahmezentren, wenn die Verfahren schneller erledigt und Rückführungen konsequent durchgeführt werden würden.

Immer mehr Migranten an Grenze aufgegriffen

Es sei schon verwunderlich, dass Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) angeblich die Balkan-Route geschlossen habe, aber noch immer zwei Drittel der Asylwerber von der Balkan-Route kommen. Doskozil verwies auf steigende Aufgriffszahlen: Während es zuletzt 40 bis 50 pro Woche gewesen seien, wurden vergangene Woche 144 Migranten aufgegriffen. "Wenn er die Balkan-Route schließen kann, wird er wohl auch Rückführungsabkommen schließen können", so Doskozil spitz in Richtung Kanzler Kurz.

Doskozil warf Nehammer vor, sich mit der Thematik nicht auseinandergesetzt zu haben. "Wir sind auf diese Spielchen nicht neugierig." Österreich habe sich einen Innenminister verdient, "der den Aufgaben gewachsen ist".

Nehammer will nicht von "Asylzentren" sprechen

Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) rudert angesichts der Aufregung um das am Montag angekündigte Asylzentrum an der Ost- oder Südgrenze zurück. "Wir brauchen keine neuen Asylzentren sondern Schnellverfahren an der Grenze, um das Weiterwinken nach Österreich und Mitteleuropa zu stoppen", sagte Nehammer in einer Aussendung. Auf weitere Details wollte sich das Ministerium nicht einlassen.

Nehammer hatte am Montag in der "ZiB 2" angekündigt, einen Standort für die rasche Abklärung von Asylverfahren im Grenzbereich zu Ungarn, Slowenien oder Italien zu suchen. Dort sollen "Polizei, das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl in einem Gebäude" untergebracht sein. Nehammer hatte explizit von einem "Asylzentrum" gesprochen, in dessen Umgebung sich die Asylwerber für die Dauer des Verfahrens verpflichtend aufhalten sollen ("Wohnsitzauflage").

Angesichts heftigen Widerstands aus dem wahlkämpfenden Burgenland nahm der Minister die Ankündigung am Dienstag etwas zurück und betonte, dass man keine neuen Asylzentren brauche, sondern Schnellverfahren an der Grenze. "Wer beispielsweise in Italien ankommt, betritt dort erstmals europäischen Boden und Italien ist laut Dublin-Verordnung dafür zuständig. Wer sich in Slowenien oder Ungarn befindet, der ist in Sicherheit und hat nicht das Recht sich auszusuchen, wo er einen Asylantrag stellen kann", hieß es dazu in einer Aussendung.

Regierungsprogramm sieht raschere Asylverfahren vor

Das Ministerium erläuterte auf APA-Anfrage, dass in diesem Schnellverfahren nach einem Grenzübertritt rasch geklärt werden soll, ob die betreffenden Personen in Schubhaft genommen oder via Dublin-Verfahren in ein anderes EU-Land gebracht werden können. Ob im Fall des Falles auch das gesamte Asylverfahren in Grenznähe abgewickelt werden soll oder Asylwerber wie bisher in Erstaufnahmezentren wie Traiskirchen gebracht werden sollen, blieb am Dienstag offen: "Dazu arbeiten wir im Detail ein Konzept aus."

Im Regierungsprogramm ist übrigens nicht explizit von neuen Asyleinrichtungen im Grenzbereich die Rede. Sehr wohl ist dort aber die "Schaffung eines beschleunigten, modernen, grenznahen Asylantragsverfahrens im Binnen-Grenzkontrollbereich" angekündigt. Dort sollen "die ersten Schritte im Asylverfahren" unter Berücksichtigung der bestehenden "Wohnsitzauflage" abgewickelt werden.

Sollte das Innenministerium lediglich die Erstbefragung von Asylwerbern in Grenznähe durchführen wollen, dann wären dafür übrigens keine neuen Einrichtungen nötig. Es gibt bereits in fast allen Bundesländern entsprechende Verfahrenszentren. Für die Asylverfahren selbst werden die Betroffenen dann in die Erstaufnahmezentren überstellt.

Weitere betroffene Landeshauptleute zurückhaltend

Seitens der Grünen erinnerte Klubchefin Sigrid Maurer den Minister daran, dass im Regierungsprogramm nur davon die Rede sei, das Zulassungsverfahren zum Asylverfahren grenznah abzuwickeln und nicht die weiteren Schritte. Nehammer habe sich hier zunächst unpräzise ausgedrückt, glaubt Maurer.

Scharfe Kritik kam dagegen von der FPÖ: Klubchef und Ex-Innenminister Herbert Kickl sprach von einer "Drohung an sämtliche Grenzlandgemeinden". Der Plan sogenannter grenznaher Asylverfahren sei ein "reiner PR-Gag" und Nehammer sichtlich überfordert. "Ganz im Gegenteil drohen dadurch zusätzliche Asyl-Aufnahmestellen." Und das, obwohl schon jetzt ausreichend Kapazitäten vorhanden seien und lange Wege für Asylbeamte und Verwaltungsrichter drohen.

Zurückhaltender - aber auch nicht begeistert - reagierten die Landeshauptleute aus den anderen potenziell betroffenen Ländern: Steiermarks Hermann Schützenhöfer (ÖVP) verwies darauf, dass sein Land in Vordernberg ohnehin schon ein Anhaltezentrum beherbergt. Kärntens Peter Kaiser (SPÖ) würde zwar beschleunigte Asylverfahren begrüßen, warnte aber vor "Ankündigungs-Show-Politik". Und Tirols Günther Platter (ÖVP) forderte die Einbindung der Länder.

(APA/Red)

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