Dabei könnte die Lösung so einfach sein. Der krebskranke Ehemann Fred (Ganz) begibt sich in Behandlung, reizt alle Möglichkeiten der Medizin aus und genießt seine letzte Lebenszeit noch so lange wie möglich im Kreise seiner Familie. Und seine Frau Anita (Berger) könnte als Witwe nach einer schweren Zeit der Trauer versuchen, mit Kindern, Enkelkindern und Freunden nach und nach ihr eigenes Leben aufzubauen.
Ein tröstlicher Gedanke, doch Heldmann schwebte etwas anderes vor. Ihre Charaktere sind widerborstig. Fred will sich nicht behandeln lassen, auch nicht auf Drängen seiner erwachsenen Kinder und der Enkeltochter, die kurz vor dem Abitur steht. Er entzieht sich dem trauten Familienfrieden und hat sich sogar heimlich eine Wohnung gekauft, in die er sich zum Nachdenken und Alleinsein zurückzieht. Anita ist geschockt, als sie zufällig hinter dieses Geheimnis kommt. Maßlos enttäuscht packt sie ihre Koffer und zieht aus. Doch leicht ist es nicht, sich nach so vielen Jahren zu trennen. Schnell wird Fred und Anita klar, dass sie ihren Weg trotz der Differenzen weiter gemeinsam gehen wollen.
Der Film basiert auf einer wahren Geschichte. Schnörkellos und mit viel Einfühlungsvermögen zeichnet die junge Regisseurin den eingespielten Alltag des Ehepaares nach. Wenn Fred jeden Morgen lautstark die Butter auf seinen Toast kratzt, verdreht Anita die Augen und versteckt ihren genervten Blick hinter ihrer Teetasse. Abschiedsküsse gibt es nicht mehr, dafür viele kleine Sticheleien. Aber da ist auch die andere Seite: die Sicherheit und die Vertrautheit der langen Beziehung. Die Fähigkeit, sich ohne Worte zu verstehen. Und das Gefühl, ohne den anderen nicht vollkommen zu sein.
Berger und Ganz spielen mit feinem Fingerspitzengefühl, sie zeigen viele Emotionen, wirken aber nie kitschig oder betulich. Dadurch gelingt ihnen die wunderbare Charakterstudie eines Paares, dem man die langsam gewachsene, tiefe Verbundenheit anmerkt. Umso schockierender ist am Ende die Konsequenz, die sie aus dieser großen Liebe ziehen. (APA/dpa)