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Schallenberg nennt Drohungen mit Atomwaffen inakzeptabel

Ausenminister Schallenberg bezeichnete die Drohung mit Atomwaffen als inakzeptabel
Ausenminister Schallenberg bezeichnete die Drohung mit Atomwaffen als inakzeptabel ©AP Photo/Darko Vojinovic (Archivbild)
Österreichs Ausenministerium hat am Montag eine internationale Anti-Atomwaffen-Konferenz in Wien veranstaltet. In seiner Eröffnungsrede nannte Ausenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) die Drohungen Russlands mit Atomwaffen im Ukraine-Krieg "vollkommen inakzeptabel".
Anti-Atomwaffen-Konferenz in Wien

"Das Phantom eines Atomkrieges ist bisher den meisten Menschen wie eine abstrakte Gefahr erschienen. Aber jetzt nicht mehr: In den vergangenen Wochen haben wir Drohungen und Erpressung mit Atomwaffen erlebt", sagte Schallenberg mit Verweis auf entsprechende Aussagen Moskaus in einer eingespielten Videobotschaft.

Wissenschafter und Überlebende sollen bei Diskurs zu Atomwaffen zu Wort kommen

Mehrere Vortragende der Konferenz im Austria Center Vienna erinnerten daran, dass durch derartige jüngste Entwicklungen die Wahrscheinlichkeit eines auch nuklear geführten Konflikts erneut höher geworden ist. "Was einmal ein undenkbarer Alptraum war, ist nun ein erschreckende Möglichkeit", fasste es der frühere Direktor der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Mohamed ElBaradei, zusammen.

Mit Blick auf die Inhalte der Konferenz betonte die UNO-Abrüstungsbeauftragte Izumi Nakamitsu, dass es wichtig sei, die Erkenntnisse von Wissenschaftern und Überlebenden in den diplomatischen Diskurs über Atomwaffen einfließen zu lassen. Sie unterstrich, dass die katastrophalen Auswirkungen von Nuklearangriffen "sich weder zeitlich noch räumlich eingrenzen lassen" und die humanitären Konsequenzen "wahllos" alle betreffen. "Die nukleare Abrüstung ist daher die höchste Abrüstungspriorität der Vereinten Nationen" betonte sie.

Über die bis heute reichenden Auswirkungen von Atomangriffen und Atomwaffentests berichteten mehrere Zeugen. Suechi Kido, ein Überlebender (japanisch: Hibakusha) des US-Atombombenabwurfs auf die japanische Stadt Nagasaki 1945, übte Kritik an der japanischen Regierung, trotz der pazifistischen Verfassung Japans den Atomwaffenverbotsvertrag weder unterzeichnet, noch ratifiziert zu haben. Auch die 22-jährige Suzuka Nakamura, deren Großmutter als Kind den Atomangriff auf Nagasaki überlebt hatte, zeigte sich enttäuscht, dass Japan auch nicht an der ab Dienstag beginnenden Konferenz teilnimmt. Danity Laukon, eine Anti-Atom-Aktivistin von den Marshall-Inseln im Pazifik, zeigte wiederum die bis heute reichenden schweren gesundheitlichen und sozialen Konsequenzen von Atomwaffentests auf die Bevölkerung der Inselgruppe auf. Die USA hatte in den 1940er und 50er Jahren auf dem Bikini- und den Enewetak-Atoll der Marshall-Inseln Dutzende oberirdische Atomwaffentests durchgeführt.

Werben für Atomwaffenverbot in Wien

Das österreichische Außenministerium hatte Experten aus aller Welt geladen, um für ein universelles Atomwaffenverbot zu werben. Sie erinnerten daran, dass die humanitäre und Gesundheitsinfrastruktur weltweit für die Auswirkungen einer nuklearen Detonation überhaupt nicht ausreichend vorbereitet sei. Angesichts der hohen Totenzahlen und der vollständigen Zerstörung der Infrastruktur im Fall eines Atomangriffs wäre außerdem eine entsprechende Vorbereitung auch nur schwer möglich, sagte Cordula Droege vom Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK).

Auch James Revill vom UNO-Institut für Abrüstungsforschung (UNIDIR) sprach über die verschiedenen politischen und institutionellen Faktoren, die eine effektive Hilfe nach einem Nuklearangriff erschwerten. "Eine nukleare Detonation ist ein wenig wahrscheinliches, aber nicht völlig auszuschließendes Ereignis", betonte Revill.

Patricia Lewis vom britischen außenpolitischen Thinktank Chatham House erinnerte an Fälle, wo die Welt während des Kalten Krieges aufgrund einer Verkettung unglücklicher Umstände direkt vor dem Abschuss von Atomraketen auf feindliche Ziele stand. In den von ihr zitierten Fällen, etwa jenem des sowjetischen Luftwaffenoffiziers Stanislaw Petrow im Jahr 1983, hatten die Betroffenen jeweils auf eigene Faust entschieden, die erhaltene Information über einen scheinbar unmittelbar bevorstehenden Nuklearangriff nicht weiterzugeben, und dadurch im Alleingang den Ausbruch eines Atomkrieges verhindert. "Es ist wichtig, was für Menschen dort arbeiten, was man für ein Personal hat. Das waren keine politischen Führer, das waren ganz normale Menschen wie du und ich", betonte Lewis.

Die US-Amerikanerin Mary Olson von der Anti-Atom-NGO "Nuclear Information and Resource Service" (NIRS), sprach wiederum über die langfristigen Auswirkung von Nuklearexplosionen auf die Bevölkerung, insbesondere auf das Erbgut und auf die Gesundheit. Demnach gebe es bei Mädchen und Frauen sogar schwerere gesundheitliche Konsequenzen als bei Buben und Männern, etwa über die Lebenszeit gerechnet höhere Krebsraten, berichtete sie.

Atomwaffenverbotsvertrag seit Jänner 2021 in Kraft

Wie es aus dem Außenministerium im Vorfeld hieß, soll ein möglichst umfassender Überblick über die Risiken von Atomwaffen geboten werden - von Umweltschäden durch Atomtests bis zu den Auswirkungen durch Hyperschallraketen oder den Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Militärbereich. Die Botschaft ist einfach: Die Risiken von Atomwaffen sind so groß, dass ein Festhalten an ihnen unverantwortlich ist und an ihrer Ächtung kein Weg vorbei führt.

Diese Überzeugung liegt auch dem Atomwaffenverbotsvertrag aus dem Jahr 2017 zugrunde, der im Jänner 2021 in Kraft getreten ist. Ab Dienstag kommen die Staaten des Verbotsvertrags in Wien zu ihrer ersten Konferenz zusammen. Geleitet wird das UNO-Treffen vom österreichischen Spitzendiplomaten Alexander Kmentt, der bei der Konferenz am Montag auch als Moderator auftrat.

Die UNO-Konferenz dient formell dazu, den Vertrag etwa durch den Beschluss einer Geschäftsordnung mit Leben zu erfüllen. 86 Staaten haben ihn unterzeichnet, 62 ratifiziert. Allerdings befindet sich keine Atommacht darunter, und auch innerhalb der NATO wird massiver Druck ausgeübt, dem Abkommen fernzubleiben. Daher wertet man es in Wien als Erfolg, dass mit Deutschland und Norwegen zwei NATO-Staaten als Beobachter dabei sind.

(APA/Red)

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