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Schallenberg trifft Blinken: Solidarität mit Ukraine im Fokus

Alexander Schallenberg trifft seinen US-Amtskollegen Antony Blinken.
Alexander Schallenberg trifft seinen US-Amtskollegen Antony Blinken. ©REUTERS (Symbolbild)
Am Dienstagnachmittag traf Außenminister Alexander Schallenberg seinen US-Amtskollegen Antony Blinken. Bei dem Treffen soll vor allem die Solidarität für die Ukraine im Fokus sein.

Es gelte zudem, das enge Verhältnis zu den USA weiter zu festigen, "sowohl politisch als auch wirtschaftlich", betonte Schallenberg schon im Vorfeld der Reise.

"Es gibt eine Riesenanerkennung, für das, was wir leisten." Eine zufriedene Bilanz zog Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) am Dienstagabend (Ortszeit) in Washington nach einem Treffen mit seinem US-Amtskollegen Antony Blinken. Die USA wüssten die humanitäre Hilfe, die Österreich für die von Russland angegriffene Ukraine leiste zu schätzen, resümierte Schallenberg und zitierte Blinken: "Ihr seid neutral, ohne neutral zu sein."

Schallenberg: Österreich leiste humanitäre Hilfe mit Wirtschaftsleistung

Österreich sei zwar militärisch neutral, hielt Schallenberg diesbezüglich neuerlich fest, leiste aber in Bezug auf seine Wirtschaftsleistung die stärkste humanitäre Hilfe überhaupt. Das werde auch von den USA erkannt und gewürdigt, meinte er nach dem rund einstündigen Gespräch. Der russische Angriff auf die Ukraine am 24. Februar des Vorjahrs habe die Augen geöffnet, so Schallenberg. 500 Kilometer von Österreich entfernt gebe es wieder Krieg. Da heiße es, an einem Strang zu ziehen. Natürlich gebe es auch unter den westlichen Partnern bisweilen unterschiedliche Meinungen, das sei aber kein grundsätzliches Problem und kein Zeichen von Schwäche. "Es gibt eine neue Tonalität in der transatlantischen Partnerschaft." Es sei auch normal, dass alle weiteren Schritte gut überlegt werden müssten.

Blinken erklärte, die USA wüssten um die Hilfe, die Österreich der Ukraine zukommen lasse. Zudem würdigte er die Rolle Österreichs am Westbalkan und als internationaler Vermittler, beispielsweise als Gastgeberland der OSZE (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa).

Schallenberg trifft US-Amtskollegen Blinken

Er arbeite daran, dass es künftig auf verschiedenen Ebenen vermehrt zu "Head-to-Head-Meetings" kommen könne, sagte Schallenberg vor mitgereisten österreichischen Medienvertretern. Schließlich sei das transatlantische Bündnis "einer der Grundpfeiler der österreichischen Außenpolitik", ließ der Außenminister wissen. Schallenbergs Trip in die USA findet laut Außenamt "vor dem Hintergrund multipler Krisen statt". Besprochen werden sollen demnach auch die Folgen des russischen Angriffskriegs auf die europäische und internationale Sicherheitsarchitektur sowie die gemeinsamen Anstrengungen Österreichs und der USA für die Sicherheit und Stabilität der Länder des Westbalkan. Zudem stehen "gemeinsame Herausforderungen wie die Negativspirale im Iran und die Entwicklungen im Nahen Osten und Nordafrika" im Fokus der Gespräche in Washington.

Schallenberg: Ukraine-Krieg werde sich in Jahr 2023 hineinziehen

Bezüglich des russischen Angriffskriegs in der Ukraine hielt Schallenberg fest, dieser werde sich noch weit in das Jahr 2023 hineinziehen. Das "Ende des Leids" sei noch nicht gekommen. Zudem müsse mit "weiteren Eskalationsstufen" gerechnet werden. Dass sich der Krieg also von der Ukraine auch auf den Westen ausbreiten werde, sei damit aber nicht gesagt: "Die NATO und die USA sind darauf bedacht, sich nicht hineinziehen zu lassen." Es sei aber legitim, einem Land, dessen Souveränität angegriffen wurde, bei der Verteidigung zu helfen. Das mache einen "noch nicht zur Kriegspartei".

Jede Krise habe aber auch "ihr Gutes", folgerte der Außenminister. Der Westen habe angesichts der untragbaren Ereignisse in der Ukraine eine beeindruckende Geschlossenheit gezeigt. Es gelte aber immer das Augenmaß zu bewahren und nicht "über das Ziel hinauszuschießen". Es sei aber legitim, einem Land, dessen Souveränität angegriffen wurde, bei der Verteidigung zu helfen. Das mache einen "noch nicht zur Kriegspartei". Der Westen habe angesichts der untragbaren Ereignisse in der Ukraine bisher aber eine beeindruckende Geschlossenheit gezeigt, lobte Schallenberg. Es gelte aber immer das Augenmaß zu bewahren und nicht "über das Ziel hinauszuschießen".

Schallenberg: Es gehe um weltanschauliche Geostrategien

Es gehe eben auch um weltanschauliche Geostrategien und Weichenstellungen, argumentierte Schallenberg. Das gelte etwa auch für die Länder des Westbalkans, für deren EU-Eingliederung Österreich sich ja seit jeher stark gemacht hat. Auch dort würden andere Player als die EU versuchen, Einflussnahme zu üben. Daher sei die Frage folgende: "Können wir unser Lebensmodell implementieren oder andere?", neben Russland und China etwa auch die Türkei oder beispielsweise die Vereinigten Arabischen Emirate.

Die diesbezügliche Expertise und das vielfältige Engagement Österreichs in der Westbalkanregion würden auch in den USA verfolgt. Daher seien sie auch an Gesprächen auf mehreren Ebenen interessiert. "Wir müssen die Nachbarschaft an uns binden", formulierte Schallenberg ein Motto. "Die Amerikaner schätzen das, was wir tun, und nehmen es wahr."

Blinken hätte zu heikler Mission in China aufbrechen sollen

Der US-Außenminister hätte sich unmittelbar vor Schallenbergs Besuch selbst zu einer heiklen Mission in China aufhalten sollen. Es war erwartet worden, dass er in Peking die chinesischen Machthaber zu Wochenbeginn davor warnen werde, sich im Ukraine-Konflikt auf die Seite Russlands zu schlagen. Dann hatte aber ein mysteriöser Ballon im amerikanischen Luftraum für neue schwere Spannungen zwischen den USA und China gesorgt. Die US-Regierung warf Peking Spionage vor und cancelte die Visite. Das US-Militär schoss den mutmaßlichen Spionageballon am Samstag ab. Peking protestierte gegen die "offensichtliche Überreaktion". Das Fluggerät habe lediglich wissenschaftlichen Zwecken gedient und sei von seiner Flugbahn abgekommen.

Die erhöhten Spannungen zwischen den USA und China erfolgen auch vor dem Hintergrund der wachsenden Drohgebärden Pekings gegenüber Taiwan, zu dessen Schutz sich Washington verpflichtet fühlt. Ein Vier-Sterne-General der US-Luftwaffe prognostizierte sogar einen Krieg mit China für das Jahr 2025, was vom Pentagon offiziell jedoch nicht so gesehen wird. Allerdings sind die Machtansprüche Chinas etwa im von ihm beanspruchten "südchinesischen Meer" sowohl den Anrainerstaaten als auch den USA ein Dorn im Auge. Beobachter schätzen die Situation jedenfalls als ziemlich kritisch ein, zumal chinesische und amerikanische Flottenverbände bzw. Kampfflugzeuge in der Region unterwegs sind.

Erdbebenkatastrophe als Thema bei Treffen von Nehammer und Blinken

Im State Department wurden neben dem Ukraine-Krieg auch die Erdbebenkatastrophe in der Türkei und Syrien sowie Bilaterales besprochen. Beide Seiten betonten die guten Beziehungen. "In Krisenzeiten müssen und wollen wir zusammenstehen", formulierte Schallenberg. Blinken sagte, die USA schätzten Österreich als "starken Partner".

Bilateral gebe es Aufholbedarf, konstatierte Schallenberg bezüglich der Notwendigkeit des Treffens: Zu lange sei ein gutes Verhältnis als zu selbstverständlich genommen worden. "Ich will die Strategische Partnerschaft stärken." Stärke gebe es aber nur, "wenn wir zueinander stehen und vereint sind." Österreich zähle auf die Führungsrolle der USA.

Wegen der Erdbebenkatastrophe in der Türkei und in Syrien müsse den Betroffenen geholfen werden, waren sich Blinken und Schallenberg einig. Syrien betreffend würde die USA den Menschen Unterstützung und Geld zukommen lasse, nicht aber dem Regime von Präsident Bashar al-Assad.

Ausdruck der Wertschätzung für Österreich

Es sei durchaus ein Ausdruck der Wertschätzung, dass eine österreichische Delegation knapp vor dem ersten Jahrestag des Angriffs Russlands auf die Ukraine am 24. Februar in Washington empfangen werde, urteilte der ÖVP-Minister, der neben Blinken unter anderem auch die Chefin der US-Geheimdienste, Avril Haines, CIA-Boss William Burns oder den "White House Coordinator for the Middle East and North Africa", Brett McGurk, traf.

Experten der konservativen Denkfabrik Hudson Institute erklärten gegenüber österreichischen Journalistinnen und Journalisten aber auch, dass es in den USA durchaus auch Bedenken gebe. Österreich habe Russland jahrelang anders eingeschätzt als Washington und versucht, ein engeres Verhältnis mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin aufzubauen. Das sei mitunter auch auf Unverständnis gestoßen und skeptisch beäugt worden. Auch die wirtschaftliche Abhängigkeit Österreichs von Russland" werde in den USA kritisch beäugt.

Initiative "ReFocus Austria": Chancen für die Exportwirtschaft

Im Rahmen der Initiative "ReFocus Austria" wird Schallenberg auch mit Vertreterinnen und Vertretern österreichischer Unternehmen am US-Markt über Chancen und Herausforderungen für die österreichische Exportwirtschaft sprechen. Außerdem ist an der renommierten Johns Hopkins Universität eine Diskussion mit jungen Studierenden über die geopolitischen Konsequenzen des russischen Angriffs gegen die Ukraine und die geeinte europäisch-amerikanische Antwort darauf geplant.

Es ist dies das dritte bilaterale Treffen von Außenminister Schallenberg mit einem US-Amtskollegen. Anfang Februar 2020 war Schallenberg beim damaligen republikanischen Secretary of State, Mike Pompeo, in Washington. Im August 2020 folgte dann der Gegenbesuch von Pompeo in Wien, wo er auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen, den damaligen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und weitere Regierungsmitglieder traf.

Solidarität mit Ukraine im Fokus des Treffens

Vor der Coronapandemie sowie der Wahl des Demokraten Joe Biden zum US-Präsidenten hatte es eine Zeit lang intensivere Kontakte zwischen Wien und Washington gegeben. So war Kurz 2019 beim damaligen Amtsinhaber Donald Trump im Weißen Haus zu Gast gewesen. Das enge Verhältnis zum republikanischen Präsidenten und die Orientierung an dessen mitunter umstrittenen außenpolitischen Linie hatte auch für Kritik gesorgt. Unter anderem weil Österreich dadurch in manchen Fragen wie beispielsweise der Nahost-Politik von gemeinsamen Standpunkten der EU abwich.

(APA/Red)

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