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Schallenberg: "Wir müssen handeln, bevor Probleme an unsere Grenzen kommen"

Alexander Schallenberg und Klaudia Tanner sind sich einig.
Alexander Schallenberg und Klaudia Tanner sind sich einig. ©APA/HANS KLAUS TECHT
Der Hauptausschuss des Nationalrats hat am Dienstag Grünes Licht für eine Reihe von Entsendungen zu internationalen Missionen gegeben.

Einsätze im Libanon, in der Ukraine und anderen Ländern sollen fortgesetzt werden. Neue Entsendungen sind nach Jordanien, Kirgisistan und an den Golf von Guinea geplant, wie die Parlamentskorrespondenz berichtete.

"Mehr Engagement und nicht weniger"

Laut Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) brauche es in der aktuellen Weltlage "mehr internationales Engagement und nicht weniger". Man könne sich mit den Problemen nicht erst auseinandersetzen, wenn sie an Österreichs Landesgrenzen angekommen seien, sagte er. Der Schwerpunkt liege in den Regionen Naher Osten, Osteuropa, Südkaukasus, Westbalkan sowie auf der afrikanischen Krisenzone. Österreich sei dort tätig, wo es um eigene Interessen gehe. Die Entsendungen seien kein Selbstzweck, betonte der Außenminister.

Für Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ebenfalls ÖVP) wiederum steht außer Zweifel, dass Österreich mit den Auslandseinsätzen einen wichtigen Beitrag zum internationalen Krisenmanagement leiste.

Entsendungen in den Libanon, den Irak und nach jordanien befürwortet

Zur Interimstruppe der Vereinten Nationen im Libanon (UNIFIL) werden im kommenden Jahr weiterhin bis zu 570 Mitglieder des Bundesheers entsandt. Die Bundesregierung erachte den Einsatz vor dem Hintergrund jüngster Eskalationen zwischen dem Libanon und Israel sowie aufgrund der anhaltend prekären politischen und wirtschaftlichen Lage im Libanon für notwendig, hieß es.

Alle Fraktionen gaben dafür im Ausschuss grünes Licht. Verteidigungsministerin Klaudia Tanner betonte, dass die 136 derzeit entsandten Soldatinnen und Soldaten das Rückgrat der Mission bilden würden. Auch Außenminister Alexander Schallenberg zollte den dort stationierten Bundesheerangehörigen Dank und Anerkennung. Sie seien den Gefährdungen im Libanon stark ausgesetzt, wobei der Waffenstillstand nun "ein Licht am Ende des Tunnels" sei.

Teilnahme an NATO-Mission im Irak wird forgesetzt

Auch die Teilnahme an der NATO-Mission im Irak (NMI) wird fortgesetzt. Im Hauptausschuss stimmten ÖVP, SPÖ, NEOS und Grüne dafür, bis zu zehn Mitglieder des Verteidigungsministeriums und bis zu 50 Angehörige des Bundesheers bis Ende 2025 weiterhin in den Irak zu entsenden. Die NMI unterstützt den Irak beim Aufbau eines Sicherheitssektors, der für die Bewältigung gegenwärtiger und künftiger Herausforderungen, insbesondere den Kampf gegen Terrorismus, gerüstet sein soll.

Neu ist die geplante Entsendung von bis zu 40 Personen aus dem Verteidigungsministerium sowie bis zu 50 weiteren Bundesheerangehörigen zu einer NATO-Initiative nach Jordanien (NATO DCB-I JOR). Ziel ist der Aufbau von Kapazitäten im Verteidigungs- und Sicherheitssektor. Es handelt sich laut Vorlage um eine nicht-exekutive militärische Beratungs- und Unterstützungsinitiative der NATO und ihrer Mitglieds- sowie Partnerstaaten mit zivilem Anteil. Die österreichische Teilnahme an der Initiative dauert nun bis Ende 2025.

Eine Mehrheit gab es auch für die Fortsetzung der Teilnahme an der maritimen EU-Operation im Roten Meer (EUNAVFOR ASPIDES). Bis zu fünf Angehörige des Verteidigungsministeriums und bis zu 50 weitere Mitglieder des Bundesheers werden bis Ende 2025 weiterhin entsandt. Angesichts der Angriffe der Houthi auf Handelsschiffe im Roten Meer soll die Operation die Freiheit der Schifffahrt sicherstellen.

Weiterhin bis zu 65 Angehörige des Bundesheers werden bis Ende 2025 außerdem zur Militäroperation der Europäischen Union im Mittelmeer (EUNAVFOR MED Operation IRINI) entsandt. Der Fokus der Operation liegt auf der Durchsetzung des Waffenembargos gegen Libyen durch Luftüberwachung, Satelliten- und maritime Komponenten. Die Entsendung passierte den Hauptausschuss einstimmig.

Bis Ende 2025 fortgesetzt wird auch die Entsendung von bis zu fünf Polizisten und Polizistinnen als Missionsangehörige und bis zu vier Personen aus dem Innenministerium für unterstützende Tätigkeiten zur integrierten Grenzverwaltungsmission der EU nach Libyen (EUBAM Libyen). Die Mission soll dazu beitragen, die Kapazitäten der libyschen Behörden auszubauen, um die Landesgrenzen zu schützen. Alle Fraktionen befürworteten im Ausschuss die Entsendung.

Zur Friedenstruppe der Vereinten Nationen in Zypern (UNFICYP) werden weiterhin bis zu 58 Angehörige des Bundesheers entsandt. Der Hauptausschuss stimmte einhellig für die Fortsetzung der Entsendung bis Ende des Jahres 2025. Auftrag der Mission ist es, eine Wiederaufnahme der bewaffneten Auseinandersetzung zwischen griechischen und türkischen Zyprioten zu verhindern.

Zur EU-Mission für eine Reform des zivilen Sicherheitssektors in der Ukraine (EUAM Ukraine) sollen ebenfalls weiterhin bis zu fünf Polizisten und bis zu vier weitere Angehörige des Innenministeriums entsandt werden. Es handelt sich laut Vorlage um eine zivile Mission, die die ukrainischen Behörden bei Reformen in Strafverfolgung und Sicherheit sowie bei der Wiederherstellung von Regierungsfunktionen und Rechtsstaatlichkeit in zurückeroberten Gebieten unterstützt. Der Entsendung für ein weiteres Jahr bis Ende 2025 stimmten ÖVP, SPÖ, NEOS und Grüne zu.

Österreich auch in Georgien und Moldau mit Beobachterstatus aktiv

Bis zu drei Polizistinnen und Polizisten sowie bis zu fünf Angehörige des Bundesheers mit Beobachterstatus sowie bis zu 30 weitere Mitglieder des Bundesheers werden bis Ende 2025 weiterhin zur EU-Beobachtermission in Georgien (EUMM Georgien) entsandt. Ziel der Mission ist unter anderem, den Rückzug der russischen Truppen aus dem Land zu beobachten.

Auch in der Republik Moldau wird Österreich weiter vertreten sein. Bis zu zehn Personen aus dem Verteidigungsministerium und bis zu 50 Bundesheerangehörige werden zur OSZE-Mission entsandt. Im Fokus der Mission stehen unter anderem die Lagersicherheit und Lagerverwaltung von Klein- und Leichtwaffen sowie Munition, die Vernichtung von veralteter Munition sowie Ausbildung und Training.

Ziel der EU-Partnerschaftsmission in Moldau (EUPM Moldova) ist es, dazu beizutragen, dass der Sicherheitssektor im Land resilienter wird. Österreich wird die Mission weiterhin bis Ende des kommenden Jahres mit bis zu fünf Polizist:innen, drei Mitgliedern des Bundesheers, vier Mitgliedern des Innenministeriums und bis zu 50 weiteren Bundesheerangehörigen unterstützen.

Drei Polizistinnen und Polizisten und vier Mitglieder des Innenministeriums sowie bis zu 55 Angehörige des Bundesheers werden bis Ende 2025 weiterhin die EU-Mission in Armenien (EUM Armenien) verstärken. Dafür gab der Hauptausschuss ebenfalls ohne die Stimmen der Freiheitlichen grünes Licht. Die Mission soll angesichts der Konflikte um die Grenze zwischen Armenien und Aserbaidschan dazu beitragen, die Vorfälle in den betroffenen Grenzgebieten Armeniens zu verringern und die Beziehungen zu Aserbaidschan zu normalisieren.

Ins Programmbüro der OSZE in Kirgisistans Hauptstadt Bischkek werden im kommenden Jahr erstmals bis zu zehn Personen aus dem Verteidigungsministerium und bis zu 30 Bundesheermitglieder entsandt. Aktivitäten des Programmbüros betreffen insbesondere die Lagersicherheit von Waffen und Munition.

Präsenz im Westbalkan wird fortgesetzt

Auch am Westbalkan wird die Präsenz Österreichs bis Ende 2025 fortgesetzt. Der Hauptausschuss sprach sich einhellig für mehrere Entsendungen aus. Außenminister Schallenberg sprach von einem wichtigen "rot-weiß-roten Fußabdruck" in der Region.

Am multinationalen Friedenseinsatz im Kosovo (KFOR) wird Österreich kommendes Jahr mit einem reduzierten Kontingent von bis zu 600 Bundesheerangehörigen teilnehmen. Im Jahr 2024 wurden noch bis zu 900 Personen entsandt. Hauptaufgabe ist die Aufrechterhaltung eines sicheren und stabilen Umfelds im Kosovo.

Die Übergangsverwaltung der Vereinten Nationen im Kosovo (UNMIK) wird ebenfalls weiterhin mit einer Person aus dem Innenministerium als Police Operations Liason Officer, einer Person aus dem Verteidigungsministerium sowie bis zu 50 Bundesheerangehörigen unterstützt.

Fortgesetzt wird auch die Entsendung von bis zu zehn Polizeiangehörigen und bis zu drei Personen aus dem Justizministerium zur EU-Rechtsstaatlichkeitsmission im Kosovo (EULEX KOSOVO).

Bis zu 700 Angehörige des Bundesheers werden weiterhin zur EU-Militäroperation in Bosnien und Herzegowina (EUFOR ALTHEA) entsandt, um gewaltsame Ausschreitungen zu verhindern und zur Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung beizutragen.

Bis zu 200 Mitglieder des Bundesheers sollen bis Ende 2025 weiterhin als operative Reservekräfte für den multinationalen Friedenseinsatz im Kosovo (KFOR) und EUFOR ALTHEA bereitgehalten werden, um bei Bedarf kurzfristig die Operationen im Kosovo bzw. in Bosnien und Herzegowina zu verstärken.

Mehrheitlich genehmigt wurde zudem die Entsendung zur OZSE-Mission in Montenegro. Die Mission zur Lagersicherheit und Lagerverwaltung von Waffen und Munition unterstützen kommendes Jahr weiterhin bis zu 10 Angehörige des Verteidigungsministeriums und bis zu 50 weitere Angehörige des Bundesheers..

Missionen in Mosambik und am Golf von Guinea

Um die mosambikanischen Streitkräfte bei der Entwicklung und Verbesserung von Fähigkeiten zu unterstützen, werden bis Ende 2025 weiterhin bis zu 30 Mitglieder des Verteidigungsministeriums und bis zu 50 weitere Angehörige des Bundesheers zur Unterstützungsmission der EU-Mission in Mosambik (EUMAM Mozambique) entsandt.

Erstmals sollen bis zu 30 Angehörige des Verteidigungsministeriums und bis zu 50 Mitglieder des Bundesheers zur Sicherheits- und Verteidigungsinitiative der EU zur Unterstützung der Westafrikanischen Staaten des Golfes von Guinea (EUSDI GoG) entsandt werden. Die Initiative soll die Elfenbeinküste, Ghana, Togo und Benin bei der Entwicklung von Fähigkeiten der Sicherheits- und Verteidigungskräfte unterstützen. Die österreichische Beteiligung ist vorerst bis Ende 2025 geplant. Laut Außenminister Schallenberg hat Österreich ein "massives geostrategisches Eigeninteresse für eine stabilisierende Präsenz" in dieser Region.

(APA)

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