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Saudiarabien: König Fahd tot

König Fahd von Saudiarabien ist am Montag nach langem Leiden gestorben. Sein Halbbruder Abdullah, bisherig Kronprinz und Regent, wurde zum neuen Herrscher proklamiert, wie der staatliche Rundfunk in Riad meldete.

Neuer Kronprinz ist Verteidigungsminister Prinz Sultan, ein Bruder des verstorbenen Monarchen. Zu den Begräbnisfeierlichkeiten an diesem Dienstag werden zahlreiche Staatsoberhäupter in Riad erwartet. Die Nachricht vom Tod des Königs führte zu einer Verunsicherung an den Märkten, der Ölpreis stieg um fast 50 Cent.

Fahd, der 1982 den Thron bestiegen hatte, war seit Ende Mai in der König-Fahd-Spezialklinik in Riad wegen einer Lungenentzündung behandelt worden. Am Sonntagabend hatte sich sein Zustand dramatisch verschlechtert. Seit einem Schlaganfall im Jahr 1995 war er sehr geschwächt und nur selten öffentlich in Erscheinung getreten. Er war einer der reichsten Männer der Welt, sein Vermögen wird auf umgerechnet 48 Milliarden Euro geschätzt.

Der neue König Abdullah ist der sechste Herrscher des 1932 gegründeten Staates Saudiarabien und der 13. Sohn des Reichsgründers Abdul Aziz Ibn Saud (1880-1953). Mütterlicherseits entstammt er dem syrischen Geschlecht Jilouvi und ist der einzige Sohn seiner Mutter, während sein verstorbener Vorgänger Fahd und dessen sechs Brüder, darunter der neue Thronfolger, Prinz Sultan, Innenminister Prinz Nayef und der Gouverneur von Riad, Prinz Salman, dieselbe Mutter, Hassa Sudairi, haben und am Hof den mächtigen so genannten Sudairi-Clan bilden.

Die Arabische Liga hat ihren für Mittwoch geplant gewesenen Sondergipfel im ägyptischen Badeort Sharm el-Sheikh verschoben. Die britische Königin Elizabeth II. hat den Tod von König Fahd bedauert und dem neuen König ihre besten Wünsche übermittelt. Die französische Regierung würdigte den „Garanten der Integrität seines Landes und Verteidiger der regionalen Stabilität“, der deutsche Präsident Horst Köhler die „stets mäßigende Politik“ des Verstorbenen.

Fahd war ein enger Verbündeter der USA, denen er Militärbasen überließ, was islamische Fundamentalisten gegen ihn aufbrachte. Sein Halbbruder Abdullah gilt als vorsichtiger Reformer, der in geringem Umfang eine wirtschaftliche und politische Liberalisierung eingeleitet hat. Seit Mai 2003 wird Saudiarabien von einer Welle von Terroranschlägen erschüttert, die sich in erster Linie gegen Ausländer und gegen die Sicherheitskräfte richten. Die herrschende Saud-Dynastie repräsentiert offiziell die strenge wahhabitische Strömung des Islam, das Regime weist in den Augen der Islamisten aber zwei entscheidende Fehler auf: Einerseits stößt der als dekadent empfundene Lebensstil des Herrscherhauses auf Widerstand, andererseits gelten die engen Kontakte zu den USA als Todsünde.

Im Juni war der seit mehr als 20 Jahren amtierende Botschafter Saudiarabiens in den USA, Prinz Bandar, ein Sohn des neuen Thronfolgers Prinz Sultan, von seinem Posten abberufen worden, was zu Spekulationen über Machtkämpfe am Hof ausgelöst hatte. Im Zusammenhang mit den Anschlägen vom 11. September 2001 wurde insbesondere die Ehefrau des Botschafters, Prinzessin Haifa, eine Tochter des verstorbenen Königs Faisal und Schwester des Außenministers Prinz Saud al-Faisal, kritisiert. Sie soll regelmäßig große Spenden an eine Frau gezahlt haben, die davon die Hälfte an Attentäter vom 11. September weitergeleitet hatte.

Europäische Regierungen würdigen Verdienste von König Fahd

Die britische Königin Elizabeth II. hat den Tod von König Fahd bedauert, der Saudiarabien 22 Jahre lang „mit Weisheit und großem Können regiert hat“. Während seiner Regierungszeit hätten Großbritannien und Saudiarabien eine enge Beziehung aufgebaut, heißt es in einem Kommuniqué des Buckingham-Palastes vom Montag. Die Queen übermittelte dem neuen König Abdullah ihre besten Wünsche, sie freue sich auf die zukünftige Zusammenarbeit.

Frankreich hat den verstorbenen saudiarabischen König Fahd als „befreundeten Staatschef“ und als „Garanten der Integrität seines Landes und Verteidiger der regionalen Stabilität“ gewürdigt. Während seiner Regentschaft habe sich Fahd „vor allem um die Sicherheit seines Volkes gekümmert“, betonte der Elysée-Palast in Paris am Montag. Unter Fahds Herrschaft seien die unter General Charles de Gaulle (1959-69) aufgebauten französisch-saudiarabischen Beziehungen in eine neue Dimension getreten; beide Seiten hätten bei großen regionalen und internationalen Themen dieselbe Sichtweise vertreten.

Der deutsche Bundespräsident Horst Köhler und Bundeskanzler Gerhard Schröder haben am Montag die Verdienste des verstorbenen Königs gewürdigt. Sie sprachen dem saudiarabischen Volk ihre Anteilnahme aus. Dem verstorbenen Monarchen sei weltweite Anerkennung für seine „stets mäßigende Politik zuteil geworden“, schrieb Köhler. Auch nach Ansicht des Kanzlers hat die „ausgewogene und vermittelnde Politik“ des verstorbenen Königs im Nahen Osten Saudiarabien Respekt und Anerkennung in der ganzen Welt gebracht.

„Für Deutschland war König Fahd stets ein guter und verlässlicher Freund, vor dessen Leistungen und menschlicher Größe wir Deutschen uns mit großem Respekt verneigen“, betonte der Kanzler in seinem Beileidstelegramm.

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