Schallenberg: Gorbatschow war "großer Staatsmann"

Gorbatschow sei "ein großer Staatsmann" gewesen, sagte Schallenberg am Mittwoch im Ö1-Morgenjournal. "Er hat die Zeichen der Zeit erkannt."
"Idealisierte Wahrnehmung" Gorbatschows im Westen
Der Politologe und Russland-Experte Gerhard Mangott betonte im Ö1-Morgenjournal die Bemühungen Gorbatschows für atomare Abrüstung und seine Leistungen für die Freiheit der osteuropäischen Staaten. Im Westen gebe es eine "idealisierte Wahrnehmung" Gorbatschows, da er die Revolten in Osteuropa nicht militärisch niedergeschlagen habe. Gorbatschow habe gute Beziehungen zum Westen gebraucht für seine Reform der Sowjetunion.
Im eigenen Land seien Gorbatschows Reformen jedoch unpopulär gewesen, sagte Mangott. "Nur (der Nachfolger und erste Präsident Russlands, Anm.) Boris Jelzin ist in Russland noch unpopulärer." Putin habe dann Stabilität im Austausch für Einschränkungen der Freiheitsrechte versprochen und das Land in eine Diktatur verwandelt.
Van der Bellen: Gorbatschows Vermächtnis "wichtiger denn je"
Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat den verstorbenen russischen Friedensnobelpreisträger und ehemaligen sowjetischen Staatschef Michail Gorbatschow als "Mann des Friedens" und "Inbegriff eines Visionärs" gewürdigt. "Kaum einer hat das vergangene Jahrhundert, aber auch unser heutiges Europa, so geprägt wie er", schrieb Van der Bellen am Mittwoch auf Twitter. "Sein Vermächtnis bleibt - und ist heute wichtiger denn je."
Auch die Regierungsspitze würdigte Gorbatschows Leistungen. "Michail Gorbatschow prägte wie kein anderer die Annäherung zwischen Osten und Westen nach dem Fall des Eisernen Vorhangs in Europa und dem Ende des Kalten Krieges. Möge er in Frieden ruhen", twitterte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) in einer ersten Reaktion am Dienstagabend. "Tragisch bleibt, dass die Anerkennung, die er im Westen genoss, ihm in seiner Heimat nie zuteil wurde", bedauerte Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) auf Twitter.
Schallenberg gegen kompletten Visastopp für Russen
Im Streit um mögliche Visasperren für russische Staatsbürger als weitere EU-Sanktion gegen Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine zeigte sich Schallenberg kompromissbereit. Es wäre denkbar, bestehende Visaerleichterungen für Russen zurückzunehmen. Dadurch könnten sich die Gebühren und die Bearbeitungsdauer erhöhen.
Schallenberg bekräftigte aber seinen Widerstand gegen einen kompletten Visastopp für Russen. "Wir können nicht ein ganzes Land canceln. Das wäre nicht klug." Die Sanktionen sollten sich gegen das System von Kreml-Chef Wladimir Putin richten und nicht gegen das russische Volk. Über die offen ausgetragene Debatte innerhalb der EU zeigte sich Schallenberg "recht unglücklich". Europa gebe das Bild der Uneinigkeit ab, was von der russischen Propaganda ausgeschlachtet werde. Über eine Visasperre beraten am Mittwoch die EU-Außenminister, darunter der österreichische Ressortchef, in Prag.
(APA/Red)