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Ruzowitzky: "Mit Oscar schlagartig zum Nationalhelden"

Mehrmals haben Stefan Ruzowitzkys Filmpreise bereits darunter gelitten, dass sie daheim von seinen Kindern nicht mit der nötigen Sorgfalt behandelt wurden. Der Oscar soll nun einen besonderen Platz erhalten, erzählte der österreichische Regisseur unmittelbar nach seiner Ankunft in Wien.

“Das ist auf jeden Fall etwas Ehrenvolles und mir sehr, sehr wichtig.” Der frisch gebackene Oscar-Preisträger sprach heute, Montag, mit der APA nicht nur über den “Mythos Oscar”, sondern auch über die möglichen Auswirkungen der Auszeichnung auf das österreichische Filmfördersystem.

APA: Die österreichische Filmwirtschaft hat ein Inserat geschalten, in dem steht: “Wir haben es ja immer gewusst: Österreich ist ein Filmland!” Haben Sie das öfters gehört in letzter Zeit?

Ruzowitzky: Es hat mich sehr gefreut, dass ich es oft gehört habe von Politikern und von den Medien, dass jetzt alle eigentlich immer schon dafür waren, den österreichischen Film mehr zu fördern. Und dann ist es auch schön, dass mein Oscar dazu beigetragen hat, allen bewusst zu machen, dass sie das schon immer wollten und immer schon gewusst haben.

APA: Ministerin Schmied und Kanzler Gusenbauer haben keine halbe Stunde nach dem Oscar-Erfolg ausgesendet, dass nun etwas geschehen müsse…

Ruzowitzky: (lacht) Ja, ich habe das mitbekommen. Der Regieverband hat um 7.00 Uhr in der Früh eine Aussendung gemacht, wo alle unsere Forderungen nochmals wiederholt wurden, aber zu dieser Zeit waren die meisten Parteien schon mit ihren Aussendung draußen, dass sie das eh’ schon immer wollten – also so gesehen ist das wunderbar.

APA: Brauchte es einen Oscar, um die zuständigen Politiker aufzuwecken?

Ruzowitzky: Es braucht immer irgendeinen Anstoß. Wenn Markus Rogan eine Medaille gewinnt, gehen ganz viele Kinder in einen Schwimmklub. Auf einem anderen Level passiert also dasselbe, das geht schon in Ordnung. Was für einen Filmemacher immer bemerkenswert ist, dass andere wichtige Filmauszeichnungen wie eine Wettbewerbsteilnahme oder ein Preis in Berlin oder Cannes oder Venedig, was für mich als Regisseur einen hohen Stellenwert hat, in der öffentlichen Wahrnehmung sehr wenig bedeutet. Der Oscar ist dagegen so ein Mythos. Damit wird man schlagartig zum Nationalhelden.

APA: Als Nationalheld wird Ihre Stimme keine unwichtige sein in der künftigen Diskussion um die österreichische Filmförderung. Wie sieht denn Ihr persönlicher “Schlachtplan” aus?

Ruzowitzky: Durch den Oscar kriegt man mehr Möglichkeiten in jeder Hinsicht, sowohl was die eigene Karriere betrifft, als auch, dass man mehr gehört wird. Das bedeutet natürlich in jeder Hinsicht auch eine größere Verantwortung für das, was man sagt, was man tut, was für Filme man macht. Das ist also durchaus auch eine zweischneidige Sache. Mit der gemütlichen Anonymität wird es für die nächste Zeit vorbei sein – aber da muss man durch.

APA: Geht es in der Diskussion um die österreichische Filmförderung “nur” um eine Erhöhung der Fördertopf-Dotierungen?

Ruzowitzky: Nein, die Politik macht natürlich nur das, wo es auch einen Druck gibt aus der Bevölkerung oder von den Medien. Wenn jetzt insgesamt bewusster wird, dass es eine heimische Filmproduktion gibt und dort interessante Dinge entstehen und man vielleicht nicht immer warten sollte, bis die Anerkennung aus dem Ausland kommt, ist das gut und wichtig. Ich komme gerade aus Tschechien, wo die Leute in die Kinos stürmen, um eigene Filme zu sehen, und wo in absoluten Zahlen immer tschechische Filme vorne sind, weil man dort einfach das Bewusstsein hat, dass es interessant ist, was aus dem eigenen Land über das eigene Land berichtet wird. So wächst eine Filmindustrie und so entstehen bessere Filme. Wenn man das auch in Österreich wahrnimmt und sich den neuen “Falco”-Film oder den Götz-Spielmann-Film ansieht, der in Berlin einige Preise gewonnen hat – ich habe die Filme nicht gesehen, aber wenn der Oscar dazu führen sollte, dass man sich auch für die mehr interessiert, wäre das doch großartig.

APA: Die deutsche Wochenzeitung “Die Zeit” hat kürzlich vorgerechnet, dass kein Land in Europa Film so großzügig fördere wie Österreich – gemessen an den verkauften Kinokarten. Muss man nicht vielleicht wo anders ansetzen, also z.B. bei der Werbung?

Ruzowitzky: Bei Österreich gibt es ein spezielles Problem. Tschechien oder Dänemark sind im Vergleich richtige Sprachinseln, dort sehe ich einen Film entweder in meiner Sprache oder mit Untertiteln. Wir haben die Konkurrenz aus Deutschland, wir haben aber auch die ganzen synchronisierten Filme – das ist national gesehen ein Nachteil. Wir sind am ehesten vergleichbar mit Ländern wie Belgien, wo wie in Frankreich französisch gesprochen wird, das aber daneben auch zu klein ist. Eine österreichische Produktion wird von deutschem Publikum normalerweise als etwas Ausländisches gesehen, das heißt, es gibt eigentlich keinen Heimvorteil. Das ist schwierig und wird in dieser Hinsicht wohl auch immer schwierig bleiben. Etwas zu tun, würde sich trotzdem lohnen.

APA: In dem Artikel wird auch kritisiert, dass der ORF als Koproduzent zu wenig Interesse an den eigenen Produktionen zeigt und diese erst zu nachtschlafener Stunde ausstrahlt.

Ruzowitzky: Zur Zeit fällt es mir schwer, auf den ORF zu schimpfen, denn der ORF war der größte Einzelzahler bei “Die Fälscher”. Und deswegen und weil er auch bei allen meinen anderen Filmen finanziell beteiligt war, habe ich echt keinen Grund kritisch zu sein. Aber natürlich – das spielt halt alles ineinander. Bisher war es so, dass niemand anfangen wollte – weder die Politik noch der ORF. Und wenn jetzt auch der ORF sagt, wir stellen österreichische Filme mehr in den Vordergrund, weil auch das Publikum bereit ist, sich für österreichische Filme zu interessieren, vielleicht ergibt das ja einen positiven Dominoeffekt.

APA: Österreichische Kinofilme im Hauptabendprogramm wären also…

Ruzowitzky: … wären nicht schlecht, ja.

(Das Gespräch führte Daniel Ebner/APA)

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