AA

Russland: Ölkonzern Yukos droht Pleite

Nach einem Jahr der Angriffe von Justiz und Politik ist Russlands größter Ölkonzern Yukos praktisch pleite. Die Steuerbehörde haben sämtliche Konten eingefroren.

Außerdem hat ein ein Gericht am Freitag in Moskau entschieden, dass Yukos kein Eigentum verkaufen darf, um die Steuerschuld zu begleichen. Ein Vorschlag von Yukos, dem Staat seinen 35-Prozent-Anteil am ehemaligen Partner Sibneft – der auf 3,5 Mrd. Euro geschätzt wird – zu überlassen, wurde zurückgewiesen. Ein Produktionsstopp für den Konzern mit insgesamt 175.000 Beschäftigten könne nun nicht mehr ausgeschlossen werden, sagte Yukos-Chef Viktor Geraschtschenko in Moskau.

Die Behörden hatten in den vergangenen Tagen ihre Steuernachforderungen verdoppelt. Für die Jahre 2000 und 2001 muss der Konzern nun insgesamt 197,4 Mrd. Rubel (5,6 Mrd. Euro) nachzahlen. Die Jahre 2002 und 2003 werden noch geprüft.

Die Forderungen für das Jahr 2000, umgerechnet 2,8 Mrd. Euro, müssen nach einem Gerichtsbeschluss, der am Freitag noch einmal bestätigt wurde, umgehend beglichen werden. Die Gerichtsvollzieher gewährten dem Konzern eine Zahlungsfrist bis zur kommenden Woche, danach könnte es zu Zwangsvollstreckungen kommen. Bei einer Zwangsvollstreckung droht Yukos nach eigenen Angaben die Insolvenz, da der Konzern nur noch über Barreserven in Höhe von einer Milliarde Dollar verfüge. Die Behörden können von sich aus ab Ende Juli Konkursantrag gegen Yukos stellen, sagte ein Moskauer Anwalt.

Yukos-Chef Geraschtschenko meinte am Freitag: „Das ist Dummheit und eine Provokation, nachdem der Präsident gesagt hat, dass er nicht will, dass das Unternehmen pleite geht.“ Durch das Einfrieren der Konten könne Yukos die Vorauszahlungen an den Zoll für seine Exporte nicht mehr begleichen, sagte Geraschtschenko, der früher Präsident der sowjetischen und russischen Zentralbank war. Einen Ausfuhrstopp erwartete er aber zumindest für die nächsten Tage nicht.

Das harte Vorgehen gegen Yukos und seinen ehemaligen Chef und Großaktionär Michail Chodorkowski wird von vielen als Reaktion der Führung um Präsident Putin auf mögliche politische Ambitionen Chodorkowskis gesehen. Chodorkowski, dessen Vermögen vom Magazin „Forbes“ auf 15,2 Mrd. Dollar (12,5 Mrd. Euro) geschätzt wird, sitzt seit Oktober vergangenen Jahres wegen des Vorwurfs des Betruges und der Steuerhinterziehung in Haft. Ihm drohen im Fall einer Verurteilung zehn Jahre Gefängnis.

Anleger im In- und Ausland sehen die Affäre zunehmend mit Sorge: Die Yukos-Aktie verlor bis zum Nachmittag mehr als 15 Prozent. In Moskau gehen immer mehr Analysten davon aus, dass die Kontrolle über Yukos an den Staat geht. „Der Appetit kommt beim Essen“, kommentierte die Tageszeitung „Kommersant“ den Hunger der Steuerbehörden. Die Regierung wolle von Yukos insgesamt zehn Mrd. Dollar zurück und dadurch eine Überschreibung von 44 Prozent der Yukos-Anteile erreichen, die derzeit noch von Chodorkowski und Partnern über die Holding Menatep gehalten werden. Das Wirtschaftsblatt erwartet eine vorübergehende Verstaatlichung von Yukos, bis die Steuerschulden abgezahlt sind.

Sollte es tatsächlich dazu kommen, rechnen westliche Experten wie der Chefökonom der Weltbank in Russland, Christof Rühl, mit einem großen Schaden für das Investitionsklima. Auch die Moskauer Finanzgruppe United Financial Group (UFG) warnte, ein solcher Ausgang der Affäre werde dem Investitionsklima in Russland Schaden zufügen.

  • VIENNA.AT
  • Chronik
  • Russland: Ölkonzern Yukos droht Pleite
  • Kommentare
    Die Kommentarfunktion ist für diesen Artikel deaktiviert.