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Russischer Marsmond-Mission droht Fiasko

Russland kämpft um seine Mission zum Marsmond Phobos
Russland kämpft um seine Mission zum Marsmond Phobos ©EPA
Russland kämpft um seine spektakuläre Mission zum Marsmond Phobos. Wenige Stunden nach dem Start vom Weltraumbahnhof Baikonur sei der unbemannte Frachter vom Kurs abgekommen, sagte der Chef der russischen Raumfahrtbehörde Roskosmos, Wladimir Popowkin, am Mittwoch. Der Transporter, der radioaktives Kobalt an Bord hat, könnte sogar abstürzen. Österreichische Forscher haben hingegen noch Hoffnung, es sei "noch nicht alles verloren".

Die schwere Panne bedeutet nach mehreren Problemen mit Trägerraketen einen neuen Rückschlag für die Raumfahrtnation. Der Transporter war am Dienstag um 21.16 Uhr MEZ vom Kosmodrom Baikonur in Kasachstan gestartet. Die Sonde habe sich später planmäßig von der Zenit-Trägerrakete getrennt, hieß es. Dann aber versagten beide Triebwerkszündungen.

Vermutlich hätten defekte Sensoren ein Anspringen verhindert, sagte Popowkin. Roskosmos habe wegen der leerlaufenden Batterien an Bord höchstens drei Tage Zeit, das Raumschiff mit der etwa 120 Millionen Euro teuren Sonde Phobos-Grunt (“Phobos-Boden”) auf Kurs zu bringen. Sollte eine Korrektur nicht möglich sein, sei der Absturz auf die Erde wohl nicht zu verhindern, sagte in Moskau ein Roskosmos-Experte. Russlands erste interplanetare Mission seit 15 Jahren sollte im August 2014 Bodenproben von Phobos zur Erde bringen.

Nach mehreren Bilderbuchstarts hatte Russland auf ein Ende der Pannenserie gehofft. Auch das vor wenigen Tagen erfolgreich zu Ende gegangene Isolationsexperiment Mars500 in Moskau sorgte bei Roskosmos für neues Selbstvertrauen. “Dies ist eine außerplanmäßige Situation. Aber wir haben Kontakt zum Transporter”, sagte Popowkin. Russische Agenturen zitierten einen Mitarbeiter der Behörde aber mit den Worten, es helfe “nur ein Wunder”. Die Chancen auf eine Rettung seien gering. “Die schlimmsten Befürchtungen haben sich bewahrheitet.”

Aus Sicht von Wolfgang Baumjohann, dem Leiter des Grazer Instituts für Weltraumforschung (IWF) sei “noch nicht alles verloren”. Das Grazer Institut der Akademie der Wissenschaften hat an der Entwicklung von einem der drei Instrumente an Bord des beigepackten kleinen Satelliten Yinghuo mitgewirkt.

Man habe doch einige Tage Zeit um bei den bereits laufenden Kommunikationsversuchen mit dem Frachter den konkreten Defekt zu detektieren und gegebenenfalls zu beheben. “Auf der Ebene der Software lässt sich Einiges machen”, so Baumjohann. Zu hoffen sei allerdings, “dass nicht die Hardware betroffen ist”.

“Der Transporter bewegt sich in einer Höhe zwischen 208 und 356 Kilometern”, sagte Roskosmos-Experte Popowkin nach Angaben der Agentur Interfax. Nach etwa fünf bis zehn Tagen könnte er an Geschwindigkeit verlieren und abstürzen. “Wohl nur ein Teil des mehr als 13 Tonnen schweren Frachters würde dann in der Atmosphäre verglühen.”

Erstmals teilte die Raumfahrtbehörde mit, dass sich an Bord des Transporters auch radioaktives Kobalt 57 befindet. Einige Gramm seien für ein Messgerät nötig, das für die Erforschung des Mars-Trabanten vorgesehen sei, sagte ein Mitarbeiter. Kobalt 57 sei ein gewöhnlicher Bestandteil und bereits bei US-Missionen verwendet worden.

Bereits vor dem Start hatten Kritiker angemahnt, dass die Technik des Raumfrachters nicht genügend getestet sei. Roskosmos wies dies zurück. Mit dem jetzigen Start wollte die Behörde ausnutzen, dass die Entfernung zu Phobos geringer ist als in den nächsten Jahren.

Geplant war, dass die Messapparatur im kommenden Jahr Mars und Phobos erreicht und bei Umrundungen Daten zur Erde funkt. Außerdem sollte ein chinesischer Satellit auf einer Mars-Umlaufbahn ausgesetzt werden. Für Anfang 2013 war die Landung einer Sonde auf Phobos vorgesehen, 2014 sollte dann eine Kapsel Proben zur Erde bringen.

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