Ein Debakel setzte es für die SPÖ, die gerade noch zweistellig ist und auch noch hinter die Grünen von Platz zwei auf Rang vier zurückfiel.
Das vorläufige Endergebnis weist für die ÖVP zwar einen Verlust von 4,1 Prozentpunkten aus, mit 50,8 Prozent bzw. 20 Mandaten (-1) erlangt die Volkspartei aber eine bequeme absolute Mehrheit für Landeshauptmann Herbert Sausgruber. Die Freiheitlichen verbesserten sich von 12,9 auf 25,3 Prozent und verfügen über neun Sitze im Landtag (+4). Die Grünen legten von 10,2 auf 10,4 Prozent leicht zu und behalten ihre vier Mandate. Erst dahinter reihen sich die Sozialdemokraten ein, die 10,1 Prozent nach 16,9 Prozent vor fünf Jahren erreichten, was nur noch drei statt bisher sechs Sitze im Landtag bringt. Das endgültige Ergebnis steht am 28. September nach Auszählung der Wahlkarten fest. Laut der Wahlkartenprognose von SORA ist eine Mandatsverschiebung nicht absehbar; die ARGE WAHLEN sieht allenfalls theoretische Möglichkeit, dass ein Mandat von Grünen zur FPÖ wandert.
Für die SPÖ bedeutet das Ergebnis den erstmaligen Rückfall auf Platz vier bei einer Landtagswahl. In traditionellen Hochburgen wie Bregenz und Bludenz fielen die Sozialdemokraten auf Rang drei zurück. Dementsprechend schloss Landesparteichef Michael Ritsch am Wahlabend einen Rücktritt nicht aus. Das Resultat sei “das schlimmste Ergebnis der Sozialdemokratie in der Geschichte – das tut weh, auch persönlich.” Die Wahlfeier Sonntagabend wurde abgesagt, die Gremien beraten Montagvormittag. Bundesparteichef Werner Faymann sprach sich indes laut Vorabmeldung der “Vorarlberger Nachrichten” bereits für einen Verbleib Ritschs aus, dieser brauche “mehr Zeit um Vertrauen aufzubauen, und die soll er auch kriegen”.
Die zweite offene Frage neben dem möglichen Ritsch-Rücktritt ist, ob die Volkspartei ihrer Tradition treu bleibt und trotz absoluter Mehrheit einen Koalitionspartner in die Regierung aufnimmt. Auch wenn sich FPÖ-Chef Dieter Egger am Wahlabend nochmals andiente, schloss Landeshauptmann Herbert Sausgruber (V) eine Fortsetzung der Kooperation mit den Freiheitlichen aus, nachdem deren Obmann Dieter Egger den Direktor des Jüdischen Museums Hohenems, Hanno Loewy, im Wahlkampf mit antisemitischen Untertönen attackiert und danach eine Entschuldigung verweigert hatte.
“Der Wähler hat mitentschieden, dass die FPÖ nicht mehr auf der Regierungsbank sitzt”, sagte der ÖVP-Spitzenkandidat. Diesbezüglich seien die Fronten bereits vor der Wahl klar gestellt gewesen. Ob nun die Grünen oder die SPÖ als alternative Regierungspartner in Frage kämen, ließ Sausgruber vor den Beratungen in den Parteigremien Montagabend offen. Grünen-Spitzenkandidat Johannes Rauch verschließt sich nicht grundsätzlich. Es sei Sache der ÖVP, ob sie Verhandlungen wolle. Mit seinem Ergebnis war Rauch nicht unzufrieden, wiewohl das angestrebte fünfte Mandat nicht erreicht wurde und somit Vahide Aydins Traum, erste Migrantin im Vorarlberger Landtag zu werden, zumindest fürs Erste unerfüllt bleibt.
Obwohl er aus der Regierung fliegen dürfte, konnte sich der blaue Spitzenkandidat Egger zumindest am Wahlabend als Sieger fühlen. Mit den gut 25 Prozent ist die Vorarlberger FPÖ nunmehr die stärkste Landespartei der Freiheitlichen. Das Ergebnis sei eine klare Absage an “die Linkslinke” und “Hetze der Medien”, befand der noch amtierende Landesrat. Parteichef Heinz-Christian Strache jubelte von Wien aus mit. Das Ergebnis sei eine “klare Absage” gegen jene, die gegen die FPÖ kampagnisierten.
Die gemäß den meisten Umfragen nicht ganz erwartete Absolute seines Parteifreundes Sausgruber ließ Vizekanzler Josef Pröll (V) überraschend eine Reise nach Bregenz wagen. Angesichts der aufgeheizten Stimmung im Wahlkampf habe der Vorarlberger Landeshauptmann eine Meisterleistung vollbracht, jubilierte der VP-Chef, der den Urnengang auch als Stimmungstest für die Oberösterreich-Wahl kommenden Sonntag wertete. Ähnlich urteilte die Grüne Bundessprecherin Eva Glawischnig, die das leichte Plus ihrer Partei als “Rückenwind für Oberösterreich” und den “Abwärtstrend in den Ländern gestoppt” sah.
Bittere Stunden hatten die Sozialdemokraten zu erdulden. Kanzler Faymann stellte sich im Gegensatz zur Europawahl diesmal tapfer den Medien und befand am Rande der Andreas-Hofer-Feiern in Innsbruck, dass es bei diesem Ergebnis nichts zu beschönigen gebe.
Vorläufiges Endergebnis der Vorarlberger Landtagswahl ohne die noch ausständigen Briefwahlstimmen und Wahlkarten:
LT 2009 LT 2004 Stimmen +/- St. M Stimmen M % +/- % +/- % WBE 261.130 +18.621 242.509 ----------------------------------------------------------- ABG 176.042 +28.995 147.047 BET 67,42% +6,78% 60,64% ----------------------------------------------------------- GÜL 174.767 +28.904 145.863 99,28% +0,09% 99,19% =========================================================== ÖVP 88.819 +8.707 20 80.112 21 50,82% -4,10% -1 54,92% ----------------------------------------------------------- SPÖ 17.589 -7.020 3 24.609 6 10,06% -6,81% -3 16,87% ----------------------------------------------------------- FPÖ 44.122 +25.241 9 18.881 5 25,25% +12,31% +4 12,94% ----------------------------------------------------------- GRÜNE 18.116 +3.287 4 14.829 4 10,37% +0,20% +0 10,17% ----------------------------------------------------------- BZÖ 2.114 0 n.k. 1,21% ----------------------------------------------------------- Gsiberger 3.042 0 n.k. 1,74% ----------------------------------------------------------- Kiebitz 326 0 n.k. 0,19% ----------------------------------------------------------- WIR 639 0 n.k. 0,37% -----------------------------------------------------------
WBE = Wahlberechtigte; ABG = abgegebene Stimmen; BET = Wahlbeteiligung in Prozent; GÜL = gültige Stimmen