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Russland: Auslandsschulden vorzeitig tilgen

Russland will seine Auslandsschulden in Milliardenhöhe vom kommenden Jahr an vorzeitig tilgen. Das gab Präsident Putin am Dienstag nach Gesprächen mit Bundeskanzler Schröder auf Schloss Gottorf im norddeutschen Schleswig bekannt.

„Russland ist bereit, diese Frage zu lösen“, sagte Putin. Russland schuldet Deutschland rund 21 Milliarden Euro. In außenpolitischen Fragen zeigten Schröder und Putin demonstrative Einigkeit. Die deutsch-russischen Beziehungen hätten eine Tiefe wie nie zuvor in der Geschichte erreicht, sagte der Kanzler.

Russland will seine Auslandsschulden wegen der in jüngster Zeit reichlich sprudelnden Öleinnahmen zügig zurückzahlen. Putin sagte, Einzelheiten dazu müssten noch von Experten im Pariser Club der Gläubigerstaaten festgelegt werden. Er hatte schon zu Beginn der deutsch-russischen Regierungskonsultationen am Montagabend in Hamburg ein „großes Weihnachtsgeschenk“ angedeutet.

„Die vorfristige Rückzahlung beginnt im nächsten Jahr“, sagte Schröder. In deutschen Regierungskreisen hatte es geheißen, Moskau wolle Deutschland von 2005 an bis 2007 pro Jahr zwischen zwei und 2,5 Milliarden Euro zurückzahlen. Putin erhofft sich nach eigenen Angaben von diesem Schritt einen Rabatt der Gläubigerstaaten und Einsparungen bei den Zinszahlungen. Schröder stellte die deutsch-russischen Handelsbeziehungen heraus, die sich „außerordentlich dynamisch“ entwickelten.

Putin sagte Schröder zu, Berliner Vorschläge für ein deutsch-russisches Dialogprojekt zur Stabilisierung des Kaukasus zu übernehmen. An Demonstranten gerichtet, die Transparente mit der Aufschrift „Stoppt den Krieg“ mit sich trugen, sagte Putin in einwandfreiem Deutsch: „Seit drei Jahren gibt es keinen mehr in Tschetschenien – kein Krieg in Tschetschenien seit drei Jahren. Ist schon vorbei. Sie können ruhig nach Hause gehen. Frohe Weihnachten.“ Der russische Präsident räumte aber ein, dass Russland in der Kaukasusrepublik Schwierigkeiten habe. „Wir haben genug Probleme, sind aber bereit, darüber zu reden.“

Die beiden Politiker stimmten auch darin überein, dass die ukrainische Präsidentenwahl am Sonntag ohne Einmischung von außen stattfinden solle. Er sei sich mit Putin auch einig, dass der Ausgang der Wahl auf jeden Fall akzeptiert werden müsse, sagte Schröder. Er nahm eine Einladung Putins zu den Feierlichkeiten zum 60. Jahrestag der Beendigung des Zweiten Weltkriegs im Mai kommenden Jahres an. Schröder bezeichnete diese Einladung als „Ehre“ und „große Auszeichnung“.

Russland unterstütze den deutschen Wunsch nach einem ständigen Sitz im UNO-Sicherheitsrat, sagte Putin. Die Neuordnung des UNO-Gremiums müsse jedoch einvernehmlich mit allen bisherigen Ständigen Mitgliedern gelöst werden.

Schröder bezeichnete das von Kritikern als politisch motivierte Vorgehen der russischen Justiz gegen den Ölkonzern Yukos als „internes Problem Russlands“. Putin verteidigte die umstrittene Auktion des Kerngeschäfts von Yukos zur Tilgung von Steuerschulden als rechtsstaatlich einwandfrei. „Soweit ich informiert bin, fand die Auktion voll und ganz im Rahmen des russischen Gesetzes statt, und ich erwarte, dass auch alle künftigen Aktivitäten in diesem Bereich ebenfalls dem Gesetz entsprechend stattfinden“, sagte er.

Am Rande der Gespräche vereinbarten beide Länder eine umfangreiche Zusammenarbeit im Reise- und Güterverkehr auf der Schiene. Im Mittelpunkt steht ein gemeinsamer Touristikzug, der vom kommenden Sommer an von Berlin über Kaliningrad und die baltischen Hauptstädte nach St. Petersburg fahren soll. Der Umfang des Güterverkehrs von Russland über Polen nach Deutschland von derzeit 730.000 Tonnen pro Jahr soll verdoppelt werden. Russland will außerdem 60 ICE-Züge vom deutschen Konzern Siemens kaufen. Schröder und Putin waren am Dienstag selbst in einem „Deutschland-Russland-Express“ von Hamburg nach Gottorf gefahren.

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