“Nein, Herr Präsident. Ich bin nicht fortgegangen, wie Sie sehen, bin ich immer noch hier.” “Hier” heißt im Altersheim. “Ich” ist eine alte Frau, die man dorthin eingewiesen hat. Die ganze Erzählung ist ein Monolog über ihre Befindlichkeit, gerichtet an den Leiter des Heims, den “Präsidenten”, den Berger so wiedergab, dass einem nie langweilig wurde.
Eine Frau will im Altersheim bleiben, obwohl ihr Mann sie zurückholen möchte. Eben weil sie ihren Mann liebt, will sie ihm die Wahrheit ersparen. Schließlich ist er ein Dichter und sie vermutet, er möchte hauptsächlich erfahren, was sich hinter dem Portal des Heims verbirgt, wer der mysteriöse Präsident ist, wer die nicht weniger mysteriösen Insassen sind. “Wie hätte ich ihm sagen können, dass es hier drinnen, abgesehen vom Dämmerlicht, genauso ist wie draußen? Dass wir uns zwar hinter dem Spiegel befinden, aber dass diese Rückseite ebenfalls ein Spiegel ist, genau wie die Vorderseite?”, las Berger in eindrucksvoller Stimmlage.
Magris schrieb die eindrucksvolle Geschichte einer absoluten Liebe in einer ganz neuzeitlichen Version. Seine Erzählung bewegt sich zwischen Leichtigkeit und Tragik, zwischen Alltag aus einem ganz gewöhnlichen Eheleben und großem Drama. Die Reihe “Dichter zu Gast” wird am Mittwoch (am 4.8.) im Landestheater unter dem Titel “Das Weltreich der Melancholie” mit einer gemeinsamen Lesung von Magris und dem Historiker Karl Schlögel fortgesetzt.