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Russland will Griechenland heimschicken

Für Russlands Fußball-Nationalteam ist bereits sein zweites EM-Match in der Gruppe D gegen Titelverteidiger Griechenland ein echtes Endspiel.

Nach der klaren 1:4-Niederlage gegen Spanien steht die “Sbornaja” ebenso wie der Gegner, der in der ersten Partie gegen Schweden 0:2 verlor, unter Zugzwang, um die Chance auf den angepeilten Viertelfinaleinzug am Leben zu erhalten.

“Wir wissen, dass wir jetzt gegen den amtierenden Europameister spielen. Was sie uns voraus haben, ist viel Spielerfahrung”, betonte Teamchef Guus Hiddink, der zu wissen glaubt, was auf sein Team zukommt: “Die Griechen werden ihr System nicht drastisch ändern. Sie stehen tief und spielen sehr defensiv, werden sich ganz aufs Kontern verlegen. Es wird sehr schwer, diese Abwehrmauer zu durchbrechen.”

Vor allem deshalb, weil der große “Panzerbrecher” vorne fehlen könnte: Torjäger Roman Pawljutschenko laboriert an Adduktorenproblemen, wie am Donnerstagnachmittag bekannt wurde. Sollte er ausfallen, dann muss wohl das Sturmduo Dmitri Sytschew und Roman Adamow ran, um den Hellas-Defensiv-Riegel zu knacken.

Ansonsten wird nur erwartet, dass Hiddink in der Defensive eine Umstellung vornimmt, nachdem dieser gegen Spanien wiederholt “dumme Fehler, wie sie nur eine Schülermannschaft macht” (O-Ton Hiddink), unterlaufen sind. “Ich werde nicht viel verändern, denn wir haben nicht so viele Alternativen”, kündigte der 61-jährige Niederländer an, der hofft, dass seine jungen Burschen aus den Fehlern im EM-Auftaktspiel ihre Lehren gezogen haben.

“Das Spanien-Spiel ist abgehakt, jetzt gilt es gegen Griechenland zu bestehen. Ein Sieg muss her”, lautete die Kampfansage von Kapitän Sergej Semak, der einen klaren “Befehl” an seine Teamkollegen ausgab: “Wir müssen die Griechen nach Hause schicken!” Denn eine Schmach wie vor vier Jahren, als die Russen bereits nach dem zweiten EURO-Gruppenspiel den Aufstieg in die K.o.-Runde verpasst hatten, würde nicht nur die Mannschaft extrem viele Sympathien in der Heimat, sondern den bisher so erfolgsverwöhnten Teamchef Guus Hiddink wohl auch den Job kosten.

Mit der Einstellung, die Griechen aus dem Bewerb zu werfen, waren die Russen bereits am 20. Juni 2004 bei der EM in Portugal aufgelaufen. Am Ende gab es in Faro im bisher letzten Aufeinandertreffen zwar einen 2:1-Erfolg für das nach dem bereits feststehenden Ausscheiden befreit aufspielende Team aus dem größten Land der Welt, doch den Hellenen blieb die Heimreise nach dem letzten Gruppenspiel bekanntlich dennoch erspart, weil ihnen bei gleicher Tordifferenz die höhere Anzahl an Treffern gegenüber Spanien den Aufstieg ins Viertelfinale sicherte.

Schon damals trafen zwei verschiedene Spielphilosophien aufeinander, die nach der Amtsübernahme von Hiddink nun noch weiter auseinanderklaffen: Während der Niederländer ein Verfechter der modernen, schnellen Offensiv-Spielkultur ist, setzt sein Gegenüber Otto Rehhagel auf einen unansehnlichen, extrem defensiven “Antike-Kick”, der wohl bald ein Dinosaurier-Schicksal erleiden wird.

Dass der Deutsche auch gegen die Russen auf eine fünf Mann starke Beton-Abwehr setzen wird, war zu bezweifeln, da dieses Remis-Konzept gegen die Skandinavier voll in die Hose ging. Semak glaubt jedoch wie sein Trainer zu “90 Prozent”, dass die Griechen es trotzdem wieder mit einer Defensiv-Taktik probieren wollen. “Sie werden es sicher uns überlassen, das Spiel zu machen, während sie auf Konter lauern. Mit diesem Stil sind sie in Portugal Europameister geworden”, erklärte der mit 32 Jahren älteste Spieler in Hiddinks Jung-Team.

“Es wartet also ein hartes Stück Arbeit auf uns, um dieses dichte Abwehrnetz zu überwinden. Optimal wäre wieder so ein frühes Tor wie vor vier Jahren”, erinnerte Semak an den Treffer von Dmitri Kiritschenko, der in Faro nach nur 67 Sekunden für den bisher schnellsten Torjubel in der EM-Geschichte gesorgt hatte. “Mit einem schnellen 1:0 würden unsere Siegchancen sprunghaft ansteigen, denn dann können die Griechen nicht mehr nur reagieren, sondern müssen aktiv etwas für das Spiel tun, da sie sich so wie wir keine Niederlage erlauben können.”

Und durch diese Öffnung der “Panzersperre” könnte die “Sbornaja” so richtig ins Rollen kommen und die Griechen gleich mit einer anständigen Packung auf die Heimreise schicken. Damit wäre dann der Titelverteidiger bereits nach dem zweiten Gruppenspiel “entthront”.

“Wenn wir dieses Ziel realisieren, dann wird sicher ein Ruck durch die Mannschaft gehen”, lautete die Prognose von Semak vor dem Match. Mit einem vollen Erfolg würde Russland ja nicht nur das 1:4 auf schnellstem Wege vergessen machen und Selbstvertrauen tanken, sondern hätte zudem im Hinblick auf das abschließende Schweden-Spiel am Mittwochabend (20.45) in Innsbruck noch einen vielleicht entscheidenden Trumpf im direkten Duell um den Aufstieg im Ärmel: Spielmacher Andrej Arschawin von UEFA-Cup-Sieger Zenit St. Petersburg steht der “Sbornaja” nach Ablauf seiner Sperre für die ersten beiden EM-Spiele wieder zur Verfügung.

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